Gelsenkirchen. .

Selbst Felix Magath hat noch nie eine solche Party erlebt, wie sie Schalkes Fans nach der Vize-Meisterschaft in der Arena veranstalteten. „Einfach sensationell.“

Felix Magath war sofort in die Kabine gegangen – so, als müsste er etwas Dringendes erledigen. Die Spieler versammelten sich am Mittelkreis und ließen sich auf den Rasen fallen – ein Blick in die Gesichter verriet, wie tief die Enttäuschung saß. Eine Weile hockten sie dort, bis aus der Nordkurve der Schlachtruf vieler großer Spiele klang: „Steht auf, wenn ihr Schalker seid.“ Die Fans fanden genau den richtigen Ton in diesen Minuten. Schalkes Spieler verstanden die Aufforderung, rappelten sich auf und trotteten langsam zur Nordkurve. Wo sie wie ein Meister empfangen wurden. „Wir sind stolz auf unser Team, FC Schalke.

Nein, es wollte keiner nach Hause gehen, als Schalkes schöner Traum vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft dann doch beendet war. Es füllte sich sogar der Innenraum der Arena. Marcelo Bordon und Gerald Asamoah holten ihre Kinder auf den Rasen, winkten wehmütig ins Publikum. Und irgendwann, als die Fans immer lauter nach dem Trainer riefen, kam auch Felix Magath wieder aus den Katakomben. Ganz allein drehte er eine Ehrenrunde, verneigte sich vor allen Tribünen. Dass auf Schalke ein Trainer wie ein Messias gefeiert wird, kennt man. Das ist stets vor der Saison der Fall. Bei Felix Magath dagegen auch dann, wenn die Saison fast zu Ende ist.

Die Minuten vergingen, bis Magath Worte gefunden hatte für das, was sich in der Arena nach der 0:2-Niederlage gegen Werder Bremen abgespielt hatte: „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Sensationell, welche Atmosphäre die Fans geschaffen haben“, sagte der 56-Jährige fast schon ergriffen. Vor einem Jahr war er nach dem Gewinn der Meisterschaft mit dem VfL Wolfsburg mit Bier übergossen worden und die grünen Papierschnipsel klebten an seinen Schuhen. Eigentlich wollte er keinen Vergleich ziehen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, aber dann bekannte Magath doch: „Ich freue mich über diesen Erfolg mit Schalke genauso wie über die Meisterschaft in Wolfsburg.“

Vor neun Jahren, am 19. Mai 2001, war Schalke der Meister der Herzen. Jetzt hat Schalke als Vize-Meister die Herzen der eigenen Fans gewonnen. Ja sogar erobert. Denn das, was die Mannschaft mit Magath erreicht hat, ist viel mehr, als man ihr zugetraut hatte. „Vor der Saison waren alle der Meinung, dass wir froh und glücklich sein können, wenn wir nicht im Mittelfeld landen. Ein bisschen haben wir mit der Europa League geliebäugelt. Dass wir dieses Jahr als Vize-Meister beenden, hätte niemand gedacht – ich auch nicht“, gab Magath zu.

Felix – der Glückliche.

In der Arena wurde es nicht ruhig – Schalke, in den vergangenen zehn Jahren immerhin viermal Zweiter der Bundesliga, feierte die schönste Vize-Meisterschaft der Vereinsgeschichte. Doch dann zeigte Magath, warum er so viel Erfolg hat und fürwahr ein Perfektionist ist: „Leider kann ich das alles im Moment nicht so ganz genießen – dafür habe ich mich zu sehr geärgert.“

Sein Zorn galt Schiedsrichter Knut Kircher, der Schalke in der 41. Minute beim Stand von 0:0 einen klaren Elfmeter verweigert hatte, als Benedikt Höwedes von Per Mertesacker umgerissen worden war. Magath argumentierte, dass nach einer möglichen Pausenführung die zweite Halbzeit wohl anders verlaufen wäre als so mit den Bremer Toren durch Mesut Özil (55.) und Hugo Almeida (64.). „Der Schiedsrichter hat die Meisterschaft maßgeblich mit beeinflusst“, schimpfte Magath. Und weil sich Schalke auch schon bei der 1:2-Niederlage im direkten Duell mit den Bayern von Schiedsrichter Gräfe benachteiligt sei, kündigte er an: „Wenn man sich nicht wehrt, herrscht offenbar der Eindruck, dass man machen kann, was man will.“ Künftig, das ist sicher, wird sich Magath so wehren, wie das die Bayern in solchen Fällen tun.

Lange nach dem Spiel verschickte Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies eine SMS: „Leider, leider. Aber die Ziele bleiben. Wir arbeiten weiter hart daran.“ Schalke wird seinen Traum nicht aufgeben.

Im Presseraum der Arena liefen Bilder aus München. Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge freute sich über den Gewinn der Meisterschaft. Er stand in einem Stadion, das um diese Zeit schon fast leer war.