Gelsenkirchen. .

Manuel Neuer kann sich vorstellen, im Sommer seinen Vertrag in Schalke zu verlängern. „Auf stumm schalten werde ich nicht“, sagt er im Interview vor dem Bundesliga-Hit gegen die Bayern.

Schalke gegen Bayern: In diesem Spiel können die Weichen im Kampf um die Deutsche Meisterschaft gestellt werden. Bayern gegen Schalke – das gab es schon einmal an einem Ostersamstag. 2001 gewann Schalke mit 3:1 in München, wurde Spitzenreiter und träumte vom Titel. Manuel Neuer war damals 15 Jahre alt und feierte zu Hause vor dem Fernseher mit – zusammen mit seinen „Kumpels“, wie er betont. Im Interview spricht der Nationaltorwart über seine tiefen Wurzeln in Schalke, seine Zukunft und den Titelkampf.


Nach dem Spiel in Leverkusen standen Sie mit den Fans auf dem Zaun, feierten den Sieg und Ihren 24. Geburtstag. Wie wichtig ist Ihnen dieser Kontakt zur Basis?

Manuel Neuer: Sehr wichtig. Auch wenn man sich nicht mehr jeden Tag sieht, so habe ich doch nach wie vor ein sehr enges Verhältnis zu meinen Kumpels, die ich schon seit Jahren kenne. Die Freundschaft besteht immer noch. Nur, dass ich jetzt nicht mehr selbst in der Kurve stehe…


Was haben die alten Freunde Ihnen in dieser Woche vor dem Spiel gegen Bayern mit auf den Weg gegeben?

Die meisten haben mir zum Geburtstag gratuliert (lächelt). Sie sind alle zufrieden, dass wir an der ersten Position stehen, wissen aber auch, dass wir jetzt ein schweres Spiel gegen Bayern haben. Jeder hat ja am Dienstag das Spiel Bayern gegen Manchester verfolgt.

Und was sagt der frühere Fan und heutige Torwart Manuel Neuer?

Ich wünsche mir natürlich einen Sieg. Wir sind hoch motiviert, haben ein gutes Spiel in Leverkusen gezeigt und wollen das wieder bestätigen. So wie wir es das ganze Jahr schon machen: Das Ziel ist immer das nächste Spiel, dieses möglichst zu gewinnen und am Ende in einen internationalen Wettbewerb zu kommen.

Es fällt auf, dass Schalke mit der Aussicht, vielleicht sogar den Titel holen zu können, anders umgeht als beim letzten Anlauf im Jahr 2007, als Sie ja auch schon dabei waren.

Die Euphorie war 2007 schon sehr groß und hat vielleicht den einen oder anderen Spieler damals auch ein bisschen kaputt gemacht. Alle dachten: Wir müssen nur noch in Bochum und Dortmund gewinnen, und dann sind wir Meister. Jetzt ist es etwas anderes. Auch die Fans haben gelernt, damit umzugehen: Wenn wir vor drei Jahren das 1:0 geschossen haben, hat das ganze Stadion sofort „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ gerufen. Heute sind die Fans vorsichtiger geworden. Sie haben eine ganz andere Erwartung an uns: Damals ging es nur darum, dass wir endlich Meister werden. Jetzt sind alle auch mit der Saison zufrieden, wenn wir uns am Ende für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren.

Sie spielen seit Ihrem vierten Lebensjahr auf Schalke. Beim FC Barcelona gibt es den Spruch: Mehr als ein Verein. Gilt das auch für Sie und Schalke?

Auf jeden Fall. Schalke ist nicht nur mein Verein und Arbeitgeber, Schalke hat mein ganzes Leben geprägt. Ich bin in Buer aufgewachsen, bin seit eh und je Schalker, kenne den ganzen Verein in- und auswendig. Mein ganzes Umfeld ist Blau und Weiß. Deswegen fällt es mir natürlich auch schwer daran zu denken, dass ich mal irgendwann den Verein verlassen könnte.

Wie entsteht eine solche Bindung? Wird man einfach da herein geboren und ist dann bis zum Lebensende Schalker?

Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn ich im Schwabenländle aufgewachsen wäre… Aber mir wurde dieses Umfeld geschenkt: Meine Mutter ist in Buer geboren, schon mein Opa ist hier aufgewachsen. Und alle sind Schalker.

Seit 19 Jahren spielen Sie für Schalke. Gab es da irgendwann einmal den Gedanken an einen Wechsel?

Nein, nicht wirklich. Das hätte nur passieren können, wenn ich in der Jugend nicht zum Spielen gekommen wäre. Da wurde auch bei Schalke schon kräftig gesiebt. Mein bester Freund zum Beispiel musste von Schalke nach Wattenscheid gehen und dann zum SSV Buer. So wäre mein Weg vielleicht auch verlaufen, wenn ich in der Jugend nicht die Nummer eins gewesen wäre. Aber das war ja nicht der Fall…

Es gibt im Fußball Spieler wie Uwe Seeler oder Charly Körbel, die ihren Ruhm auch dadurch gewonnen haben, dass sie niemals ihren Verein verlassen haben. Ist so etwas auch für Sie vorstellbar?

Ja klar ist das auch vorstellbar. Ich habe mir im Laufe der Jahre ein sehr gutes Niveau erarbeitet, will das beibehalten und möglichst noch ausbauen. Ich will also auf höchstem Niveau spielen, und das heißt auf Dauer Champions League. Derzeit sieht das gut aus bei Schalke – wir haben vor der Saison ja nicht damit gerechnet, dass wir so gut dastehen. Momentan gibt es also eigentlich nichts Besseres für mich!

Ihr Vertrag läuft bis 2012, Felix Magath würde ihn im Sommer gerne verlängern. Ist das möglich, wenn Schalke die Champions League erreicht?

Dass wir darüber reden werden, ist klar. Und ich werde nicht auf stumm schalten, wenn es so gut läuft. Aber ich werde mich jetzt noch nicht damit befassen, denn ich möchte auch die letzten Spiele in dieser Saison konzentriert bestreiten. Danach wird man sich in Ruhe zusammensetzen.

Wie würden eigentlich Ihre Freunde reagieren, wenn Sie Schalke doch einmal verlassen sollten?

Die beschäftigen sich eigentlich gar nicht so sehr damit und haben auch nicht großartig nachgefragt, als die Gerüchte aufkamen. Die wissen schon, wie sie mich zu nehmen haben. Dass ich Schalker bin – unabhängig davon, ob ich auf Schalke spielen werde oder nicht. Und sie wissen, dass ich den Fußball eben auch als Beruf nehmen muss. Wenn meine Freunde die Möglichkeit haben, an ihrem Arbeitsplatz eine Stufe höher zu kommen, wäre es ja auch nicht verwerflich, wenn sie sich damit beschäftigen. Wichtig ist denen die Freundschaft zu mir.

Am Dienstag haben Bayern München und Manchester United in der Champions League gegeneinander gespielt. Das sind die Vereine, die das größte Interesse an Ihrer Verpflichtung haben. Guckt man da vor dem Fernseher genauer hin?

Ich habe das Spiel ganz entspannt gesehen. Und ich sage auch, dass es gut ist, dass Bayern gewonnen hat, weil es für die Fünf-Jahres-Wertung der Uefa gut ist. Mehr war für mich bei diesem Spiel nicht wichtig, weil ich einen Vertrag bis 2012 habe, mich hier wohl fühle und nicht daran denke, das zu ändern.

Oftmals heißt es, dass man bei einem Verein wie Bayern oder ManU spielen muss, um auf Dauer die Nummer eins in der Nationalmannschaft zu sein. Stimmt das?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Es ist sicher ein Vorteil, wenn man sich in der Champions League gegen die besten Mannschaften der Welt regelmäßig zeigen kann. Aber das habe ich ja auch auf Schalke schon gehabt. Ich denke schon, dass man auf Dauer solche Erfahrungen als Nationaltorwart braucht.

Jens Lehmann sieht ein Risiko darin, mit zwei jungen Torhütern wie Rene Adler und Ihnen die WM zu bestreiten.

Der Jens wollte in seiner Karriere doch auch schon früh in der Nationalmannschaft spielen, er hat ja auch damals schon viel dazu gesagt. Ich fühle mich jedenfalls gut, spiele eine gute Saison und habe keine Angst davor, eine WM zu spielen.

Im Moment ist Rene Adler die Nummer eins. Wie wollen Sie ihn noch überflügeln, denn sie spielen ja schon die ganze Saison über stark?

Indem ich mich auf die letzten Spiele konzentriere und zeige, dass ich ein stabiler Torwart bin. Jeder Profi möchte bei einer WM spielen, und das will ich auch. Ich will mein Bestes geben, damit die Verantwortlichen möglichst nicht an mir vorbeikommen. Den Kampf habe ich nach wie vor nicht aufgegeben.

Sie spielen ganz sicher die bisher beste Saison Ihrer Karriere. Liegt das auch daran, dass Ihr Stellenwert in diesem Jahr größer denn je ist?

Wir haben eine junge Mannschaft – da bleibt es nicht aus, dass Mitspieler, die aus der Jugend oder von den Amateuren gekommen sind, mich um Rat fragen. Ich bin zwar auch gerade erst 24 geworden, habe aber mehr Verantwortung übernommen. Felix Magath hat mich dabei gepusht und mir eine Wertschätzung gegeben, die ich so in diesem Verein noch nicht hatte. Er hat gesagt, dass ich das Gesicht von Schalke bin. Das ist ein schönes Gefühl.