Gelsenkirchen.
Felix Magath Forderungen nach teuren Verstärkungen und sein Vorwurf, von Schalke bei seiner Verpflichtung getäuscht worden zu sein, schlagen hohe Wellen. Ein Versuch, die Hindergründe aufzuhellen.
as Felix Magath in seinem Urlaub in Puerto Rico, wo sein Vater lebt, gemacht hat, ist sein Geheimnis. Aber wer den erfolgsbesessenen Coach kennt, ahnt, dass ihn seine Arbeit nicht losgelassen haben dürfte. Wie zum Beweis, holte der 56-Jährige nach seiner Rückkehr gleich zum Rundumschlag aus. Seine Angriffslust richtete sich dabei aber nicht – wie beim Saisonendspurt – gegen die Bayern. Sondern gegen den eigenen Verein, von dem er trotz drückender Schuldenlast Großinvestitionen fordert.
Magath im Fachblatt „Kicker”: „Ich sage: Wir brauchen etwa 30 Millionen Euro für die Verstärkung des aktuellen Kaders – um eine Mannschaft zu haben, die wieder einen Spitzenplatz belegen und in der Champions League die Gruppenphase überstehen soll.”
Ein Hammer angesichts der bekannten Schuldenlast des Vereins in Höhe von rund 250 Millionen Euro. Was Schalkes mächtiger Aufsichtsrat-Chef Clemens Tönnies davon hält, war nicht zu erfahren. Auch Magath will laut Kicker mit dem Mann, der ihn quasi im Alleingang nach Schalke geholt hatte, noch gar nicht über seine Vorstellungen gesprochen haben. „Bislang fand dazu noch kein Gespräch statt. Aber das gab es noch nie, dass ein Verein sich für die Champions League qualifiziert und dann erst mal Spieler verkauft werden sollen.“
Schalkes erklärte Absicht, zunächst Transfererlöse zu erzielen, um damit investieren zu können, hält der Coach für die falsche Strategie: „Schon letztes Jahr sollten Spieler verkauft werden, um Löcher zu stopfen. Zum Glück konnte ich das damals mit guten Argumenten verhindern.“
Magath verweist darauf, dass die Champions-League-Qualifikation dem Verein mindestens 20 Millionen Euro Mehreinnahmen bringe und kündigte an, für Spieler-Verkäufe keine Verantwortung zu übernehmen – „es sei denn, man nimmt bewusst in Kauf, dass die Mannschaft einen Mittelfeldplatz belegt und in der Champions League kein Spiel gewinnt.“
Freie Hand bei Transfers
Einmal in Rage, rückte Magath auch von seinen Erklärungen beim Antritt auf Schalke ab. Das Versprechen, bis 2013 den Meistertitel zu holen, hätte er „nach aktuellem Wissensstand so nicht gegeben“, sagte er. „Grundlage war die Annahme, dass ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag fehlt und mir volle Entscheidungsgewalt bei Schalke zugesagt war.“
Diese Entscheidungsgewalt sieht Magath stark eingeschränkt, weil auf der Jahreshauptversammlung der Antrag scheiterte, Transfers auch bei einer Summe über 300.000 Euro ohne Genehmigung des Aufsichtsrates tätigen zu können.
„Mit Clemens Tönnies“, so Magath, „war klar besprochen, dass ich bei Transfers freie Hand habe. Das war für mich eine wesentliche Voraussetzung für meine Arbeit auf Schalke.“ Die Konsequenz daraus: „Für mich besteht jetzt die Ungewissheit, ob ich meine Arbeit so weitermachen kann wie bisher. Klar ist: Meine Arbeit wird erschwert.“
Dabei sei schon die zurückliegende Saison für ihn extrem nervenaufreibend gewesen: „Die Schalker Mannschaft war vor einem Jahr ziemlich zerstritten und in einer, vorsichtig ausgedrückt, schlechten Verfassung. Dazu fand ich eine finanzielle schlechte Ausgangsposition vor. Es gab ein größeres Minus, als mir ursprünglich gesagt worden war. Unter diesen Bedingungen habe ich hochmotiviert gearbeitet. Aber es hat mich sehr viel Kraft gekostet.“
Harter Tobak, der die Frage aufwirft, was Magath mit diesem öffentlichen Aufschrei beweckt. Dass er im Affekt geschah, ist auszuschließen. Die Erfahrung lehrt, dass der Erfolgscoach ein kühler Rechner ist, der weiß, was er sagt.
Die Frage ist deshalb: Welche Motivation steckt dahinter?
Will Magath lediglich für den Fall vorbeugen, dass er – was die meisten Experten erwarten – den sensationellen Erfolg der vergangenen Saison in der kommenden Spielzeit nicht annähernd wiederholen, geschweige denn steigern kann? Bereitet er gar einen etwaigen vorzeitigen Abgang vor – nach dem Motto: Schalke hat seine Versprechen nicht gehalten?
Geht es womögich darum, öffentlich Druck auf Clemens Tönnies auszuüben? Oder ist sein Vorpreschen gar mit Tönnies abgesprochen, um die Fans darauf vorzubereiten, dass Schalke – anders als bisher verkündet – künftig wieder zu einer riskanteren Finanzpolitik zurückkehrt?
Schalke jedenfalls lässt alle Interpretationen zu. „Von Herrn Magath und von Herrn Tönnies gibt es in dieser Sache nichts weiter zu kommentieren“, erlärte gestern Magaths Pressesprecher Rolf Dittrich lapidar.