Rostock. In Rostock stand ein Schalke-Spieler im Blickpunkt, der im Sommer verkauft werden sollte: Blendi Idrizi traf und sprach mit dieser Zeitung.
Zeit zum Überlegen hatte Blendi Idrizi nicht. Mit dem Rücken stand der Mittelfeldspieler des FC Schalke 04 zum Tor von Hansa Rostock, als er von Simon Terodde den Ball zugespielt bekam. Er nahm ihn mit dem rechten Fuß an, drehte sich kurz und schloss mit rechts ab - der Ball kullerte ins lange Eck, es war das 1:0 zum wichtigen 2:0 (0:0)-Sieg in der 73. Minute. Idrizi hätte durchdrehen, eine Ehrenrunde vor Freude drehen können nach dieser irren Wendung seiner Saison. Er blieb aber ruhig, bescheiden, lief zu Passgeber Terodde. Der 25-jährige Idrizi erlebt - mal wieder - eine Achterbahnfahrt in seiner Karriere.
Schalke-Torschütze Idrizi: „Im Sommer hätte ich nicht daran geglaubt“
„Im Sommer hätte ich nicht daran geglaubt, so einen Tag wie heute zu erleben“, sagte Idrizi der WAZ nach dem Rostock-Spiel ehrlich. In der vergangenen Saison hatte er auf Leihbasis für Jahn Regensburg gespielt, war zwar 18-mal zum Einsatz gekommen, bestritt aber nur zehn Spiele von Beginn an. Bitter: Regensburg stieg in die Dritte Liga ab, baute den Kader um, bemühte sich nicht um eine Weiterverpflichtung Idrizis. Der stand zu Beginn der Sommervorbereitung wieder bei den Königsblauen auf der Matte - aber die sportliche Leitung machte kein Geheimnis daraus, dass Idrizi auf der Verkaufsliste steht. Das Problem: Interessenten gab es nicht.
Also bestritt Idrizi die Testspiele, fuhr mit ins Trainingslager nach Mittersill, hinterließ dabei durchaus einen guten Eindruck. „Ich finde, ich habe eine gute Vorbereitung gespielt“, sagte er. Als Schalke gegen Champions-League-Teilnehmer Kopenhagen in Kufstein mit 0:2 verlor, war er sogar der beste Spieler seines Teams. Doch unter Trainer Thomas Reis bekam er in der Zweiten Liga nur eine Chance - 16 Minuten vor Schluss wurde er im Heimspiel gegen Holstein Kiel (0:2) eingewechselt. Die Bilanz davor und danach: zweimal im Kader ohne Einwechslung, fünfmal auf der Tribüne, zwischendurch Muskelprobleme. „Es war eine extrem schwierige Zeit für mich“, sagte Idrizi dazu. „Ich habe mir immer gedacht: Gehe von Tag zu Tag, damit du dir nichts vorwerfen kannst. Mental ist das nicht ganz so einfach, aber du musst körperlich fit bleiben. Ich habe mir gedacht: Irgendwann muss es wieder positiver laufen, weil es schlechter ja kaum geht.“
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Es ist eine Situation, die Idrizi nicht zum ersten Mal erlebt. In seiner Jugendzeit schaffte er es bis in die U19 des 1. FC Köln, war in seinem letzten Jugendjahr Stammspieler. Einen Anschlussvertrag bekam er im Profibereich nicht, also wechselte er zurück zu seinem Heimatverein Blau-Weiß Friesdorf. In die fünftklassige Mittelrheinliga. Er überzeugte, wechselte eine Liga höher zu Alemannia Aachen, wurde als 19-Jähriger Stammspieler, zog nach einem Jahr weiter zu Fortuna Köln. Dort konnte er sich aber nicht durchsetzen, wieder folgte eine Delle. Bis ihn Gerald Asamoah, damals U23-Manager, nach Schalke holte. Über die U23 empfahl er sich für die Profimannschaft, feierte sein Bundesligadebüt, erhielt einen Profivertrag, bestritt fünf Länderspiele für den Kosovo. Dann ging es wieder nach unten - aussortiert, ausgeliehen, fast in Vergessenheit geraten.
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Dank des Trainerwechsels ging es nun für Idrizi wieder bergauf. „Schon am ersten Tag habe ich gesehen, dass Blendi ein sehr guter Fußballspieler ist“, sagte Karel Geraerts auf WAZ-Nachfrage. „Ich habe am Anfang allen gesagt, dass es für jeden bei Null losgeht und jeder die Chance hat, sich zu zeigen. Und Blendi hat sich gezeigt. Ja, er hatte eine Achterbahn-Saison, aber er ist motiviert geblieben und ich bin glücklich, dass er in Rostock getroffen. In der ersten Halbzeit sind ihm einige einfache Pässe missglückt, aber er ist gut ins Spiel zurückgekehrt.“
Lob von Schalke-Trainer Karel Geraerts
Die Komplimente gibt Idrizi zurück: „Ich habe ziemlich am Anfang gemerkt, dass der Trainer den Fußball spielen lässt, den ich mag - mit viel Intensität im Spiel. Es hat für mich direkt so angefühlt, als würde ich ihm gefallen. Trotzdem war ich am Anfang hintendran, wir hatten einfach sehr viele Spieler auf meinen Positionen. Es ist schwierig für einen Trainer, wenn du überhaupt nicht auf der Liste warst.“ In Düsseldorf bekam er seine erste Chance über einen längeren Zeitraum - als es 0:3 stand, kam er in der 33. Minute ins Spiel, überzeugte mit einer Torvorlage. In Rostock rückte er durch die Verletzung von Ron Schallenberg in die erste Elf.
Etwas, was auch André Hechelmann freut. Der Sportdirektor wäre Idrizi am liebsten losgeworden im Sommer. Nun sagt er: „Wenn du dranbleibst, immer Gas gibst, dann wirst du im Leistungssport belohnt. Ich freue mich für ihn, die Mannschaft freut sich mit ihm. Schöne Sache.“ Doch zwei gute Leitungen bedeuten natürlich nicht, dass nun eine Verlängerung des Vertrages ansteht. Idrizis endet im Juni 2024, und damit Schalke darüber nachdenkt, müssen noch viele Leistungen dieser Art folgen.
Schalke am Freitag gegen Greuther Fürth
Idrizi macht sich nicht so viele Gedanken. Seine Situation beschreibt er mit einem Satz, der eigentlich eine beliebte Floskel ist, aber auf ihn zutrifft wie auf wenige andere. „Für mich ist es so, dass ich nur an das nächste Spiel denke“, sagt er. Und das kommt am Freitag gegen Greuther Fürth (18.30 Uhr/Sky). Verdient hätte er einen Einsatz.
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