Gelsenkirchen. Beim 3:2-Sieg gegen Hannover war Lino Tempelmann bester Schalker. Der Mittelfeldspieler erklärt, wie er sein erstes Tor vor der Nordkurve erlebte
Als die Profis des FC Schalke 04 am Samstagnachmittag nach dem 3:2-Sieg gegen Hannover 96 vor der Nordkurve auf und ab hüpften und gemeinsam mit den Fans sangen, war die königsblaue Welt wieder in Ordnung. Zumindest für diesen Moment war die Krise der vergangenen Monate vergessen. Nach zuletzt vier Niederlagen in Serie konnte der Tabellensechzehnte der 2. Bundesliga wieder ein Fußballspiel gewinnen.
Großen Anteil an diesem ersten Sieg unter dem neuen Trainer Karel Geraerts hatte Mittelfeldspieler Lino Tempelmann, der gegen Hannover seine bislang beste Leistung im Trikot von Schalke 04 zeigte. Er traf zur 2:1-Führung und war im zentralen Mittelfeld extrem giftig. Von seinen 16 Zweikämpfen gewann Tempelmann bärenstarke 81 Prozent, was einige Fans dazu veranlasste, den gebürtigen Münchener mit Ex-Schalke-Abräumer Christian Poulsen zu vergleichen – der zu seiner Zeit im Ruhrgebiet zwischen 2002 und 2006 wie auch Tempelmann mit langen blonden Haaren und Haarband spielte. Zumindest die optische Ähnlichkeit mit dem ehemaligen dänischen Nationalspieler ist nicht von der Hand zu weisen.
Lino Tempelmann war schon als Kind Schalke-Fan
Als Poulsen für die Königsblauen spielte, war der heute 24 Jahre alte Tempelmann noch ein Knirps. Den beinharten Mittelfeldspieler kennt Tempelmann wohl vor allem aus Erzählungen. Doch ähnlich wie der Däne vor rund 20 Jahren gehört Tempelmann im Jahr 2023 zu denjenigen Profis, die auf Schalke für Begeisterung sorgen – und genau davon hat der Blondschopf lange geträumt. Schon zu Kindertagen war er Schalke-Fan.
Vor der Nordkurve in einem wichtigen Spiel zur 2:1-Führung zu treffen, war für Lino Tempelmann daher ein ganz besonderer Moment. „Es war brutal“, sagte er nach dem Spiel und schmunzelte. „Es gibt nur wenig Schöneres als Fußballer. In so einem Stadion – das ist unfassbar. Es war so ein wichtiges Tor, sehr schön für mich, es hat gut getan.“
Als er in der 72. Minute von Assan Ouédraogo in zentraler Position angespielt wurde, blendete Tempelmann die mehr als 60.000 Fans im Stadion komplett aus, wie er erzählte. „Mir wurde gesagt, dass das ganze Stadion gebrüllt hat, ich soll schießen, aber das habe ich gar nicht wahrgenommen“, schilderte der Schalker die spielentscheidende Szene. „Mir war klar, dass ich mit dem ersten Kontakt annehmen und dann direkt schießen muss.“ Tempelmann traf den Ball satt und 96-Torwart Ron-Robert Zieler ließ den Schuss ins Tor passieren. Dass es womöglich ein Torwartfehler war, ist dem Schalker herzlich egal.
Schalke 04: Lino Tempelmann als Vorzeige-Kämpfer
Auf WAZ-Nachfrage lobte auch Trainer Karel Geraerts den Torschützen zum 2:1, wollte es jedoch vermeiden, einzelne Spieler hervorzuheben. „Lino war gut, auf jeden Fall“, sagte der Coach. „Aber auch andere Spieler waren gut, haben viel Energie gebracht.“ Die Tatsache, dass die Mannschaft anders als beim 0:3 in Karlsruhe als Kollektiv auftrat, zusammen kämpfte und sich auch von zwischenzeitlichen Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen ließ, machte den Trainer sichtlich stolz. „Der Kampfgeist war toll.“
Diesen Kampfgeist hatte Geraerts in der Trainingswoche beschworen. In martialischer Rhetorik forderte er vor dem Spiel „Krieger“ und „Soldaten“ auf dem Feld – und angeführt von Lino Tempelmann wurde der Belgier nicht enttäuscht. „Ich habe mich bereit gefühlt, wir alle haben Bereitschaft gezeigt“, sagte Tempelmann. „Genau so kann man Spiele gewinnen.“ Nach viel gerechtfertigter Kritik in den vergangenen Wochen wollte die Mannschaft den Fans etwas zurückgeben, wie der 24-Jährige erklärte: „Wir waren in der Bringschuld, wollten mit 100 Prozent in jeden Zweikampf gehen und den Fans beweisen, dass wir es wollen.“ Wichtig war für Tempelmann in erster Linie, dass die Mannschaft Charakter zeigt und kämpferisch dagegenhält. „Wenn das gelingt, kommt man auch fußballerisch besser ins Spiel – genau das war der Fall.“
Mit dem guten Gefühl des langersehnten Sieges reisen die Schalker schon am Dienstag nach Hamburg, wo bei Zweitliga-Tabellenführer FC St. Pauli die Zweitrundenpartie im DFB-Pokal ansteht (18 Uhr/Sky). Nach der blamablen 1:3-Niederlage im Ligaspiel gegen St. Pauli vor rund einem Monat haben die Gelsenkirchener dort etwas gutzumachen. Gelingen muss dieser Pokal-Coup allerdings ohne Tempelmann, der nach Gelb-Roter-Karte in der ersten Pokalrunde gesperrt fehlt.
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