Wiesbaden. Schalke 04 geht mit einer schlimmen Bilanz in die Unterbrechung. Mit einem offensichtlichen Problem gehen die Spieler ehrlich um.

„Schalkig“. Dieser Ausdruck fasst wohl am besten, zusammen, wie das Team des FC Schalke 04 am Samstag im Auswärtsspiel bei Wehen Wiesbaden aufgetreten ist. Denn die Gelsenkirchener haben es vermasselt – mal wieder. In der allerletzten Sekunde gab Schalke den sicher geglaubten Sieg bei Wehen Wiesbaden doch noch aus der Hand – durch ein Slapstick-Gegentor in der fünften Minute der Nachspielzeit. Der Sekunden zuvor eingewechselte S04-Profi Henning Matriciani schoss den Wiesbadener Max Reinthaler unglücklich an und der Ball kullerte zum 1:1-Endstand ins Tor.

Schalke ist keine Spitzenmannschaft

„Es fühlt sich einfach nur beschissen an“, sagte Rechtsverteidiger Cedric Brunner nach dem Schlusspfiff ehrlich. „Eine Spitzenmannschaft in der 2. Liga gibt ein solches Spiel nicht mehr aus der Hand.“ Schalke aber ist im Fußball-Unterhaus noch längst keine Spitzenmannschaft. Das zeigt die Tabelle, wo der Absteiger mit nur vier Punkten aus fünf Spielen im unteren Drittel steht, das zeigt auch der Auftritt in Wiesbaden.

Enttäuscht nach dem 1:1 in Wiesbaden: Die Schalke Profis vor den mitgereisten Gäste-Fans.
Enttäuscht nach dem 1:1 in Wiesbaden: Die Schalke Profis vor den mitgereisten Gäste-Fans. © dpa

Die Euphorie, die noch zu Saisonbeginn herrschte, ist längst verflogen. Doch trotz des enttäuschenden Ergebnisses war am Samstagmittag nicht alles schlecht. Spielerisch war der Auftritt über weite Strecken der Partie ordentlich. Die Schalker agierten passsicher, zeigten gute Kombinationen und ließen die Wiesbadener viel laufen. „Es waren ein paar Sachen besser“, bestätigte Trainer Thomas Reis. „In der ersten Halbzeit hat man das erste Mal gesehen, was wir spielen wollen“, erklärte Innenverteidiger Timo Baumgartl. „Es war dominant, wir haben über 80 Minuten fast nicht zugelassen. Das war Fußball.“

+++ Schalke-Talk: Trainer Reis muss sich weiterentwickeln +++

Das Problem ist jedoch: 80 Minuten ordentlicher Fußball und spielerisch gute Ansätze reichen auch in der 2. Bundesliga nicht für drei Punkte. Trotz der Leistungssteigerung im Vergleich zu den Vorwochen fehlte in der Offensive die Durchschlagskraft. Zwei riesige Chancen auf das 2:0 ließ S04 aus. Danny Latza traf nur den Pfosten, ein Schuss des Neuzugangs Derry John Murkin wurde auf der Linie geblockt. Reis bemängelte zudem: „Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht.“ Exemplarisch dafür steht Mittelfeldspieler Lino Tempelmann, der sich in der Schlussminute zu einer 25-Meter-Kopfballrückgabe zu Torwart Marius Müller entschied. Weil diese Rückgabe aber zu kurz war, entstand völlig unnötig eine riesige Chance für Wiesbaden. „Das sind Mechanismen, die dazu führen, dass der Gegner Oberwasser bekommt“, sagte Reis.

Doch wie kam es so weit? Fakt ist, dass sich die Schalke-Profis komplett verunsichern ließen. Die Kritik, die das Team nach den schlechten Leistungen in den Vorwochen einstecken musste, hat Spuren hinterlassen. „Der Kopf spielt da eine Rolle“, bestätigte S04-Torschütze Tobias Mohr. „Im Hinterstübchen hat man unterbewusst irgendwo den Gedanken: Hoffentlich bekommen wir das über die Runden.“ Auch Timo Baumgartl – der neben der Profikarriere übrigens Psychologie studiert – sagte: „Man merkt da natürlich auch den Kopf.“

Schalke: Testspiel im Ulm als Chance

Fassungslosigkeit auf der Schalker Ersatzbank: Niklas Tauer, Ibrahima Cissé und Paul Seguin leiden nach dem 1:1 in Wiesbaden.
Fassungslosigkeit auf der Schalker Ersatzbank: Niklas Tauer, Ibrahima Cissé und Paul Seguin leiden nach dem 1:1 in Wiesbaden. © dpa

Ein Kopfproblem bei seiner Mannschaft hat auch Trainer Thomas Reis erkannt: „Eigentlich muss man sagen: ‚Geil, wir haben hier etwas zu gewinnen.‘ Das Gefühl ist aber eher, dass wir etwas zu verlieren haben.“ Diese Haltung müsse schnellstmöglich verändert werden, denn sie kostet Schalke 04 wertvolle Punkte. Klar, der Aufstieg wird nach 34 und nicht nach fünf Spieltagen entschieden, doch schon jetzt müssen die Schalker einige Punkte aufholen, um überhaupt zur Tabellenspitze aufzuschließen – und das ist das erklärte Ziel. Schalke will aufsteigen, aber präsentiert sich noch längst nicht wie ein Aufstiegskandidat.

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Nach dem 1:1 geht es für Schalke nun mit hängenden Köpfen in die anstehende Länderspielpause. „Mit einem Sieg hätten wir einen guten Schritt gehen können, aber so fühlt es sich einfach scheiße an“, brachte es Brunner auf den Punkt. Immerhin hat Reis jetzt knapp zwei Wochen Zeit, um seine Mannschaft aufzubauen und ihnen neues Selbstvertrauen zu vermitteln, bevor es am 16. September (20.30 Uhr/Sky) mit dem Heimspiel gegen den formstarken 1. FC Magdeburg weitergeht. Eine erste Gelegenheit, um Selbstvertrauen zu sammeln, bietet schon das Testspiel bei Drittligist SSV Ulm am Freitag (18.30).