Gelsenkirchen. Der Fehlstart von Schalke 04 setzt sich fort. Nach der enttäuschenden 0:2-Niederlage gegen Holstein Kiel steckt das Team in der Krise.
Eigentlich sollte dieser Sprechchor für mindestens ein Jahr aus der Arena verschwinden. „Wir sind hier, wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar, ob ganz unten oder oben, scheißegal, wir sind da“, das war die Hymne der Fans des FC Schalke 04 im Erstliga-Abstiegskampf, wenn ihre Mannschaft einmal mehr aussichtslos zurücklag. Am Freitagabend, im Zweitliga-Heimspiel gegen Holstein Kiel, wurden die Zeilen zum Dauergesang der zweiten Hälfte. Schalke verlor hochverdient mit 0:2 (0:1), aus einem Fehlstart ist eine dicke Krise geworden. Den Erwartungen hinkt der Absteiger weit hinterher.
Dabei hatten Trainer Thomas Reis und Sportdirektor André Hechelmann dem Kader während der Woche noch grenzenloses Vertrauen ausgesprochen. Ein bisschen mehr Aggressivität, so suggerierte Reis, dann werde der schöne Kombinationsfußball schon dazukommen. Doch was in den ersten 45 Minuten passierte, war einer Zweitliga-Spitzenmannschaft nicht würdig. Es wäre nicht einmal eines Abstiegskandidaten würdig gewesen.
Schalke-Trainer Reis probiert es mit Topp und Ouedraogo in der Startelf
Reis hatte taktisch einiges ausprobiert. Die Talente Keke Topp und Assan Ouedraogo rückten in die Startelf – doch sie spielten ebenso nicht auf ihrer Lieblingsposition wie der erfahrene Paul Seguin. Vogelwild sah das teilweise aus, was die Schalker veranstalteten, die Lücken waren groß, und das nutzte Holstein Kiel zu einigen so simplen wie gefährlichen Kontern.
In der 15. Minute führte der erste gefährliche zum 0:1. Topp verlor den Ball, der Kieler Tom Rothe life Henning Matriciani davon und schoss den Ball an den Innenpfosten, Oskar Pichler staubte erfolgreich ab. Beim zweiten Konter (27.) lag der Ball erneut im Netz – Steven Skrzybski hatte den Pfosten getroffen, Pichler stand beim Nachschuss im Abseits. Skrzybski stand danach noch zweimal im Mittelpunkt. In der 40. Minute lief er dem Schalker Ron Schallenberg davon – der zog die Notbremse, Rote Karte. Unmittelbar vor der Pause stürmte Skrzybski erneut allein auf Torwart Marius Müller zu, schoss diesen aber an. Zur Pause stand es 0:1 – und die Schalker waren damit sehr, sehr gut bedient.
Schalkes Offensivaktionen waren durch- und überschaubar. Von zwölf Flanken kam nur eine an. Torjäger Simon Terodde wurde meist von zwei Gegenspielern effektiv bewacht. Nur einer wehrte sich: Assan Ouedraogo. Ein ums andere Mal entwischte der 17-Jährige den Kieler Gegenspielern, nur er traute sich was. Seine beste Chance vergab er in der 42. Minute, als Kiels Torwart Timon Weiner seinen Schuss mit den Fingerspitzen zur Ecke lenkte. Doch auch diese beste Chance änderte nichts an der Meinung der Zuschauer, als Schiedsrichter Deniz Aytekin die erste Halbzeit beendete: Sie pfiffen lautstark.
Kein Aufbäumen bei den Schalkern erkennbar
Reis wechselte zur Pause zweimal aus, brachte Yusuf Kabadayi und Joey Müller – doch schon früh schien das Spiel gelaufen zu sein. Ein Aufbäumen war bei den Schalkern nicht mehr erkennbar. Der Mut war ihnen abhanden gekommen. In der 59. Minute probierte es Ouedraogo abermals mit einem Dribbling, ihm wurde der Ball aber vom Fuß gegrätscht. Wieder konterte Kiel, Tom Rothe flankte den Ball von der linken Seite in den Strafraum, dort setzte sich Shuto Machino im Zweikampf gegen Profidebütant Müller durch und traf zum 2:0.
Der Rest wurde zum Schaulaufen für die Kieler, die ihr Glück kaum fassen konnten, so locker in der Arena zu gewinnen und vor großer Kulisse eine Führung locker verteidigen zu können. Viele Fans der Schalker unter den 60.403 Zuschauern verließen schon früh die Arena. Applaus gab es nur noch einmal, als Assan Ouedraogo in der 76. Minute ausgewechselt wurde. Traurig plätscherte das Spiel bis zum Schlusspfiff dahin.
Wenn Schalke in einer Woche beim SV Wehen Wiesbaden antritt (2. September, 13 Uhr/Sky), wird wahrscheinlich ein neuer Spieler dabei sein: Linksverteidiger Derry John Murkin soll vom niederländischen Erstligisten FC Volendam kommen. Bleibt es bei einem Zugang, wie Hechelmann das plante? Nach dieser Leistung dürfte der Sportdirektor diese Entscheidung noch einmal überdenken.