Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 startet Freitag in die Zweitliga-Saison – und findet sich in einer neuen Situation wieder
Die Laufschuhe trug Timo Baumgartl schon in der Hand als er am Mittwochmorgen auf Schalke ankam. Der 27 Jahre alte Innenverteidiger war bereit, für seinen ersten Arbeitstag bei den Gelsenkirchenern – zunächst für den schweißtreibenden Teil: die medizinische Untersuchung im Medicos. Am Nachmittag folgte dann der erfreuliche Teil: seine Unterschrift bei Schalke 04. Bis Sommer 2025 ist Baumgartls Arbeitspapier datiert. Eine Ablöse muss Schalke 04 im Zuge des Transfers nicht an seinen Ex-Klub PSV Eindhoven überweisen. Einzig bei einem Schalker Aufstieg würde eine Nachzahlung an die Niederländer fällig werden.
Baumgartl soll Schalkes Defensive stabilisieren
Zwei Tage vor dem Auftaktspiel der 2. Fußball-Bundesliga beim Hamburger SV an diesem Freitag (20.30 Uhr/Sky und Sat.1) wurde so eine wichtige Planstelle im Schalker Kader geschlossen. Mit seiner Erfahrung von 119 Bundesligaspielen für Union Berlin und den VfB Stuttgart soll Baumgartl der zuletzt wackligen S04-Defensive mehr Stabilität verleihen.
Aufstieg ist das Ziel in Gelsenkirchen
Wohl auch wegen der geglückten Verpflichtung präsentierte sich Trainer Thomas Reis am Mittwoch auffallend locker, startete schon mit einem Grinsen in die Pressekonferenz. Dem 49 Jahre alten Fußball-lehrer ist die Vorfreude auf die neue Saison anzumerken – obwohl schon vor dem ersten Spieltag viel Druck auf ihm und seiner Mannschaft lastet. Schließlich ist der direkte Wiederaufstieg in die Bundesliga fest eingeplant. Alles andere wäre eine riesige Enttäuschung für den Klub. Seit Wochen formulieren die Profis und die Verantwortlichen den Aufstieg als einziges Saisonziel. Auch für zahlreiche Experten ist vor dem Zweitliga-Start klar: Schalke ist Aufstiegsfavorit Nummer eins. Eine Tatsache, die im Umfeld des Klubs für gute Stimmung sorgt. Es herrscht trotz des Abstiegs eine Euphorie – und die ist trügerisch. In der öffentlichen Wahrnehmung werden einige Schalker Sorgen derzeit weggejubelt, gern mal übersehen. Das kann gefährlich werden.
Denn komplett rund ist die Vorbereitung von Schalke 04 nicht verlaufen – ganz unabhängig von den wechselhaften Testspiel-Ergebnissen. Trotz der Baumgartl-Verpflichtung ist die Personallage in der Defensive weiterhin sehr dünn. Nach dem Kreuzbandriss von Leo Greiml (22) startet Schalke mit nur vier gelernten Innenverteidigern in die Spielzeit. Darunter auch der unberechenbare Ibrahima Cissé (22), der noch ohne jegliche Profierfahrung in Deutschland ist. Gut aufgestellt ist S04 in der Abwehr noch lange nicht. Bis zum Ende des Transferfensters am 1. September hält Sportdirektor André Hechelmann (38) deshalb die Augen nach einem weiteren Neuzugang für die Innenverteidigung offen.
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Fraglich ist auch, ob der Reis-Fußball, mit dem es Schalke immerhin auf Rang acht der Bundesliga-Rückrundentabelle geschafft hat, auch in der 2. Liga funktioniert. Denn die Spielausrichtung wird sich in den meisten Partien komplett ändern. Die Schalker werden deutlich mehr Ballbesitz haben als zuletzt in der Bundesliga, sie sind nicht länger Außenseiter, sondern in fast allen Spielen der klare Favorit. Grundtugenden wie Einsatzbereitschaft und Kampf, die das Schalker Spiel ausgezeichnet haben, werden nicht reichen, um tief stehende Abwehrreihen zu knacken – auch Kreativität wird gefragt sein. Das weiß auch der Trainer: „Wenn man einen Umbruch hatte, ist es normal, dass noch nicht alle Rädchen ineinandergreifen, weil neue Spieler noch nicht komplett integriert sind.“ Am ersten Spieltag beim HSV werde bei seinem Team noch nicht alles funktionieren, kündigte er an.
Reis will mit Schalke fußballerisch überzeugen
Wichtig sei Reis, dass in den kommenden Monaten eine Entwicklung zu erkennen ist. „Wir wollen in Zukunft natürlich auch fußballerisch überzeugen“, sagte er. Dafür habe Schalke Spieler wie Lino Tempelmann (24) und Paul Seguin (28) für das zentrale Mittelfeld verpflichtet. Sie sollen unter anderem Rodrigo Zalazar (23, Wechsel zu Sporting Braga) vergessen machen. „Beide sind noch nicht bei 100 Prozent“, gab Reis mit Blick auf die Neuzugänge zu. „Aber sie sind Spieler, die Lösungen gegen tiefstehende Gegner finden werden.“
Solange bei den Königsblauen die spielerischen die Rädchen noch nicht perfekt ineinandergreifen, wird es viel auf Flanken und Standardsituationen ankommen, die in der Vorbereitung akribisch trainiert wurden. Schon in der Aufstiegssaison 2021/22 sicherte sich Schalke auf diese Weise wichtige Punkte.
Als Abnehmer ist vor allem Simon Terodde (35) gefragt. Der neue Kapitän machte in der Vorbereitung einen guten Eindruck, er weiß bekanntlich, wie man in die Bundesliga aufsteigt. Mit 30 Saisontoren war Terodde die zentrale Figur des Aufstiegs 2022. Nur zu gern würde er Schalke erneut in die 1. Liga führen.