Gelsenkirchen. Knapp 20 Jahre ist Torwart Ralf Fährmann das Stehaufmännchen von Schalke 04: Oft kritisiert, häufig degradiert – und immer wieder wichtig.
„Es ist ein Revierderby“, mehr muss Schalke-Torwart Ralf Fährmann gar nicht sagen, um den Stellenwert des Auswärtsspiels beim VfL Bochum an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) zu beschreiben. Schon die Tatsache, dass das Ruhrstadion von Gelsenkirchen aus bequem mit der Straßenbahn zu erreichen ist, sorgt für eine besondere Würze in diesem Nachbarschaftsduell der Fußball-Bundesliga. Die Tabellensituation verschärft das Ganze zusätzlich, denn mit einem Sieg könnte der Letzte Schalke 04 am Vorletzten VfL Bochum vorbeispringen und einen wichtigen Schritt im Kampf um den Klassenerhalt machen.
Ankommen wird es dabei auch auf Ralf Fährmann, der dieser Tage mal wieder besonders im Fokus steht. Seit Beginn der Rückrunde ist er wieder die Nummer eins auf Schalke und seine Serie von vier Zu-Null-Spielen in Serie endete beim 2:1-Sieg gegen Stuttgart mit einem Patzer. Einen eigentlich harmlosen Schuss von Borna Sosa ließ der Torwart durch seine Beine ins Tor rutschen. Und so wird wieder über ihn diskutiert – ob in Fernseh-Talkrunden oder beim Stammtisch.
Fährmann hat schon alles erlebt
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„Fehler gehören leider dazu. Davon bleibt keiner von verschont“, sagt er über seinen Lapsus. Kritik von TV-Experten lächelt er routiniert weg: „Ich habe das gar nicht mitbekommen, vielleicht muss ich wieder mehr Fernsehen schauen.“
Wohl auch, weil solche Diskussionen für den Routinier nichts Neues mehr sind. In seinen 272 Pflichtspielen für Schalke gibt es für Fährmann kaum etwas, das er noch nicht erlebt hat. Von magischen Champions-League-Nächten bis zum bitteren Abstieg in die 2. Bundesliga war alles dabei.
Die knapp 20 Jahre, die Fährmann (mit kurzer Unterbrechung) inzwischen im Verein ist, gleichen einer Achterbahnfahrt. Konstant waren häufig nur die Diskussionen um die Torwartposition. Gleich mehrfach wurde er auf Schalke degradiert und aus dem Tor genommen. Immer mal wieder stand er auf dem Abstellgleis. Da auf Schalke aber auch die Trainer regelmäßig wechseln, gab es für den 34-Jährigen immer wieder neue Chancen – wie auch 2023 unter Thomas Reis. „Oft hat Schalke neue Torhüter verpflichtet, doch am Ende spielt immer Fährmann“, fasst es Ex-Nationaltorwart Timo Hildebrand (43) im Gespräch mit dieser Redaktion treffend zusammen. Und er weiß, wovon er spricht, denn vor rund zehn Jahren verdrängte auch Hildebrand Fährmann zwischenzeitlich mal auf die Bank – um dann später selbst wieder zur Nummer zwei zu werden.
Schalkes Hoffnung auf Klassenerhalt
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Fast schon typisch für die besondere Stellung von Ralf Fährmann ist, dass er derzeit sogar wieder einer der Schalker Erfolgsgaranten ist – trotz seines Fehlers gegen Stuttgart. Denn in seinen ersten vier Spielen konnte er die Null halten. Seit der Ur-Schalker wieder spielt, verlieren die Königsblauen nicht mehr. Dass Schalke vor den Derby-Wochen, in denen nach dem „kleinen“ Derby gegen Bochum am darauffolgenden Samstag auch das „große“ Derby gegen den BVB ansteht, wieder große Hoffnung auf den Klassenerhalt hat, liegt auch an Fährmann. „Ralle hat dazu beigetragen, dass wir wieder gut dastehen, dass wir so wenige Gegentore bekommen“, lobt Trainer Thomas Reis seinen Torwart.
Dass es neben Kritik auch wieder Lob für ihn gibt, freut Fährmann sichtlich. Wichtig ist ihm, dass es nicht um Einzelpersonen geht, sondern nur um den Verein.
Und bei Fährmann sind das mehr als nur leere Worte. Mehrfach hat er gezeigt, wie viel ihm Schalke bedeutet – auch am Samstag. Als die Mannschaft nach dem Sieg gegen den VfB Stuttgart von den Fans gefeiert wurde, hatte Fährmann mehr als nur Gänsehaut. Der muskelbepackte 1,94-Meter-Hüne hatte Tränen der Rührung in den Augen: Fährmann lebt Schalke 04 wie kein zweiter Profi. Von den Fans wird er auch deshalb längst verehrt.