Gelsenkirchen. Der zweite Abstieg des FC Schalke 04 droht. Freiburgs Trainer Christian Streich sorgt sich deswegen um den Traditionsklub.

Christian Streich wünschte seinem Trainerkollegen Thomas Reis „alles Gute“ und machte sich auf den Heimweg - mit gemischten Gefühlen. Sein SC Freiburg spielt bislang die beste Saison in 23 Jahren in der Fußball-Bundesliga, steht in der Europa League und im DFB-Pokal im Achtelfinale, doch seine heimliche Liebe Schalke 04 bereitet ihm Sorgen.

„Schwierig“ sei die Situation des Tabellenletzten, sagte der Kultcoach der Breisgauer nach deren 2:0 (1:0)-Sieg dem SID: „Es geht jetzt um Zusammenhalt, nicht so viel Unruhe. Aber das ist nicht so einfach in so einem großen Klub. Das ist bei uns einfacher.“

Christian Streich hätte zu Schalke wechseln können

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Streich, der dienstälteste Bundesligatrainer, der am Sonntagabend auf den dienstjüngsten traf, hätte selbst auf der Bank der Königsblauen sitzen können. Vor neun Jahren dachte er nach der Anfrage des damaligen Managers Horst Heldt ernsthaft über einen Wechsel nach Gelsenkirchen nach, entschied sich aber dagegen. „Es hätte mich zerrissen, von Freiburg wegzugehen“, sagte er, „ich weiß auch gar nicht, ob ich eine andere Mannschaft hätte trainieren können.“

Inzwischen ist der bekennende Fan des Ruhrpotts und seiner Traditionsklubs seit fast elf Jahren Freiburger Cheftrainer. Reis ist im selben Zeitraum die Nummer 16 auf der Schalker Bank. Vor dem Spiel am Sonntag sei er „mit dem Fahrrad auf die Halde gefahren“, erzählte Streich, „der Pott ist unglaublich. Es ist ein Erlebnis, hier zu sein.“

Liebeserklärung von Christian Streich an Schalke

Beim Abstieg vor anderthalb Jahren hatte Streich Schalke mit einer Liebeserklärung verabschiedet. Es sei ein „Verein, den man einfach gern hat“, er werde ihn „total vermissen“. Jetzt droht nach der siebten Pflichtspielpleite, die auch Reis nur drei Tage nach seiner Verpflichtung nicht verhindern konnte, der erneute Absturz - und Streich benennt das Hauptproblem: „Früher hatten sie viel mehr Geld.“

Die Zahlen, die die Königsblauen jüngst vorstellten, sind in der Tat alarmierend: Im ersten Halbjahr hat Schalke erneut einen Verlust von knapp 20 Millionen Euro gemacht, die Verbindlichkeiten verringerten sich nur minimal auf 182 Millionen, das negative Eigenkapital wuchs um 20 auf 109 Millionen. Ein zweiter Abstieg binnen drei Jahren wäre möglicherweise existenzbedrohend, ein erneuter „Kraftakt“, wie Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers das vergangene Zweitligajahr nannte, wohl nur schwerlich möglich.

Reis, der den VfL Bochum in der vergangenen Saison für viele überraschend zum Klassenerhalt führte, stellte nach seinem Schalke-Debüt mit Blick auf die Leistung fest: „Da muss mit Sicherheit mehr kommen.“ Er werde in der WM-Pause auf Verstärkungen drängen, kündigte er an, „das ist natürlich meine Pflicht.“ Viele Möglichkeiten auf dem Transfermarkt wird der rigide Sparkurs aber nicht erlauben. Zumal Peter Knäbel, nach dem plötzlichen Rücktritt des Sportdirektors Rouven Schröder für mögliche Verpflichtungen zuständig, behauptet: „Dieser Kader ist gut genug.“ (sid)