Gelsenkirchen. Vor genau elf Jahren trennten sich die Schalker von dem Mann, den sie vorher mit viel Macht ausgestattet hatten – und der nun Hertha retten soll.

Trainingslager in Belek, Türkei, Januar 2011. Schalke 04 bereitet sich auf die Rückrunde der Bundesliga vor, die Mannschaft mit Stars wie Raúl, Klaas-Jan Huntelaar und Manuel Neuer ist ins Mittelfeld der Liga abgerutscht, die Stimmung könnte besser sein. Zu Beginn des Morgentrainings wird Fünf gegen Zwei gespielt, diese traditionelle Übungsform hat bei Fußballern gewöhnlich auch hohen Unterhaltungswert. Hier ein Beinschuss, da eine Grätsche ins Leere – wer länger in der Mitte verweilt, wird gerne auch mal verspottet.

Bei Schalke aber: Stille. Kein Mucks. Freudlos bewegen die Profis das Spielgerät. Im Hintergrund wacht Trainer Felix Magath mit strengem Blick, auf einem Hochsitz hockt Co-Trainer Seppo Eichkorn und brüllt ab und zu in schneidigem Feldwebelton Anweisungen über den ganzen Platz. Mannschaftsführung der unmodernen Art.

Felix Magath sollte als starker Mann Schalkes Sehnsucht nach dem Titel stillen

Magath, der Meister mit Bayern und Wolfsburg geworden war, wurde 2010 auf Schalke Trainer und Manager. Der neue starke Mann sollte die ewige Sehnsucht nach dem Meistertitel stillen. Die Vizemeisterschaft in seiner ersten Saison bekräftigte den Plan. Doch in der zweiten spaltete Magath den Klub: Es gab die Gläubigen, die ihm auch dann noch vertrauten, als das Team der Abstiegszone näher kam, und es gab die Kritiker, die genug hatten von seinem Machtstreben und seinen Methoden. Zur zweiten Gruppe gehörten viele Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle – und der Mannschaftsrat, der sich erfolgreich Gehör beim Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies verschaffte.

Alle Schalker sollten Felix Magath damals bedingungslos folgen

Wer nicht für mich ist, ist gegen mich – mit dem Motto würgte Magath jede Diskussion ab. Alle sollten ihm bedingungslos folgen – ein Kurs, der bei einem Klub wie Wolfsburg funktionieren konnte, beim emotionsgeladenen FC Schalke aber zum Scheitern verurteilt war.

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Magaths Einkaufspolitik folgte dem Prinzip Versuch und Irrtum, immer mehr Spieler wurden rangeschafft, kurzfristig auch alternde Stars wie Ali Karimi und Angelos Charisteas. Verzweiflungstransfers, die den Kader aufblähten – was Clemens Tönnies zu dem Witz verleitete, Schalke brauche für sein Aufgebot mittlerweile „einen Knickbus“.

Schalke: Rangnick wird 2011 Magath-Nachfolger

Im März 2011 wurde die Trennung besiegelt. Magath war vorbereitet: Zwei Tage später kehrte er nach Wolfsburg zurück. Ralf Rangnick, Nachfolger auf Schalke, stellte erschrocken fest, die Mannschaft habe „keine Idee, wie sie einen Gegner in Bedrängnis bringen soll“.