Gelsenkirchen. Keine Mannschaft in der Zweiten Liga wechselt seltener aus als Schalke 04. Es gab in der Hinrunde nur ein Jokertor. Die Hintergründe.

Alle Zweitliga-Mannschaften haben 17 Spiele absolviert - die Hinrunde ist beendet. Deshalb lohnt sich ein Blick auf die Statistik, auch beim Tabellenvierten FC Schalke 04, der am Freitagabend den 1. FC Nürnberg mit 4:1 (1:0) bezwungen hatte. Zwei Statistiken zeigen perfekt, dass Schalke die Qualität in der Breite fehlt. Es geht um die Anzahl der Auswechslungen und damit verbunden die Jokertore.

Schalke: Nur der KSC wechselte ebenfalls selten aus

Lediglich 63-mal wechselte Schalke in der Hinrunde aus - ob unter Trainer Dimitrios Grammozis oder zweimal unter Assistent Sven Piepenbrock - gemeinsam mit dem KSC ist S04 Letzter in dieser Statistik. Doch nicht nur das: Lediglich in fünf der 17 Spielen wechselten Grammozis und Piepenbrockj vor der 60. Minute, und zweimal wurde er durch Verletzungen dazu gezwungen. Beim 1:3 gegen den HSV schied Danny Latza aus (32.), beim 1:0 in Hannover Mehmet Can Aydin (18.). Victor Palsson musste beim 1:1 in Bremen nur zur Pause raus, weil er kurz vor einem Platzverweis stand.

Grammozis ändert aber nicht nur das Personal so selten wie niemand sonst in der Zweiten Liga - sondern auch die Taktik. Der 43 Jahre alte Trainer verschiebt maximal die Pressinglinien, hält an seinem 3-5-2 aber fest. Mit einer Taktiktafel steht er nie an der Seitenlinie. Er ist keiner wie zum Beispiel Schalkes Ex-Trainer Domenico Tedesco, der während der Partien häufiger seine Strategien komplett veränderte. In Fankreisen wird darüber stets angeregt diskutiert.

Denn durch präzises Coaching während der Spiele hat Schalke noch kein Spiel drehen können. Diese Zeitung sprach Grammozis regelmäßig auf seine seltenen Wechsel an - stets gehörte ein Satz zu seinen Antworten: "Man muss nicht wechseln, nur um zu wechseln. Es muss schon Sinn machen." Nach dem 0:1 in Heidenheim, Grammozis hatte erst in der 78. Minute erstmals gewechselt, sagte der Trainer: "Die Jungs waren gut im Spiel, ich habe nicht gesehen, dass wir auf einer Position Probleme hatten."

Doch ist das die Wahrheit? Nur die halbe. Grammozis fehlen einfach die Alternativen. Ein Wechselspiel gibt es fast in jedem Spiel zwischen den Rechtsverteidigern Aydin und Reinhold Ranftl. Top-Joker ist Stürmer Marvin Pieringer, der bereits zwölf Mal ins Spiel kam - entweder, weil er einen übermüdeten Stammelf-Stürmer ersetzen musste oder weil Schalke zurücklag. Auch Florian Flick (7 Einwechslungen) ist wegen seiner Flexibilität in der Defensive als Joker gefragt. Aber sonst?

Fünf Schalker füllen regelmäßig den Kader auf - spielen aber selten

Es gibt viele Spieler, die den Kader nur auffüllen, für Grammozis aber offenbar keine ernsthafte Alternative sind - Timo Becker (6-mal im Kader ohne Einwechslung/nur 5 Einsätze), Yaroslav Mikhailov (7/5), Henning Matriciani (8/4), Kerim Calhanoglu (10/1) und Dries Wouters (10/2). Wenn sich Schalkes sportliche Leitung zur "Grundanalyse" trifft, wie Sportdirektor Rouven Schröder das nannte, wird das bestimmt zur Sprache kommen. Schröder kündigte an, auch ansprechen zu wollen, welche Spieler nicht wie gewünscht "performt" hätten.

Letzter Schalke-Gegner 2021 ist der HSV

Wenig überraschend ist deshalb, dass Schalke erst ein Jokertor erzielt hat - das nicht mehr entscheidende 2:4 durch Pieringer im zu diesem Zeitpunkt schon verlorenen Spiel gegen Darmstadt 98. Zum Vergleich: Der 1. FC Heidenheim kommt bereits auf elf Tore durch eingewechselte Spieler - Zweitliga-Spitze. So konnte der FCH einige Partien noch kippen.

Am Samstag (20.30 Uhr/Sport 1 und Sky) beginnt für Schalke beim HSV die Rückrunde. Dann sitzt Grammozis nach überstandener Corona-Infektion wieder auf der Bank. Wechselt er häufiger aus? Noch ist damit nicht zu rechnen. Denn die nächste Transferperiode beginnt erst am 1. Januar...