Gelsenkirchen/Karlsruhe. Im Interview spricht Philipp Hofmann vom KSC über seine Fan-Liebe zu Schalke, seine Ziele und die Qualitäten von Simon Terodde.
Insgesamt fünf Jahre stand Philipp Hofmann bei Schalke 04 unter Vertrag, erst in der Knappenschmiede, dann auch bei den Profis. Ein Einsatz in der Arena blieb ihm in dieser Zeit allerdings verwehrt. Mit dem Karlsruher SC wird der 28 Jahre alte Stürmer an diesem Freitag (18.30 Uhr/Sky) erstmals im Schalker Stadion spielen und sich damit einen Traum erfüllen. Und S04-Trainer Dimitrios Grammozis warnt eindringlich vor dem KSC-Torjäger.
Im Interview mit dieser Zeitung spricht der gebürtige Arnsberger über den KSC, seine Fan-Liebe zu Schalke, sein großes Ziel von der Bundesliga und die Qualitäten von Simon Terodde. Laut Hofmann kann Schalkes Top-Torjäger "aus Scheiße Gold machen".
Als wir uns 2016 in London zum Interview getroffen haben, erzählten Sie von Schlaftrainern und Urin-Tests vor den Trainingseinheiten des FC Brentford. Damals wurde das Ganze belächelt, heute spielt der Klub in der Premier League. Hätten Sie damit gerechnet?
Philipp Hofmann: Ganz ehrlich: Dass es so schnell geht und Brentford es wirklich schafft, habe ich nicht geglaubt (lacht). Allein, weil die Konkurrenz in der Championship so extrem groß ist.
Zwei Jahre spielten Sie für Brentford. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Hofmann: In London zu leben, war toll. Doch rückblickend kam der Schritt für mich ein bisschen zu früh. Aber obwohl es sportlich für mich nicht so gut lief, bereue ich es aber nicht. Persönlich hat mich diese Zeit enorm reifen lassen.
Sowohl in Brentford als auch danach bei der SpVgg Greuther Fürth kamen Sie wenig zum Zug. Wie sehr haben Sie in diesen Phasen gezweifelt, ob Sie wirklich im Profifußball bestehen können?
Hofmann: Klar gab es Phasen, in denen ich mich hinterfragt habe, überlegt habe, was ich falsch mache. Trotzdem war ich immer davon überzeugt, gut genug für die 2. Bundesliga zu sein, auch als ich nach enttäuschenden Monaten in Fürth einen Schritt zurück gemacht habe und mit Braunschweig in der 3. Liga gespielt habe.
In Karlsruhe beweisen Sie nun schon im dritten Jahr, dass Sie in der 2. Liga den Unterschied machen können. Warum passen Sie so gut nach Karlsruhe?
Hofmann: Das stimmt. Ich fühle mich in Karlsruhe total wohl. Der Trainer ist jung, brennt für seine Aufgabe, setzt auf mich und hat das Spiel sogar ein stückweit auf mich zugeschnitten.
In der laufenden Saison kommen Sie bereits auf vier Tore. Sind Sie aktuell in der besten Form Ihrer bisherigen Karriere?
Hofmann: Auf jeden Fall. Ich konnte in jedem meiner Profijahre etwas lernen und habe nun die nötige Erfahrung, die man als Mittelstürmer braucht. Gerade als Stürmer ist es wichtig, ein Näschen zu haben, um Situationen richtig einzuschätzen und zu wissen, wo man stehen muss.
Was ist für den KSC in dieser Saison möglich?
Hofmann: Die 2. Bundesliga ist unmöglich vorauszusagen. Noch vor zwei Jahren sind wir fast abgestiegen, in der vergangenen Saison haben wir dann im positiven Sinne alle überrascht. Und dieses Jahr? Lassen wir uns mal überraschen (lacht) Hauptziel ist der Klassenerhalt, aber auch einen einstelligen Tabellenplatz traue ich uns zu. Die Zweite Liga ist so eng, da ist vieles möglich.
Am Freitag geht es für Sie zum Auswärtsspiel bei Schalke 04. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das Spiel gegen Ihren Ex-Klub?
Hofmann: Schon seit Bekanntgabe des Spielplans freue ich mich auf dieses Spiel. Ich kenne noch einige Mitarbeiter und auch Spieler wie Ralle Fährmann. Viele Freunde und auch Teile meiner Familie werden im Stadion sein. Obwohl ich so lange auf Schalke war, wird es das erste Mal sein, dass ich in der Arena spielen darf – dort aufzulaufen, war immer mein Traum.
Während Ihrer drei Jahre in der Knappenschmiede haben Sie hunderte Male direkt neben der Arena trainiert. Wie groß war und ist die Sehnsucht, dort endlich aufzulaufen?
Hofmann: Als Kind war ich als Fan im Parkstadion und auch in der Jugend habe ich jeden Tag davon geträumt, eines Tages als Profi in der Arena zu spielen. Oft war ich bei Bundesligaspielen Balljunge und zumindest körperlich schon ganz nah dran am Spielfeld (lacht).
Wie bewerten Sie Ihre Schalke-Zeit heute?
Hofmann: Die Jugendzeit war ziemlich erfolgreich. Mit der U19 sind wir damals sogar Deutscher Meister geworden, aber der Sprung zu den Profis war damals einfach zu groß. Auch wegen der starken Konkurrenz. Als ich 2011 aus der Jugend kam, hatte Schalke Raúl, Klaas-Jan Huntelaar, Ciprian Marica und den jungen Teemu Pukki. Da war es für mich unmöglich.
Was konnten Sie als junger Spieler von Huntelaar oder Raúl lernen?
Hofmann: Es hat unglaublich Spaß gemacht, mich mit ihnen zu messen. Ich werde nie vergessen, wie abgezockt Huntelaar auch im Training war. Im Strafraum hat er immer die richtigen Wege gemacht, vor dem Tor war er eiskalt. Das war enorm beeindruckend. Was ich dort gelernt habe, versuche ich heute umzusetzen – und es klappt mal mehr, mal weniger. (lacht)
Die Zeiten großer Stars auf Schalke sind inzwischen vorbei. Wie haben Sie den Schalker Absturz erlebt?
Hofmann: Es hat mir als Fan wehgetan. Manchmal kann ich noch immer nicht glauben, dass Schalke jetzt wirklich Zweitligist ist. An den ersten Spieltagen sah man deutlich, dass sich auch der Verein daran gewöhnen musste. Wenn man so will, ist die 2. Liga für große Teams eine echte Drecksliga. Es ist eklig und extrem undankbar gegen Mannschaften zu spielen, die nichts zu verlieren haben.
Genau wie der KSC.
Hofmann: Stimmt, Schalke ist Favorit, aber wir können befreit aufspielen, haben wenig zu verlieren. Der Druck liegt bei den Schalkern. Wir müssen einfach gut verteidigen, mutig sein und auf Simon Terodde aufpassen.
Sie sprechen den Schalker Stürmer an. Was macht ihn so gefährlich?
Hofmann: Simon ist super in der Box, auch mit dem Rücken zum Tor. Er weiß, wo das Tor steht, nicht umsonst trifft er in jeder Saison mehr als 20-mal. Auf Schalke hat er gute Mitspieler, aber manchmal hat man das Gefühl, Terodde kann aus Scheiße Gold machen. (lacht) Ich bin allerdings sicher, dass wir ihn am Freitag ausschalten können, wenn wir im Kollektiv gut verteidigen.
Warum passen Spielertypen wie Sie und Terodde so gut in die 2. Bundesliga?
Hofmann: Das intensive und körperliche Spiel von robusten Mittelstürmern passt gut zur 2. Liga. Aber auch auf dem absoluten Top-Niveau sieht man häufiger echte Neuner. Egal ob Erling Haaland beim BVB, Robert Lewandowski bei den Bayern oder Wout Weghorst in Wolfsburg. Leider gibt es in der Bundesliga kaum deutsche Mittelstürmer. In der Förderung wurde in den vergangenen Jahren meist auf wendigere Spielertypen gesetzt, die dann eher als Falsche Neun gespielt haben.
Hat Schalke nach den zwei Siegen gegen Düsseldorf und Paderborn verstanden, worauf es in der Zweiten Liga ankommt?
Hofmann: Der Heimsieg gegen Düsseldorf hat der Mannschaft einen Schub gegeben. In Paderborn hat Schalke zuletzt auch ein enges Spiel gewonnen und sich die Punkte erarbeitet. Jetzt sind sie in der Zweiten Liga angekommen und wissen, dass es nicht nur ums Spielerische geht, fast noch wichtiger sind Mentalität und Physis.
Sie sind mit Ihren 28 Jahren im besten Fußballer-Alter. Welche Ziele haben Sie für den Rest Ihrer Laufbahn?
Hofmann: Ich will mir den Traum von der Bundesliga noch erfüllen. Kurzfristig will ich aber einfach ein gutes Jahr mit dem KSC spielen. Wenn das klappt, kommt der Rest von ganz allein. Der Saisonstart war ordentlich, so darf es gern weitergehen.
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Inwiefern ist eine mögliche Rückkehr zu Schalke in ihrem Kopf?
Hofmann: Ich war immer Schalke-Fan und verfolge den Verein noch sehr genau. Natürlich ist es ein Traum, irgendwann für Schalke zu spielen.
Wer steigt in die Bundesliga auf?
Hofmann: Schalke und Werder Bremen sehe ich ganz vorn. Dahinter ist vieles möglich. In den vergangenen Jahren hat es oft eine Überraschungsmannschaft in die Relegation geschafft.
Diesmal vielleicht der KSC?
Hofmann: (lacht) Das wäre ein bisschen hoch gegriffen. Aber vielleicht schaffen wir es ja doch, uns schon bald da oben rein zu mogeln.