Regensburg. Christoph Moritz kam 2009 als Neuzugang für die U23, „aus dem Nichts“ wurde er auf Schalke zum Profi. Mit Schalke spielte er Champions League. Am Samstag steht er mit Tabellenführer Regensburg auf der gegnerischen Seite.

An diesem Samstag (13.30 Uhr /Sky und live in unserem Ticker) spielt Schalke bei Jahn Regensburg, und im Kader des Überraschungs-Spitzenreiters der Zweiten Liga steht ein Spieler, der sich auf Schalke bestens auskennt: Christoph Moritz (31) machte einst 69 Spiele für Schalke, von der Bundesliga bis zur Champions League. Im WAZ-Interview spricht er über die guten Zeiten auf Schalke – und über das, was den Königsblauen bevorsteht

Hallo Herr Moritz, wenn wir uns an die Zeit vor zehn Jahren zurückerinnern, dann…

Christoph Moritz: …erinnere ich mich an die meine Zeit beim FC Schalke 04 zwischen 2009 bis 2013. Exakt vor zehn Jahren, also 2011, war ich aber leider den Großteil der damaligen Saison verletzt. Aber im Allgemeinen hatte ich in diesen Jahren eine schöne Zeit. Ich bin quasi aus dem Nichts Profi geworden – und dann auch noch für den FC Schalke 04 zu spielen, das war auf jeden Fall eine sehr aufregende Zeit für mich.

Felix Magath hatte Sie 2009 aus der Schalker U23 in die Bundesliga geholt – im Rückblick wie ein Traum?

Saison 2020/21: Christoph Moritz gegen Robert Zulj
Saison 2020/21: Christoph Moritz gegen Robert Zulj © Unbekannt | firo

Christoph Moritz: Ja definitiv. Ich bin damals aus der A-Jugend von Alemannia Aachen gekommen und sollte damals zunächst in der Regionalliga für die zweite Mannschaft spielen. Nach gefühlt vier Wochen Vorbereitung bei der U23 habe ich dann von Felix Magath die Chance bekommen, meinen Traum als Fußballprofi leben zu können. Dafür bin ich ihm bis heute dankbar. Mit allen Höhen und Tiefen ist der Fußball für mich immer noch die Nummer eins und macht mir nach wie vor sehr viel Spaß.

Woran erinnern Sie sich besonders gerne?

Christoph Moritz: Bei meinem zweiten Heimspiel habe ich für Schalke gleich ein Tor geschossen – das war wirklich ein cooles Erlebnis. Es blieb auch mein einziges Tor für Schalke. In der Champions League zu spielen war natürlich auch eine tolle Herausforderung, daran erinnere ich mich ebenfalls sehr gerne. Im Endeffekt erinnere ich mich aber immer gerne an die Spiele, in denen man eine gute Leistung zeigen konnte und dann zufrieden nach Hause gefahren ist.

Christoph Moritz über Dauerläufe auf Schalke unter Felix Magath

War Magath wirklich so schlimm, wie auf Schalke damals alle behauptet haben?

Christoph Moritz: Ich denke, dass es für die Spieler, die bereits länger für Schalke spielten, schwieriger war als für die Spieler, die wie ich neu dazugekommen sind. Klar, Zirkeltraining und Dauerläufe waren natürlich ein hartes Training und der mentale Druck gerade für jüngere Spieler enorm. Ich habe das im ersten Jahr gar nicht so wahrgenommen, erst im zweiten und dritten Jahr wurde mir das bewusst.

2011 wurde Magath gefeuert – sein Nachfolger Ralf Rangnick war nicht gerade Ihr größter Förderer?

Christoph Moritz: Doch, eigentlich schon. 2011 hatte ich ein großes Problem mit meiner Patellasehne und habe mich vor der Vorbereitung operieren lassen. In der Vorbereitung spielte ich dann unter Rangnick im defensiven Mittelfeld in der Raute. Auf dieser Position haben mich sehr wohlgefühlt. Aber nach drei Wochen spürte ich wieder Schmerzen im Knie. Somit konnte ich unter Ralf Rangnick leider kaum trainieren und bin dann erst wieder unter Huub Stevens zum Team gestoßen.

Mittlerweile haben Sie mehr Zweitliga- als Bundesligaspiele absolviert: Sie wissen, worauf es in der Zweiten Liga ankommt.

Christoph Moritz: Es ist schwierig zu sagen, worauf es in der jeweiligen Liga darauf ankommt. Grundsätzlich wird in beiden Ligen niemandem etwas geschenkt und die Unterschiede sind meiner Meinung nach nicht groß. Viele sagen immer, dass die zweite Bundesliga körperlich härter wäre als die Bundesliga und die Bundesliga technisch versierter. Ich wage zu bezweifeln, dass die Zweite Bundesliga härter wäre als die Erste. Dass die Erste Bundesliga jedoch schneller und technisch versierter ist, sollte jedem klar sein.

Christoph Moritz: Wir wollen den Klassenerhalt schaffen

Nach drei Spieltagen ist Regensburg Spitzenreiter – damit haben Sie vermutlich auch nicht gerechnet oder?

Christoph Moritz: Nein, damit hat hier keiner gerechnet. Wir sind mit dem klaren Ziel in diese Saison gegangen, von Spiel zu Spiel zu schauen und so viele Punkte wie möglich zu holen, um dem Klassenerhalt so früh wie möglich zu schaffen. Umso besser ist es bereits nach drei Spielen neun Punkte zu haben.

Ist Regensburg so ein typischer Stolperstein für einen Bundesliga-Absteiger?

Christoph Moritz: In der zweiten Bundesliga gibt es meiner Meinung nach nicht diese großen Vereine wie der FC Bayern oder Borussia Dortmund in der Ersten, die am Ende der Saison auf 80 Punkte kommen. Der Leistungsunterschied ist in der zweiten Bundesliga einfach geringer, deswegen sind die Spiele auch ausgeglichener. Der Ausgang der Spiele ist wirklich schwer zu beurteilen. Jedes Wochenende, jedes Spiel ist spannend - und wir gehören zu diesen Mannschaften, die gegen alle 17 anderen gewinnen, aber auch verlieren können.

Sie haben mit dem HSV mal ein ähnliches Projekt wie Schalke in dieser Saison mitgemacht: Nach dem Abstieg des HSV aus der Bundesliga gingen Sie 2018 als erfahrener Spieler nach Hamburg – und verpassten den geplanten Wiederaufstieg

Christoph Moritz: … Ich war eineinhalb von den bisherigen drei Zweitliga-Jahren beim HSV, in denen es mit dem Aufstieg nicht geklappt hat. Ich denke, es hatte in jedem Jahr eine andere Ursache. Letztendlich war es auch immer sehr bitter, als Vierter so knapp zu scheitern. Das tut dann noch einmal mehr weh, als wenn man den Aufstieg deutlich verpasst hätte. Im Großen und Ganzen schaue ich aber auf eine schöne Zeit in Hamburg zurück. Auch wenn ich mir mehr Spielzeit erhofft hätte über die gesamte Zeit gesehen.

Christoph Moritz zählt Schalke zu den Top-Favoriten

Was war der Kardinalfehler des HSV damals?

Christoph Moritz: Eine sehr schwierige Frage. Die ausschlaggebenden Gründe beim HSV zu finden, warum es nicht mit dem Aufstieg geklappt hat – das haben glaube ich schon so viele in den letzten drei Jahren versucht und nicht beantworten können. Wenn es so einfach wäre, dann wäre der HSV sicherlich die letzten zwei, drei Jahre wieder aufgestiegen. Ich glaube, das ist eine Frage, die niemand beantworten kann.

Trauen Sie Schalke die direkte Rückkehr zu?

Christoph Moritz:  Ja. Ich glaube, Schalke hat genau die gleiche Favoritenrolle wie die letzten drei Jahre der HSV. Die Dichte der Favoriten ist nochmal größer geworden als sonst, aber Schalke gehört für mich mit zu den absoluten Top-Favoriten.

Jetzt treffen Sie mit Regensburg auf Schalke: Was würden Sie eigentlich heute machen, wenn Magath Sie damals nicht in die Bundesliga geholt hätte?

Christoph Moritz: Das ist eine gute Frage. Wie gesagt, die Dankbarkeit ist sehr groß, dass Felix Magath mir damals die Chance gegeben hat. Wenn ich nicht Profifußballer geworden wäre, weiß ich auch nicht genau, was ich dann gemacht hätte. Aber Abitur habe ich Gott sei Dank gemacht, deswegen wäre es sicherlich ein Studium geworden.