Gelsenkirchen. Der Aufsichtsrat des FC Schalke 04 ist wieder komplett. Fan-Kontakte statt Ein-Mann-Betrieb - das ist eine große Änderung. Ein Kommentar.

Mit Verspätung ist der Aufsichtsrat des FC Schalke 04 wieder komplett. Es gab Rücktritte, eine Mitgliederversammlung, das Ende von Kooptationen, Neuberufungen - seit Montagabend hat das Gremium nun wieder elf Mitglieder. Als Nachfolger von Jens Buchta berief der Sportbeirat, in dem die Vertreter der Abteilungen sitzen, Pascal Krusch, in das höchste Klubgremium. Er ist der Leiter der Tischtennis-Spieler. Krusch ist der nächste, der nichts mehr mit dem langjährigen Aufsichtsrats-Vorsitzenden Clemens Tönnies zu tun hat.

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Um den Platz, der dem Sportbeirat laut Vereinssatzung zur Verfügung steht, hatte sich auch der langjährige Nachwuchskoordinator Bodo Menze (68) bemüht - als Vertreter der Abteilung "Traditionself". Warum Menze in geheimer Wahl durchfiel - darüber lässt sich nur mutmaßen. Menze hatte aber auch mit der Gruppe "Tradition und Zukunft" kooperiert, die im März an der Vereinsführung vorbei mit Ralf Rangnick über ein Engagement gesprochen hatte. Aus der Gruppe ist nun kein Mitglied in einem Gremium vertreten, im März hatte sie sich das anders vorgestellt. Gut möglich, dass dies eine Rolle gespielt hat. Schon der Wahlausschuss, der die Aufsichtsrats-Kandidaten für die Mitgliederversammlung ausgewählt hatte, ließ sämtliche Bewerber der Gruppe durchfallen. Fachlich hätte Menze dem Aufsichtsrat sicher weiterhelfen können. Sportliche Expertise aus eigener aktiver S04-Zeit bringt nun lediglich Eurofighter Youri Mulder mit.

Schalke: Tönnies führte den Klub von 2001 bis 2020

Menze, der auf Schalke 1991 begann, hatte die komplette Amtszeit von Tönnies miterlebt - für Krusch gilt das nicht. Im aktuell amtierenden Aufsichtsrat haben nur noch fünf von elf Mitgliedern Tönnies begleitet, und das erst 13 Monate nach dessen Rücktritt am 30. Juni 2020. Tönnies war seit 2001 im Amt - er hatte zuvor stets darauf geachtet, dass eine deutliche Mehrheit seinen Kurs stützt.

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Nun sind nur noch zwei Mitglieder dabei, die wahrscheinlich uneingeschränkt Tönnies' Zustimmung finden würden: Peter Lange war dessen Stellvertreter. Lange hatte sich Hoffnungen gemacht, die Führung zu übernehmen. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse war er aber chancenlos. Auch Matthias Warnig, Vertreter des Hauptsponsors Gazprom, wurde schon zu Tönnies' Zeiten kooptiert - und Gazprom, das ist ein Projekt von "CT", wie Tönnies immer noch genannt wird.

Schalke: Einige Aufsichtsräte mit Kontakt zur aktiven Fanszene

Ebenfalls die Tönnies-Zeit im Aufsichtsrat miterlebt haben der neue Vorsitzende Axel Hefer, dessen Vertreter Moritz Dörnemann und Heiner Tümmers, der Vertreter des Fanclub-Verbandes. Dieses Trio hat genau wie die neu gewählten Sven Kirstein und Holger Brauner Kontakte zur aktiven Fanszene, die sich nun im Aufsichtsrat gut repräsentiert fühlt. Das war vorher anders. Es sind Mitglieder, die zum eingetragenen Verein stehen und nicht mit aller Macht Richtung Ausgliederung drängen. Fan-Kontakte und e. V. statt Ein-Mann-Betrieb und schnellstmögliche Ausgliederung - das ist schon eine gewaltige Änderung in der Linie des Gremiums. Hefer selbst war in seiner ersten Amtszeit als vehementer Tönnies-Kritiker aufgefallen.

Nach der sportlichen Leitung, der Mannschaft und dem Vorstand hat sich nun auch der Aufsichtsrat neu aufgestellt - ein "Weiter so" gibt es nicht auf Schalke.

Schalkes Aufsichtsrat in der Übersicht

Im Amt seit 2013: Peter Lange (gewählt)

Im Amt seit 2014: Heiner Tümmers (Vertreter des Fanclub-Verbandes)

Im Amt seit 2019: Matthias Warnig (kooptiert)

Im Amt seit 2021: Youri Mulder (kooptiert), Harald Förster (kooptiert), Axel Hefer, Moritz Dörnemann, Sven Kirstein, Holger Brauner, Johannes Struckmeier (alle gewählt), Pascal Krusch (vom Sportbeirat entsandt)