Gelsenkirchen. Schalkes Auftritt Sonntag bei Holstein Kiel ist das erste Ligaspiel zwischen beiden Klubs. Dennoch birgt das Duell mit den „Störchen“ Tradition.

Man muss schon ein echter Schalke-Kenner sein, um sich an das letzte Aufeinandertreffen von Knappen und Kieler „Störchen“ zu erinnern: Am 22. Juli 2016 traten die Gelsenkirchener zu einem sommerlichen Testspiel im Holstein-Stadion an. 8.000 Zuschauer sahen einen schmucklosen Schalker 2:1-Sieg durch frühe Treffer von Max Meyer und Klaas-Jan Huntelaar. Den zwischenzeitlichen Ausgleich markierte Milad Salem. Unglaublich, aber wahr: Ein Liga-Duell zwischen dem traditionsreichen KSV Holstein und Königsblau hat es noch nie gegeben. Dennoch trugen Kieler und Schalker in ihrer weit über 100-jährigen gemeinsamen Geschichte schon manche bedeutsame Schlacht aus – mit durchaus gemischten Resultaten...

Der Glanztag von Eitel Galle

Das bislang letzte Pflichtspiel zwischen den beiden Traditionsvereinen stieg am 28. Juli 1962 im DFB-Pokal-Achtelfinale. Es war zugleich eine der dramatischsten K.o.-Partien in der Schalker Klubhistorie. Nicht einmal drei Minuten waren absolviert, da brachte ein gewisser Eitel Galle den damals erstklassigen KSV Holstein (Oberliga-Nord) in Führung. Der Favorit aus dem Ruhrgebiet brauchte fast eine Stunde, um sich von dem frühen Schock zu erholen. Dann beförderten Walter Rodekamp (63.) und Manni Kreuz (66.) die Blau-Weißen mit ihrem Doppelschlag auf die Siegerstraße. So schien es zumindest.

Doch nun wurde es turbulent vor 15.000 Zuschauern im restlos ausverkauften Holstein-Stadion: In der 73. Minute war es erneut Eitel Galle, der einen umstrittenen Elfmeter zum 2:2-Ausgleich verwandelte. Vier Minuten darauf krönte Kiels Torjäger seine Glanzleistung mit seinem dritten Treffer zum 3:2. Kiel stand Kopf, Schalke schien geschlagen. Doch die Norddeutschen hatten die Rechnung ohne Waldemar Gerhardt gemacht: Mit einem Doppelpack binnen drei Minuten (80./83.) stellte der S04-Stürmer die Anzeigetafel auf 3:4.

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Waldi Gerhardt erinnert sich an einen Beinbruch in Kiel

Heute, fast 60 Jahre später, kann sich Gerhardt (147 Ligaspiele für Königsblau/ 61 Tore) kaum noch an die spektakuläre Pokal-Begegnung von damals erinnern, wohl aber an ein anderes, äußerst giftiges Treffen mit dem KSV Holstein: „Anlässlich der Eröffnung der Kieler Woche haben wir mit Schalke mal ein Testspiel da oben bestritten“, erzählt der mittlerweile 82-Jährige im Gespräch mit der WAZ, „sogar der damalige Bundespräsident Theodor Heuss saß auf der Tribüne.“ Das Resultat der Partie ist Gerhardt zwar entfallen, nicht aber die schmerzhaften Folgen für seine Gesundheit: „Ich habe damals einen Wadenbeinbruch erlitten und musste ein paar Tage in der Kieler Uniklinik bleiben, wo man mir einen Gips bis unters Knie verpasst hatte.“

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Auch Kuzorra & Co an der Kieler Förde

Auch am 30. Mai 1943 sammelten die Blau-Weißen leidvolle Erfahrungen an der Kieler Förde: 18.000 Zuschauer im randvollen Holstein-Stadion wollten den Titelverteidiger S04 im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft sehen. Gegner Kiel galt trotz des Heimrechts als krasser Außenseiter. Doch der legendäre „Schalker Kreisel“, angekurbelt von den Schwägern Ernst Kuzorra und Fritz Szepan, hatte zu dieser Zeit etwas Rost angesetzt. Szepan war bereits 35, Kuzorra sogar 37 Jahre alt. Und so hatte Königsblau den jüngeren und frischeren Kielern an jenem Tag wenig entgegenzusetzen. Die Hausherren gewannen durch Tore von Franz Linken (2), Leo Möschel und Walter Hain mit 4:1, für Schalke traf Ötte Tibulsky per Elfmeter.

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Knapp zwei Jahre zuvor war der KSV Holstein Kiel noch ein Spielball für entfesselte Schalker gewesen: Im Pokal-Halbfinale am 12. Oktober 1941 fegten die Knappen die ängstlichen „Störche“ mit 6:0 aus der Glückauf-Kampfbahn. 15.000 Zuschauer bejubelten teils spektakuläre Treffer von Ernst Kuzorra, Hermann Eppenhoff, Ernst Kalwitzki, Herbert Burdenski (2) sowie ein Eigentor von Rudi Mund.

Und wie geht das allererste Liga-Duell zwischen Kiel und Schalke aus? „Ich hoffe natürlich auf drei Punkte für S04“, sagt Waldemar Gerhardt, der einstige Torheld im Holstein-Stadion: „Ein guter Start in die Zweitliga-Saison ist so wichtig, wenn man aufsteigen will.“