München. Nach der blamablen Vorstellung beim FC Bayern wird der Druck auf Schalkes Trainer David Wagner immer größer.

Besonders drastisch drückte es Bastian Oczipka aus. „Das Ergebnis“, sagte der Linksverteidiger des FC Schalke 04, „ist eine Schande“. Mit 0:8 (0:3) gingen die Königsblauen im Bundesliga-Auftaktspiel beim FC Bayern München unter. Die fast dreimonatige Sommerpause, in der ein Aufbruch ausgerufen und gute Laune vorgelebt wurde - weggefegt in 90 Minuten. Das sportliche Desaster geht weiter, das Jahr 2020 ist für Schalke ein aktuell unendlicher Horrorfilm.

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Im Zentrum der sportlichen Kritik steht Trainer David Wagner. Zum 17. Mal in Folge blieb Schalke nun in einem Bundesliga-Spiel ohne Sieg. Dass diese Serie ausgerechnet beim Triple-Sieger enden würde, war wenig wahrscheinlich - doch, so lautete hinter vorgehaltener Hand das Ziel: Wenn schon verlieren, dann mit viel Kampf und Anstand.

Schalke-Trainer Wagner verfolgte das Debakel mit verschränkten Armen an der Seitenlinie

Damit entweder eine Sensation oder aber eine Kopf-hoch-Niederlage gelingt, hatte sich Wagner für eine seltsame Taktik entschieden: Er setzte auf vier offensive Spieler, darunter war einer, den er zuletzt für eine schwache Vorbereitung gerügt hatte: Amine Harit. Auch Zugang Gonçalo Paciencia (26) stürmte von Beginn an - obwohl er erst seit drei Tagen mit der Mannschaft trainiert hatte. Der begabte Can Bozdogan (19), feste Größe in den Testspielen, fehlte hingegen im Aufgebot. „Er hat es einfach nicht in den Spieltagskader geschafft“, lautete Wagners simple Begründung.

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Wagners Taktik ging vier Minuten gut und führte zu ihrer einzigen Torchance des Spiels - die hatte Paciencia in der ersten Minute. In der ersten Hälfte wehrten sich die Königsblauen immerhin noch. Da zogen die Bayern durch Tore von Serge Gnabry, Leon Goretzka und Robert Lewandowski nur auf 3:0 davon. Nachdem Gnabry kurz nach dem Wiederanpfiff aber auf 4:0 erhöht hatte, gaben sich die Schalker auf. Körpersprache? Ehrgeiz? Kampfkraft? Nicht vorhanden. Gnabry, Leroy Sané und Jamal Musiala erhöhten auf 8:0, und Torwart Ralf Fährmann verhinderte mit einigen famosen Paraden sogar eine zweistellige Niederlage.

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© dpa

Wagner verfolgte das Debakel mit verschränkten Armen an der Seitenlinie. Nur selten rief er etwas hinein. „Das war schlecht. Wir haben nicht gut. Dass wir nach dem vierten, fünften Tor weiter nach vorne spielen wollten, das war naiv“, sagte Wagner. Das sah auch Kapitän Benjamin Stambouli so: „Nach dem 0:5 hätten wir vielleicht einfach hinten dicht machen müssen - aber das ist nicht unsere Mentalität.“

Schalke lief nicht nur auf dem Rasen in alte Muster zurück

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Doch in alte Muster wie diese fiel Schalke nicht nur auf dem Rasen zurück. Auf der Tribüne saß der ehemalige Aufsichtsrats-Vorsitzende Clemens Tönnies mitten in der königsblauen Delegation. Tönnies‘ Rücktritt am 30. Juni sollte eine Zäsur in der jüngeren Vereinsgeschichte sein — nun suggerierte er: Hat sich doch nichts geändert.

Offiziell habe er nicht zur Delegation gehört, teilten die Schalker auf unsere Nachfrage mit:„Clemens Tönnies war am Freitag im Stadion, weil er enge Freundschaften zum FCB-Präsidium pflegt. Selbstverständlich sitzt er lieber bei der Schalke Delegation.“ Tönnies und Bayern-Patron Uli Hoeneß sind seit vielen Jahren befreundet. Ob sie die Kritik vieler Fans an Tönnies‘ Besuch verstehen können, ließen die Schalker aber unbeantwortet.

Unklar bleibt auch, wie lange Wagner weiter verlieren darf. Er ist schon verantwortlich für die schwärzeste Serie der Klubgeschichte, und nun auch noch für die höchste Niederlage seit 50 Jahren. Wagner glaubt aber an eine Wende: „Bayern war einfach in herausragend guter Verfassung. Wir müssen uns schütteln, die herbe Niederlage hinnehmen. Jetzt gilt es, eine Reaktion zu zeigen.“ Und sollte die am Samstag (18.30 Uhr/Sky) gegen Werder Bremen ausbleiben, dürfte es für Wagner das letzte Spiel als Schalke-Trainer gewesen sein.