Gelsenkirchen. Schalkes Ex-Finanzchef Peter Peters erinnert sich an 2007. Warum es mit der Meisterschaft nicht klappte? Peters spricht von „Größenwahn“.

Mein lieber Himmel, heute wird’s hart: Denn es geht darum, wie Schalke im Jahr 2007 die Deutsche Meisterschaft verspielt hat. Nicht wie 2001 durch Pech. Sondern Peter Peters sagt’s ganz drastisch: „Der Verein ist damals definitiv gescheitert an Größenwahn.“ Mein lieber Himmel...

Auch heute, 13 Jahre später, ist der damalige Vorstand noch aufgewühlt, wenn das Gespräch auf die Saison 2006/ 2007 unter Trainer Mirko Slomka kommt. Denn eine solche Chance auf die Schale, die kommt wohl nie wieder. Sechs Punkte Vorsprung hatte Schalke nach dem 21. Spieltag an der Tabellenspitze, in der Halbzeitpause des 22. Spieltags waren’s gar sieben. Dann verschenkte die Mannschaft eine 2:0-Führung beim VfL Wolfsburg und verspielte schließlich alles durch Niederlagen in den Revier-Derbys beim VfL Bochum (1:2) und in Dortmund (0:2). In Bochum hatte Schalke sogar geführt, und vor dem Spiel in Dortmund hatte Gerald Asamoah angekündigt: Wenn Schalke dort den Titel holt, würde er zu Fuß nach Hause gehen...

Im Kopf war Schalke schon Meister

„Im Kopf waren wir schon Meister“, sagt Peter Peters heute und wirkt dabei nicht nachdenklich, sondern weiterhin verärgert: „Wir haben schon vorher gefeiert, und das hat dazu geführt, dass wir die Meisterschaft verschenkt haben.“

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Doch die Geschichte, die dahintersteckt, macht einiges erklärbar. Denn sie zeigt eine Mannschaft, in der sich längst nicht alle grün waren. Peters drückt es so aus: „Marcelo Bordon ist ein Bär von Mann, aber er war nicht in der Lage, diese Mannschaft zu führen.“

Der Torwart war der Teufel

Der Brasilianer Bordon zählte gemeinsam mit Spielmacher Lincoln, Verteidiger Rafinha und Torjäger Kevin Kuranyi zur Samba-Fraktion. Sie hatten auch einen Gebetskreis ins Leben gerufen und wollten ihren Glauben in die Mannschaft tragen. Auf der Schalker Geschäftsstelle stapelten sich schon die Kartons mit frisch gedruckten Bibeln („Mit Gott auf Schalke”), so dass die Lagerkapazitäten fast erschöpft waren – die angelieferten Bibeln standen allerdings in keinem Verhältnis zum späteren Gebrauch.

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Vor allem der frühere Kapitän Frank Rost, der die Binde an Marcelo Bordon hatte abgeben müssen, konnte mit diesen biblischen Angelegenheiten wenig anfangen: Für ihn seien die Glaubensbrüder „alle doof“ gewesen, während die Brasilianer die feste Überzeugung in sich getragen hätten, „dass Rost der Teufel ist“. In der Winterpause wurde das Problem scheinbar gelöst: Frank Rost, ohnehin von Manuel Neuer als Stammtorwart abgelöst, wechselte zum Hamburger SV.

Schalkes bescheidenes Motto war: „Totale Dominanz“

Frank Rost war nicht der Einzige, der ging. Schon zuvor hatte sich Schalke von einem gewissen Peter Boltersdorf getrennt. Der war als Motivationstrainer engagiert, unterzog die Spieler einem Persönlichkeitstest und entwickelte ein Motto, das auf den Shirts der Profis zu lesen war: „Totale Dominanz“.

Gott, Teufel, totale Dominanz – damit beschäftigte sich Schalke in der Saison 2006/ 2007. „Und all’ das“, sagt Peter Peters heute, „hat dazu geführt, dass die Meisterschaft in die Hose gegangen ist.“

Gelernt hatte Schalke allerdings wenig daraus. In den folgenden Jahren diente sich dem Klub sogar einmal ein Wunderheiler an, der mystische Kräfte versprach: Das von ihm energetisch aufgeladene Wasser würde auf die Spieler eine beflügelnde Wirkung ausstrahlen, wenn sie nur zur rechten Zeit davon trinken würden. Man fragt sich heute, wie das möglich war, aber 25 Flaschen dieses Wassers wechselten ebenso den Besitzer wie später angeblich 25.000 Euro. Man muss halt nur dran glauben, und auf Schalke, wo Jupp Schnusenberg 2007 zum Präsidenten aufgestiegen war, fanden sich tatsächlich Menschen, die den Glauben daran hatten.

Wenn Peters heute an diese Episode mit dem Wunderheiler denkt, sagt er nur ein Wort: Weihwasser.