Gelsenkirchen. Teil 14 der Schalke-Serie: Peter Peters erinnert sich an den letzten Arbeitstag von Rudi Assauer auf Schalke 2006. Er sollte Präsident werden.
Diesen Morgen auf der Schalker Geschäftsstelle wird Peter Peters niemals vergessen – er zeigte das ganze Drama, in dem sich der Verein inzwischen beim Umgang mit seiner wichtigsten Persönlichkeit der vergangenen Jahre befand. Rudi Assauer hatte seine Personalakte in der Hand, in der sich sein künftiger Vertrag auf Schalke befand, der von allen Seiten bereits unterschrieben worden war. Der Klub wollte ihn vom Manager zum bezahlten Präsidenten machen, um damit auch seine großen Verdienste zu würdigen. Assauer tobte: „Das habe ich nie unterschrieben“.
Im Frühjahr 2006 hatte sich die Lage um den großen Schalke-Patron weiter zugespitzt. Nachdem Assauer bereits das Scheitern der Trainer Jupp Heynckes (2004) und Ralf Rangnick (2005) mit zu verantworten hatte, gab er auch bei der Vorstellung des Nächsten keine glückliche Figur ab: „Auf den wäre ich nie gekommen“, sagte Assauer über Mirko Slomka, den Andreas Müller vom Assistenz- zum Cheftrainer befördert hatte. Müller war damals noch nicht der Manager von Schalke, sondern nur ein Sportlicher Leiter. Der Boss war nach wie vor Assauer, aber im Frühjahr 2006 entschied der Aufsichtsrat: „So kann es nicht weitergehen.“
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Schalke wusste damals noch nichts von der sich anbahnenden fürchterlichen Alzheimer-Erkrankung des 62-Jährigen. Die Verantwortlichen rätselten nur über die Gründe, warum es immer wieder neue Unstimmigkeiten gab.
Der Vertrag von Assauer als Schalke-Präsident war schon unterschrieben
Bei einer Sitzung entschied der Aufsichtsrat schließlich, Assauer eine Goldene Brücke für den Rückzug vom Posten des Managers zu bauen: Der Klub unterbreitete ihm das Angebot, bezahlter Präsident von Schalke 04 werden zu können. Der Vertrag war nicht nur finanziell sehr lukrativ, Assauer hätte weiterhin auch eine exponierte Position im Verein behalten. „Nur aus dem operativen Geschäft hätte er sich heraushalten müssen“, erklärt Peter Peters, der damals die Geschäfte des Vereins führte. Assauer habe den Vorschlag des Aufsichtsrates angenommen – schließlich hatte er schon längere Zeit auch öffentlich damit kokettiert, eines Tages das Amt des Schalke-Präsidenten übernehmen zu wollen. Nun wurde der Vertrag gemacht und abgelegt in der Personalakte, wo ihn Assauer am besagten, eingangs erwähnten Morgen entdeckte und tobte: „Das habe ich nie unterschrieben“.
Peters indes versichert: „Der Vertrag ist unterschrieben worden, auch von Rudi Assauer.“
Peter Peters: „Eine unheimliche Tragödie“
Grund für Assauers Aufruhr war eine Schlagzeile in der Bild-Zeitung, die über den neuen Job als Präsident berichtete: „Assauer ab heute nur noch Frühstücksdirektor“. So etwas wollte er nicht wahrhaben und schon gar nicht über sich lesen. Als Reflex forderte Assauer eine Generalvollmacht von Schalke, die ihm der Aufsichtsrat natürlich nicht geben konnte. Am 17. Mai 2006 wurde sein Vertrag auf Schalke aufgelöst. Formal war es ein Rücktritt.
Peter Peters, der mit Assauer seit 1993 eng und mit größtem Vertrauen zusammengearbeitet hatte, spricht von einer „unheimlichen Tragödie“, wenn er heute an den Menschen denkt, der über viele Jahre auch einer seiner Förderer war. „Unser großer Wunsch war es, ihn als Repräsentanten zu behalten“, sagt er, aber selbst dazu kam es nicht. Beim Abschied von Schalke habe Assauer ihn darum gebeten, wenigstens noch eine Tankkarte des Klubs behalten zu dürfen, und damit schloss sich der Kreis.
Als Rudi Assauer und Peter Peters 1993, also 13 Jahre zuvor, auf Schalke angefangen hatten, sperrten sie gemeinsam erst einmal alle Tankkarten, die im Umlauf waren: Denn Schalke hatte dafür kein Geld mehr.
Ein Anruf von Alexej Miller: So begann es mit Gazprom und Schalke
Assauers Aus auf Schalke fiel in die Zeit, als Deutschland sich auf die Fußball-WM im eigenen Land freute. Die Welt war „zu Gast bei Freunden“, wie es damals hieß, und an einen Gast erinnert sich Peter Peters ganz speziell: Er bekam einen Anruf, dass sich ein gewisser Alexej Miller ganz gerne einmal auf Schalke ein wenig umschauen würde.
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Miller war der Chef des russischen Energieriesen Gazprom, der sich dafür interessierte, auf Schalke als Sponsor einzusteigen. „Am Telefon hat er gesagt, dass er den Klub gerne mal sehen möchte“, erzählt Peter Peters: „Wir haben uns dann getroffen und ich habe ihn stundenlang durch unsere Veltins-Arena geführt.“ Der prominente Gast kam ganz leger in Turnschuhen, Jeans und T-Shirt und trat überhaupt nicht wie einer auf, vor dem man sich in Acht nehmen müsste.
Es war der 22. Juni 2006 – Peter Peters kann sich an das Datum deswegen noch so gut erinnern, weil an diesem Abend in Dortmund das WM-Spiel zwischen Brasilien und Japan (4:1) stattfand. Es war auch der Tag, an dem mit Gazprom alles begann. Schalke konnte den Vertrag mit dem bisherigen Hauptsponsor Victoria in den folgenden Monaten auflösen – ab Anfang 2007 war Gazprom der neue Trikotsponsor. Bis heute.