Gelsenkirchen. Die Kündigung von 24 Fahrern der Nachwuchsspieler hat Schalke viel Ärger eingebracht. Der Verein betont, er werde das „sozialverträglich“ regeln.

Sie sind angespannt auf Schalke, nach wie vor. Daran änderte auch das respektable 1:1 vom Sonntag gegen den Champions-League-Aspiranten Bayer Leverkusen nichts, dazu waren die Wochen zuvor mit lediglich einem Punktgewinn aus fünf Spielen zu zermürbend. Dazu die Finanzkrise, die Unsicherheit durch Corona, die Trennung von Finanzvorstand Peter Peters – da ist es wenig verwunderlich, wenn die Verantwortlichen gereizt reagieren. So wie Trainer David Wagner am Sonntag nach dem Spiel und Sportvorstand Jochen Schneider vor dem Spiel, jeweils in Interviews mit dem TV-Sender Sky.

Schneider hatte sich über einen Bericht dieser Zeitungf aufgeregt, der am Wochenende viel Staub aufgewirbelt hatte: Der Verein hatte 24 altgedienten Fahrern der Nachwuchs-Abteilung „Knappenschmiede“ gekündigt – Mitarbeiter, die größtenteils über 400- oder 450-Euro-Verträge beschäftigt wurden. Den Fahrdienst soll künftig ein externer Dienstleister übernehmen.

Schneider betonte am Montag im Gespräch mit dieser Redaktion, dass er in diesem Vorgang kein neues Aufregerthema sieht – nach der eingestandenen Blamage um den äußerst fragwürdigen Umgang mit dem treuen Publikum in der Frage der Ticket-Rückerstattung.

Schneider: „Unstrittig richtige Entscheidung“

„Da haben wir zweifelsohne einen großen Fehler gemacht, diesmal nicht“, sagt der 49-Jährige. Die „unstrittig richtige“ Entscheidung über den Fahrdienst sei bereits vor langer Zeit getroffen und jetzt umgesetzt worden, „weil ohnehin gerade niemand fährt“.

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Es gelte dabei zwei Ebenen zu berücksichtigen: die unternehmerische – und die soziale. „Wir müssen den Verein auch nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten führen“, erklärt Schneider. „Aber wir lassen keinen fallen, dessen Lebensunterhalt an dieser Anstellung hängt.“ Diese Fahrer würden neue Jobs bekommen: in einem anderen Bereich des Vereins, bei einer Tochtergesellschaft oder aber bei dem externen Dienstleister.

Outsourcing ist in der Wirtschaft üblich

Schalke 04 handelt in diesem Fall tatsächlich nicht anders als viele andere Unternehmen, die sich in der Krise zum Sparen gezwungen sehen. Outsourcing ist in der Wirtschaft üblich, auf Schalke allerdings kommt es so gut an wie Helene Fischer bei AC/DC-Fans. Denn dieser Verein pflegt das selbst plakatierte Image des Kumpel- und Malocherklubs, er propagiert das Marketing-Motto „Wir leben dich“. Und wann, wenn nicht in Krisen-Zeiten, sollten tausend Freunde tatsächlich zusammensteh’n?

Das Signal, das Schalke hier gesendet hat, ist daher fatal. Bei den Geringverdienern zu sparen, das führt halt zu Verärgerung, wenn die Großverdiener am Ball gleichzeitig wochenlang nur höchst unzureichend ihren Job machen. So wird das Leitbild zum Leidbild – ein gefährlicher Schlingerkurs.

Fahrer: „Wir haben noch nichts gehört“

Jochen Schneider kennt diese Empfindlichkeiten sehr wohl, es ist ihm wichtig, dass Schalke nicht als hartherzig dasteht: „Wir haben bei Mitarbeitern, die in Kurzarbeit sind, die Differenz oben drauf gelegt“, berichtet er. Und die Kündigungen für den Fahrdienst wolle der Verein „sozialverträglich abwickeln“.

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Die Fahrer sind gespannt. „Wir haben noch nichts gehört“, sagte einer von ihnen, der nach wie vor empört ist, am Montag dieser Redaktion. „So geht man nicht mit Arbeitnehmern um. Dabei hängen wir doch alle an diesem Klub.“

Als der Verein die Betroffenen Anfang Mai in Kleingruppen über die bevorstehende Kündigung informiert hatte, waren Tränen geflossen. Es seien Alternativjobs wie Greenkeeper oder Hausverwalter im Internat in Aussicht gestellt worden. Doch auch die Betriebsratsvorsitzende Martina Lenz („Wo bleibt das moralische Bewusstsein des Vereins?“) berichtete am Montag, dass sich aktuell mehrere Fahrer bei ihr gemeldet hätten – keiner von denen sei darüber informiert worden, was genau man mit ihm vorhabe.

Einige Fahrer wollen Kündigungsschutzklagen beim Arbeitsgericht einreichen. Der rationale Vorgang wird den emotionalen Verein also noch eine Zeit lang weiter beschäftigen.