Gelsenkirchen. Jochen Schneider vertraut weiter auf Trainer David Wagner. Von einigenSpielern sind die Schalker in der Krise aber besonders enttäuscht.
Es ist eine Meldung, die so gar nicht zur Stimmungslage rund um den FC Schalke 04 passen mag. Schalke 04 gehört zu den Top 15 der wertvollsten Fußball-Marken der Welt, wie die Wirtschaftsprüfer der KPMG ermittelt haben. Real Madrid, Manchester United, Juventus Turin, Schalke – das klingt nach großem Fußball. Doch das ist Vergangenheit. Die Realität für die Königsblauen: zehn Bundesligaspiele ohne Sieg, grauenvoller Fußball, finanziell am Abgrund, der Trainer ist umstritten – und nach der 1:2-Pleite beim Abstiegskandidaten Fortuna Düsseldorf am Mittwochabend droht zum zweiten Mal in Folge eine Saison ohne Europapokal. Das gab’s zuletzt vor 20 Jahren.
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Fünf Punkte beträgt der Rückstand auf den Tabellensechsten VfL Wolfsburg. Sportvorstand Jochen Schneider gibt fast auf: „Europa ist bei unseren derzeitigen Leistungen weit weg und aktuell definitiv kein Thema. Wir verschließen nicht die Augen vor der bitteren Realität.“
Schalkes Talfahrt dauert vier Monate an
Und diese Realität offenbart viele Probleme – angefangen bei Trainer David Wagner. Auch wenn fünf Spieler verletzt fehlen, stehen ihm fast ausschließlich A- und U21-Nationalspieler zur Verfügung. In Düsseldorf trat Schalke aber mit einer Mauertaktik an. Und Wagner sagte dazu auch noch: „Das ist die einzig richtige und einzig mögliche Formation, um wieder Torgefahr zu entwickeln, um unter Umständen wieder Punkte zu holen.“ Vier Monate hält Schalkes Talfahrt nun an, und Wagner fällt nicht mehr ein, als das eigene Tor zu verbarrikadieren?
Schneider verzeiht ihm diese Taktik: „Der Ansatz ist in unserer Situation okay.“ Dem heftig in die Kritik geratenen Trainer gibt er eine Job-Garantie über das Saisonende hinaus: „Wir werden die richtigen Schlüsse aus dieser Krise ziehen, im Sommer die notwendigen Entscheidungen treffen und mit Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison mit David Wagner den roten Faden wieder aufnehmen.“
Zu großes Gefälle im Schalke-Kader
Schneider verteilt die Schuld auf viele Schultern: „Management, Trainer und Spieler tragen gemeinsam die Verantwortung.“ Das ist übliche Profifußball-Rhetorik. Klar ist aber: Von einigen Spielern sind die Schalker besonders enttäuscht. Am Donnerstagmorgen gab es eine Ansprache der Bosse in der Kabine. Namen nannte Schneider nicht: „Wir werden die Spieler der Öffentlichkeit nicht zum Fraß vorwerfen.“ Doch wen die Schalker meinen, ist nach der Niederlage in Düsseldorf nicht schwierig zu erraten.
Da wäre Weston McKennie. Der US-Nationalspieler hatte in einem Interview bekannt, an freien Tagen bis 13 Uhr zu schlafen, um bis in den Abend hinein auf der Couch zu sitzen und sich TV-Serien anzuschauen. Eine Einstellung, die nach Informationen dieser Redaktion die sportliche Leitung verärgerte. Vor allem, weil McKennie seit Wochen schlecht spielt. In Düsseldorf patzte Schalke nach Standardsituationen: „Wir müssen mehr Willen an den Tag legen, um das besser zu verteidigen.“ Dieser Gruß ging an Abwehrspieler Matija Nastasic. Und Beispiele dieser Art gibt es einige.
Es zeigt sich, dass der Kader nicht ausgeglichen zusammengesetzt ist; vom Leistungspotenzial her besteht ein zu großes Gefälle. Andersherum ähneln sich die Spieler in einem Punkt wiederum viel zu sehr: Wenn es um die Mentalität geht. Es fehlen vor allem die Führungsspieler.
Am Samstag folgt der elfte Versuch, wieder ein Spiel zu gewinnen. Gegner ist dann zum dritten Mal in Folge ein Abstiegskandidat, diesmal Werder Bremen (15.30 Uhr/Sky). Gut möglich, dass Schalke wieder mauert. Ohne Fans im Stadion ist eine „handfeste Krise“, wie Schneider sie nennt, leichter zu ertragen.
Fragwürdige Treueschwüre auf Schalke
Wagner sollte sich nicht sicher sein, dass er endlos weiter verlieren darf. Treueschwüre waren auf Schalke und bei den aktuell Verantwortlichen schon von kurzer Dauer. Kaderplaner Michael Reschke feuerte in seiner Zeit in Stuttgart einen Trainer wenige Stunden nach einer Garantie und sagte: „Flunkern gehört in diesem Job dazu.“ Auch Schneiders Meinung änderte sich schon. Vor einem Jahr gab er Domenico Tedesco abends die Zusage, noch ein Spiel zu bekommen. Am Morgen danach folgte die Entlassung. „Die Stimmung war in allen Bereichen niedergeschlagen“, sagte er. Ein Szenario, das bald erneut droht.