Gelsenkirchen. Schalke 04 trifft am Samstag nach der Corona-Pause im Revierderby auf den BVB. Der Nationalspieler spricht über die ungewöhnlichen Umstände.
Für die Profis des FC Schalke 04 ist die Welt momentan klein. Die Wege zwischen Quarantäne-Hotel, Umkleidekabine und Trainingsplatz sind überschaubar, auch für Suat Serdar. Wenn Schalke am Samstag (15.30 Uhr/Sky) zum Revierderby bei Borussia Dortmund antritt, ist der 22-jährige Nationalspieler wieder dabei – ein gebrochener Zeh hatte im Februar und März Einsätze verhindert. Er und seine Schalke-Kollegen bereiten sich auf das wohl ungewöhnlichste Derby der Bundesliga-Geschichte vor. Ein Gespräch über Corona, Vorschriften und seinen Vertrag.
Herr Serdar, im Januar haben Sie im Interview mit dieser Zeitung gesagt, wenn Sportvorstand Jochen Schneider kommen und einen neuen Vertrag anbieten würde, würden Sie nicht nein sagen. Ist er gekommen?
Suat Serdar: (lacht) Momentan steht der Fußball an erster Stelle. Da gibt es ganz andere Sorgen. Erst einmal wollen wir weiterspielen, der Rest ergibt sich dann.
Bevor das Angebot von Schalke 04 kam, waren Sie eigentlich mit der TSG Hoffenheim einig. Warum haben Sie sich eigentlich im Sommer 2018 umentschieden?
Ich kenne den damaligen Manager Christian Heidel schon lange – bei ihm hatte ich in Mainz meinen ersten Vertrag unterschrieben. Ich habe mich sehr gefreut, als er angerufen hat und wollte das unbedingt machen – auch wenn mir viele erst nicht zugetraut haben, dass ich mich auf Schalke durchsetze. Doch die Fans sind einzigartig, das Stadion überragend. Ich hatte sehr gute Gespräche mit Christian und auch mit dem damaligen Trainer Domenico Tedesco. Da fiel mir die Entscheidung leicht. Die erste Saison war leider nicht die beste, da ging einiges schief. Aber ich bin froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin.
Vor fast genau einem Jahr bedeutete das Derby in Dortmund, der 4:2-Sieg im Abstiegskampf, ihren Durchbruch. Inzwischen sind Sie sogar Nationalspieler. Was ist passiert?
Eine gute Frage… Es war die U21-EM im Sommer 2019, die mich zum Nachdenken brachte. Denn dort habe ich wenig gespielt. Und ich habe mir vorgenommen, dass es so nicht weitergehen kann. Dass ich an mir arbeiten muss, um eine Führungsrolle zu übernehmen. Nach einer guten Vorbereitung habe ich leider die ersten Spiele verletzt verpasst. Seit dem 5:1 in Paderborn am dritten Spieltag lief es dann sehr gut – bis ich mich leider verletzt habe.
Zum ersten Mal ist das Geisterspiel ein Derby. Wie bereiten Sie sich auf diese Atmosphäre vor?
Ich denke, man kann es von der Atmosphäre her mit einem Jugend-Spiel vergleichen, als vielleicht mal 30 Zuschauer plus Auswechselspieler da waren. Ohne die übliche Stimmung ist es eine komische Situation. Aber daran müssen wir uns nun erstmal gewöhnen. Klar ist aber auch: Keine Mannschaft hat mehr einen Heimvorteil, alles ist ausgeglichen. Es geht darum, wer sich am besten fokussieren kann.
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Momentan befinden Sie sich mit ihrer Mannschaft in der Quarantäne. Wie ist das Leben im Hotel?
Wie im Trainingslager. Nur mit dem ganz wichtigen Unterschied, dass man nun einen Mundschutz trägt – egal ob man zum Essen geht, zum Trainingsplatz oder zur Behandlung.
Wie erleben Sie die Quarantäne?
Die Anfangszeit war natürlich sehr gewöhnungsbedürftig für uns alle. Man macht sich viele Gedanken, beispielsweise um die eigenen Eltern. Mittlerweile hat es sich etwas beruhigt. Aber die Situation erfordert es, viele Dinge zu beachten, dass wir uns nicht zusammen über ein Tor freuen können, dass wir uns nicht abklatschen oder mal umarmen können.
Wirken sich die Vorschriften auf Ihr privates Umfeld aus?
Ich konnte bereits seit längerer Zeit meine Eltern nicht mehr sehen, weil sie in Mainz wohnen. Vor Corona war das anders, da haben sie mich häufig besucht. Da die Bundesliga nun wieder beginnt, müssen die Auflagen natürlich noch strenger eingehalten werden, um den Spielbetrieb nicht zu gefährden.
Es gibt Bundesliga-Spieler, die anmerken, nicht alle Profis seien gefragt worden, ob sie wieder spielen möchten. Wie war das auf Schalke?
Bei uns wurde viel miteinander geredet – innerhalb der Mannschaft sowieso, aber auch mit unserem Trainer und Jochen Schneider. Alle in der Mannschaft waren dafür, dass es weitergeht. Denn wir wollen die Saison, die in der Hinrunde so stark begann, unbedingt zu Ende bringen.
Über das Image von Fußballprofis wird aktuell viel diskutiert – es gibt viel Lob für Profis, die auf Geld verzichten, Spendenaktionen durchführen. Aber eben auch Kritik an einer Parallelwelt mit zu hohen Gehältern…
Wir haben als Mannschaft auf einen Teil unseres Gehalts verzichtet – und das liebend gern, um dem Verein zu helfen. Aber von den üblichen Diskussionen, ob zum Beispiel die Gehälter zu hoch sind oder nicht, halte ich mich bewusst fern. Meine Aufgabe ist es, Fußball zu spielen und darauf konzentriere ich..
Wie haben Sie auf das Handy-Video von Salomon Kalou reagiert?
Der Trainer hat uns deshalb erneut darauf hingewiesen, dass wir in den sieben, acht entscheidenden Wochen sehr professionell sein müssen, uns keine Fehler erlauben dürfen. Es wird sehr darauf geachtet, wie wir die Sache meistern. Ich finde, dass alle Profis Verantwortung übernehmen müssen. Denn wir wollen die Bundesliga fortsetzen und ich glaube, auch die Fans freuen sich darauf , wieder Unterhaltung zu haben, endlich wieder zu Hause mitfiebern zu können.
Im Sommer können die Fans nicht mit der Nationalmannschaft fiebern. Sind Sie traurig, dass die EM verschoben wurde – oder freuen Sie sich auf den Urlaub?
(lacht) Naja, Urlaub im eigentlichen Sinne kann man das wahrscheinlich nicht nennen. Man kann ja nicht so weit reisen. Ich denke, ich werde deshalb nach Mainz zu meiner Familie fahren. Es ist schade, dass die EM verschoben wurde, aber so haben wir ein Jahr mehr Zeit, als Team zusammenzurücken – und ich persönlich, mich weiterzuentwickeln.
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Schalkes Legende Mike Büskens sagt immer, Sie wüssten gar nicht, wie gut Sie sind…
Immer, wenn ich ihn sehe, kommt dieser Satz. (lacht) Und als er Co-Trainer war, durfte ich mir diesen Satz jeden Tag anhören. Es ist schön, so eine Wertschätzung zu erfahren.