Gelsenkirchen/ Moskau. Ex-Schalke-Trainer Domenico Tedesco wurde am Montag bei Spartak Moskau vorgestellt. Russland-Experte Stoffelshaus erklärt, was Tedesco erwartet.
Um 18.10 russischer Zeit war es am Montag soweit: Da wurde Domenico Tedesco im Rahmen einer Pressekonferenz als neuer Trainer von Spartak Moskau vorgestellt. Die Formalitäten wurden tagsüber erledigt, Tedesco unterschrieb einen Vertrag bis 2021. Auch sein noch bis 2022 datierter Vertrag auf Schalke wurde am Montag aufgelöst. „Wir wünschen Domenico für seine neue Herausforderung bei Spartak Moskau alles erdenklich Gute“, sagt Schalkes Sportvorstand Jochen Schneider.
Für Tedesco ist es die dritte Station als Profitrainer nach dem Zweitligisten Erzgebirge Aue und Schalke 04, wo er im März dieses Jahres freigestellt wurde.
Stoffelshaus: Spartak ist wie Bayern in Deutschland
Der neue Job von Domenico Tedesco ist zweifellos ebenso schwierig wie reizvoll – das weiß Erik Stoffelshaus zu berichten. Der frühere Schalker Stoffelshaus (48) kennt den russischen Fußball aus seiner Zeit als Sportdirektor bei Lokomotive Moskau aus dem Effeff und sagt im Gespräch mit der WAZ: „Spartak Moskau ist definitiv der größte Klub in Russland, von der Fanbasis her vergleichbar mit Bayern München in Deutschland.“ Allerdings: Der russische Rekordmeister läuft seit Jahren den riesigen Erwartungen hinterher, „Spartak ist gefangen zwischen Anspruch und Wirklichkeit“, warnt Stoffelshaus.
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Die goldenen Jahre, in denen Spartak regelmäßig Meister wurde (zehnmal russischer Meister plus zwölfmal sowjetischer Meister) liegen lange zurück. Seit 2001 gab’s nur noch einen Meistertitel in der Saison 2016/17. „Das“, sagt Stoffelshaus, „geht aus Sicht von Spartak gar nicht. Die wollen jedes Jahr um die Meisterschaft spielen, aber sie tun es nicht. Und viele Trainer haben sich daran versucht.“
Viele Trainer, hoher Anspruch
Der Trainer-Verschleiß bei Spartak ist enorm: Tedescos Vorgänger Oleg Kononov blieb nur 321 Tage im Amt, nach seinem Rauswurf Ende September sprang Sergey Kuznetzov als Interims-Trainer ein. Auch mehrere Trainer aus dem Ausland waren bei Spartak, ein Mann wie der Spanier Unai Emery (später FC Sevilla, Paris Saint-Germain und heute FC Arsenal) hielt sich im Jahr 2012 nur sechs Monate. „Die Erwartungshaltung ist massiv“, berichtet Stoffelshaus und zieht einen Vergleich aus eigener Erfahrung: Als er mit Lokomotive Moskau 2018 russischer Meister wurde, hätten die Zeitungen immer noch sehr viel größer über Spartak berichtet. „Wir konnten mit Loko immer unter dem Radar fliegen“, so Stoffelshaus.
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Domenico Tedesco kann das mit Spartak nicht: Der Deutsch-Italiener wird in der riesigen Metropole sofort die Blicke der Sport-Fans auf sich ziehen. Zum Standortwechsel kann Stoffelshaus aber nur gratulieren: „Die Stadt ist super.“ Restaurants, Infrastruktur – alles vom Feinsten. Stoffelshaus lebte mit seiner Familie knapp zwei Jahre in Moskau.
Schon in zwei Wochen Duell mit Höwedes
Fast ein wenig amüsant hingegen: Tedesco ist nun in derselben Stadt wie Benedikt Höwedes gelandet. Der frühere Schalke-Kapitän, dem Tedesco im Sommer 2017 die Binde wegnahm, spielt seit 2018 für Lokomotive Moskau. In die Quere kommen müssen sich beide in Moskau aber nicht, wie Stoffelshaus mit einem Augenzwinkern anmerkt: Die Trainingszentren beider Klubs liegen weit auseinander. „Die Stadt ist so riesig,, da läuft man sich nicht so schnell über den Weg.“
Rein privat, versteht sich, denn sportlich steht das erste Treffen zwischen Tedesco und Höwedes sogar sehr bald an: Am 27. Oktober muss Spartak bei Lokomotive antreten. Höwedes hat dann den Heimvorteil und noch ein Plus auf seiner Seite: Denn bei Lok läuft es in dieser Saison bisher ausgezeichnet – die Mannschaft liegt in der Liga auf Platz drei und hat nach zwölf Spielen zwölf Punkte mehr als Spartak.