Gelsenkirchen. Dass Schalke mit dem 1:1 die Tabellenführung verpasste, hat für Torwart Nübel „gar keine Rolle gespielt“. Für seine Paraden bekam er viel Lob.

Es hätte die Parade zur Tabellenführung sein können, als Alexander Nübel in der 90. Minute mit einem schier unfassbaren Hechtsprung den Schuss von Anthony Modeste unten aus dem Eck fischte. Mit solchen Paraden kann mit Großes gewinnen, aber der Torwart des FC Schalke 04 ahnte in diesem Moment schon, dass da noch etwas kommen würde. „Ich war da schon ein bisschen in Sorge, weil die Zuteilung vorher nicht gepasst hatte”, sagte Nübel nach dem Spiel auf WAZ-Nachfrage.

Und so war seine Wahnsinns-Parade gegen Modeste nicht der Schalker Sprung an die Spitze, weil Jonas Hector nach dem folgenden Eckball noch zum 1:1 für den 1. FC Köln traf. Mit einem Sieg wäre Schalke Tabellenführer geworden.

Schalke-Stürmer Kutucu ließ sich von Hector abkochen

Kapitän Nübel hatte vor dem Eckball extra noch einmal Alarm geschlagen: „Ich habe noch einen Spieler nach vorne gezogen, aber der ist dann nicht als Erster an den Ball gekommen.” Gemeint war Ahmed Kutucu, der sich von Nationalspieler Hector beim kurz getretenen Eckball abkochen ließ. Als Trainer David Wagner die Szene nach dem Spiel analysierte, konnte er seinem Talent einen kleinen Tadel nicht ersparen: „Das muss man besser verteidigen, da darf man vor dem Gegenspieler sein.” Aber, schob Wagner hinterher: “Der Junge ist 19 Jahre alt.” Und damit ist alles über diese ärgerliche Szene gesagt.

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Was Nübel an diesem Tag leistete, ist hingegen noch einmal eine Hervorhebung wert. Schon vor dem Modeste-Schuss hatte er zweimal einen Gegentreffer verhindert, das erste Mal in Minute 21 gegen Kingsley Ehizibue rettete er sogar mit seiner breiten Brust, weil der Kölner genau auf seinen Körper köpfte: „Ich stehe da und brauche nicht die Hände nehmen, wenn ich da die Brust habe.” Nübel gab ehrlich zu: „Wenn er den gut setzt aus fünf Metern, habe ich wenig Chancen.” Beim zweiten Kopfball von Simon Terodde in Minute 57 musste sich Schalkes Keeper aber ganz lang machen: „Ja, das ist richtig”, bestätigte er: „Gemeinsam als Team haben wir das gut verteidigt.”

Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus war am Sky-Mikrofon nicht ganz so bescheiden und adelte Nübel als „das Torwart-Talent in Deutschland, das wir in seinem Alter haben”. Matthäus staunte: „Er zieht die Bälle irgendwie an, er ist immer da. Er riecht auch, wohin die Bälle kommen.” Dabei konnte Nübel in der Woche vor dem Köln-Spiel kaum trainieren, nachdem er am Dienstag Adduktoren-Beschwerden verspürte. Wie die Probleme einzuschätzen waren, wusste der 23-Jährige nicht, „weil ich sowas noch nicht kannte.” Doch vor dem Spiel war „alles wieder weg.”

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Dass der Torwart auch während der 90 Minuten so sehr im Blickpunkt stand, zeigt, dass Schalkes Mannschaft nicht den allerbesten Tag erwischt hatte. In der ersten Halbzeit kamen die Blauen nur ganz selten einmal in die Position, ihr typisches Spiel mit dem aggressiven und frühen Anlaufen des Gegners aufzuziehen. Die Kölner hätten Schalkes Fußball der vergangenen Wochen gut analysiert, befand Nübel: „Das gehört auch dazu.” Und als er den Gegner loben wollte, rutschte ihm der Spruch des Tages raus: „Das sind ja keine Karnevalsvereine hier, obwohl Köln ja…” Durchaus als Karnevalsverein durchgeht… Nübel: „Die können alle Fußball spielen.”

Nübel sieht Schalkes Entwicklungsschritt während des Spiels

Schalke hatte nicht so viele Räume wie beim Sieg zuletzt in Leipzig und musste sich den Gegner auch mit taktischen Korrekturen (McKennie kam in der zweiten Halbzeit für den schwachen Uth) erst einmal zurechtlegen. Dass diese Korrekturen griffen, war für den Kapitän auch eine Erkenntnis: „Wir haben den Entwicklungsschritt schon während des Spiels getan. Nachdem wir die erste Halbzeit nicht gut gespielt haben, war es in der zweiten wesentlich besser.” Umso bitterer für ihn, dass in der Nachspielzeit dann noch der Ausgleich fiel. Mit Blick auf die vielen Konterchancen, die Schalke nach der 1:0-Führung durch Suat Serdar (72.) in der Schlussviertelstunde liegen ließ, kritisierte der Keeper aber: „Wir hätten vielleicht in der regulären Zeit schon das 2:0 machen können und dann gewinnen wir das Spiel ganz klar.”

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So hatte Schalke zum ersten Mal seit Wochen nicht das Matchglück, um den Sieg nach Hause zu bringen - „das tut weh, ganz klar”, gestand Nübel. Wobei er versicherte, dass die verpasste Tabellenführung für ihn „gar keine Rolle gespielt” habe. Der Kapitän behauptete sogar, dass die Mannschaft vor dem Spiel gar nicht wusste, dass Schalke mit einem Sieg hätte Tabellenführer werden können - er habe die Ergebnisse der Spiele am Nachmittag gar nicht gekannt.

Dabei läuft doch in der Kabine stets ein Fernseher...