Gelsenkirchen. Der Schalke-Chef darf in nächster Zeit an keiner Sitzung teilnehmen. Ansprechpartner im Vorstand ist nun Jens Buchta. S04 kämpft um seinen Ruf.
Wer lange Strecken des Weges gemeinsam geht, der weiß, welche Gewohnheiten der andere hat. Der rührige Schalker Ehrenrat Jochen Dohm (Vereinsmitglied seit 1989) schätzt Clemens Tönnies (Aufsichtsrat seit 1994) zum Beispiel als regelmäßigen Kirchgänger. Dohm ist evangelischer Pfarrer im Ruhestand: An Tönnies hat er lediglich auszusetzen, dass dieser in Ostwestfalen „der anderen Fraktion“ zugehörig sei – also der katholischen. Am 1. September wird Pfarrer Dohm trotz Ruhestand seine nächste Predigt halten: Ob es dabei auch um Buße geht, steht noch nicht fest.
Pfarrer Dohm ist der Vorsitzende des Ehrenrates, der am späten Dienstagabend die vorübergehende, auf drei Monate befristete Pause von Tönnies im Schalker Aufsichtsrat absegnete. Eine Entscheidung, die außerhalb des königsblauen Planeten auf Kritik stieß: Vor allem, weil es den Anschein hatte, dass Tönnies seine Buße selbst festlegen durfte – zumindest wurde in der Kommunikation der Weg gewählt, er lasse sein Amt von sich aus ruhen.
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Langjährige Schalker halten die getroffene Entscheidung für angemessen: Wenn jemand sein Amt für drei Monate ruhen lasse, dann sei dies ein klares Schuldeingeständnis, so der Tenor. Schalke-intern wird das Agreement akzeptiert: „Die haben sicher ihre Gründe gehabt“, sagte einer, der schon lange dabei ist.
DFB-Gremium tagt im August
Die DFB-Ethikkommission wird darüber noch beratschlagen. Am 15. August wird das Gremium über den Fall Clemens Tönnies diskutieren. Sie kann nur Untersuchungen einleiten und bei hinreichendem Tatverdacht Anklage bei der Ethik-Kammer des Sportgerichts erheben. Die Entscheidung des Ehrenrates wird die der Kommission wahrscheinlich beeinflussen.
Einer der Gründe für die Entscheidung des Ehrenrates, so steht zu vermuten, ist, dass Tönnies nicht irgendwer auf Schalke ist. Seit 25 Jahren steht der Unternehmer aus Rheda-Wiedenbrück für Schalke. Mehrmals hat er dem Verein geholfen, noch unmittelbar vor der jüngsten Jahreshauptversammlung Ende Juni hatten sich Mitglieder des Vorstands für seine Wiederwahl stark gemacht, weil „der Verein ohne ihn in ganz andere Fahrwasser geraten könnte“ (Alexander Jobst). Die jetzt anstehende, dreimonatige Amtspause ist dagegen zu bewältigen: Tönnies darf den Verein in dieser Zeit nicht repräsentieren, hat keine Entscheidungsbefugnis und darf natürlich nicht persönlich an Sitzungen des Aufsichtsrates teilnehmen.
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Das Schalker Kontrollgremium tagt einmal pro Quartal – eine Sitzung wird „CT“ also verpassen. Dass er natürlich in dringenden Fällen nicht aus der Welt ist, ist eine andere Sache. Im Tagesgeschäft hat Tönnies aber ohnehin keine Funktion: Die Verträge von den neuen Spielern, die Schalke noch bis zum Transferschluss am 2. September verpflichten muss, unterschreibt der Vorstand mit Alexander Jobst, Peter Peters und Jochen Schneider. Erster Ansprechpartner im Aufsichtsrat ist statt Tönnies nun Rechtsanwalt Jens Buchta (55), seit Jahren der stellvertretende Vorsitzende.
Pfarrer Jochen Dohm, der Vorsitzende des aus fünf Personen bestehenden Ehrenrates, äußerte sich am Mittwoch nicht. Dafür verbreitete der Vorstand aber eine Erklärung, die deutlich macht, dass Schalke nun auch um seinen Ruf kämpft: „Wir sind uns des Schadens bewusst, den der Verein in den letzten Tagen erlitten hat“, heißt es in dem von Alexander Jobst, Peter Peters und Jochen Schneider unterzeichneten Schreiben. Schalke stehe für eine weltoffene, freie und multikulturelle Gesellschaft. Diesen Ruf des Vereins lasse man „nicht auf eine diskriminierende Aussage reduzieren“.
Diese Aussage ist das Zitat von Clemens Tönnies, das Schalke nicht zur Ruhe kommen lässt.