Gelsenkirchen. Kein anderer Trainer holte so viele Titel an den Schalker Markt wie Hans „Bumbas“ Schmidt. Der Franke impfte den Schalker die nötige Härte ein.
Mit David Wagner präsentierte der FC Schalke 04 gerade den 54. Chefcoach seiner Bundesliga-Historie und hofft, dass der 47-Jährige den Verein nachhaltig prägen kann – so wie einige seiner Vorgänger. An diese erinnern wir in den kommenden Wochen in der neuen WAZ-Serie „Die großen Schalker Trainer“, die heute beginnt.
Als Hans Schmidt Gelsenkirchen im Sommer 1938 verließ, war der FC Schalke 04 nicht mehr wiederzuerkennen: In nur fünf Jahren hatte „Bumbas“ den aufstrebenden „Polackenverein“ in Deutschlands erfolgreichsten und populärsten Fußballklub verwandelt. Drei Deutsche Meisterschaften (1934, 35, 37), ein Pokalsieg (der das Double 1937 bedeutete) sowie wettbewerbsübergreifend sieben Finalteilnahmen stehen für den Erfolgscoach zu Buche. „Schmidts Vermächtnis ist, dass bis heute kein Schalker Trainer erfolgreicher war“, erklärt S04-Vereinshistorikerin Christine Walther. Doch nicht nur das: Ohne „Bumbas“ (Fränkisch für: Furzknoten) hätte es die große Ära der Königsblauen womöglich nie gegeben. „Das lässt sich schwer überprüfen“, sagt Walther, „aber Fakt ist, dass die Mannschaft um Fritz Szepan und Ernst Kuzorra erst unter ihm den ganz großen Durchbruch schaffte.“
0:3-Niederlage im Finale 1933 gegen Fortuna Düsseldorf
Bis heute gilt Schmidt als Vater des Schalker Kreisels, was jedoch nur bedingt richtig ist, wie Walther unterstreicht: „Schon seit den 1920er-Jahren praktizierte Schalke erfolgreich dieses aus England importierte Kurzpassspiel. Spätestens Anfang der 1930er-Jahre gehörte die Mannschaft zu den besten im Land.“
1933 erreichte S04 unter dem damaligen Übungsleiter Kurt Otto erstmals das Finale um die Deutsche Meisterschaft, unterlag jedoch klar mit 0:3 gegen Fortuna Düsseldorf. Einerseits war man ganz nah dran gewesen am großen Triumph, andererseits schien doch noch etwas Wesentliches zu fehlen. Ein absoluter Top-Trainer? Kurt Otto musste seinen Hut nehmen. Ein neuer Besen sollte her – und sämtliche Zweifel an einer grandiosen Schalker Zukunft hinwegfegen...
Hans Schmidt war als Spieler viermal Deutscher Meister
Fündig wurden die S04-Verantwortlichen um Präsident Fritz „Papa“ Unkel beim Reviernachbarn Schwarz-Weiß Essen, den ein gewisser Hans Schmidt in den zwei vorangegangenen Spielzeiten zu Meister- und Vizemeister-Ehren in der Ruhrbezirksliga (Staffel 1) geführt hatte. „Bumbas“, wie er allerorts gerufen wurde, stammte eigentlich aus Franken, wo in den 1920er-Jahren das Herz des deutschen Fußballs geschlagen hatte. Nach vier Meistertiteln als Spieler mit der Spielvereinigung Fürth (1914) und dem 1. FC Nürnberg (1924, 25, 27) eilte Hans Schmidt auch als Trainer ein Ruf wie Donnerhall voraus. Zu Recht, wie sich herausstellen sollte: Schon bald pflanzte „Bumbas“ sein eigenes Sieger-Gen in die Herzen der hochtalentierten, aber mitunter wankelmütigen Kreisel-Künstler.
„Er machte Schalke härter, selbstbewusster und siegessicherer“, berichtete der sechsmalige Meisterspieler Hans Bornemann 1954 im Jubiläums-Vereinsmagazin. „Die Mannschaft war technisch ausgereift und spielte einen vollendeten Fußball. Doch sie war zu sensibel, und darum setzte Bumbas den Hebel an der richtigen Stelle an.“ Zusätzlich baute Schmidt junge, dynamische Kräfte wie Ala Urban, Ernst Poertgen und Ernst Kalwitzki ins Team ein und trimmte die bisweilen verspielt wirkenden Endlos-Ballstafetten auf brutale Effizienz. So wurde Schalke für lange Zeit nahezu unbesiegbar.
Fritz Szepan und Ernst Kuzorra drehen den 0:1-Rückstand
Am Ende seiner Premierensaison bei den Knappen (1933/34) krönte sich „Bumbas“ mit dem frenetisch umjubelten ersten Meistertitel der blau-weißen Klubgeschichte. Im Finale vor 45.000 Zuschauern im Berliner Poststadion wandelten die Torschützen Szepan und Kuzorra einen 0:1-Rückstand gegen Schmidts früheren Verein Nürnberg in einen verdienten 2:1-Sieg um. Im Jahr darauf durfte der neue Erfolgscoach abermals die Viktoria (so hieß die damalige Meister-Trophäe) in die Luft stemmen, diesmal nach einem spektakulären 6:4-Erfolg über den VfB Stuttgart.
1936 scheiterte S04 zwar im Meisterschafts-Halbfinale am späteren Titelträger Nürnberg, doch schon 1937 war die Viktoria nach einem 2:0-Finalsieg über den Club zurück in Gelsenkirchen. Das Double machten Schmidts Knappen erst am 9. Januar 1938 perfekt, weil das Pokalfinale damals noch zu Beginn des folgenden Kalenderjahres ausgetragen wurde. Schalke siegte mit 2:1 über Fortuna Düsseldorf und war damit der erste deutsche Klub, der Meisterschaft und Pokalwettbewerb des selben Jahres gewonnen hatte.
1951 heuerte „Bumbas“ abermals im Ruhrgebiet an
Doch alles geht einmal zu Ende. Im Sommer 1938, nach einem unglücklich verlorenen Meisterschaftsfinale gegen Hannover 96 (3:4 im Wiederholungsspiel) und einem ebenso bitteren Pokal-Aus (3:4 bei Viktoria Hamburg), ließ „Bumbas“ Schmidt den Schalker Markt hinter sich. Zum Abschied verlor er nur wenige Worte: „Mehr kann ich euch nicht beibringen.“ Dafür übergab „Bumbas“ seinem Nachfolger Otto Faist, der drei weitere Meistertitel mit S04 erringen sollte (Teil 2 der WAZ-Serie), ein bestens bestelltes Feld.
Schmidt selbst kehrte zurück nach Süddeutschland, wo er in den folgenden Jahren unter anderem den 1. FC Nürnberg trainierte. Der leidenschaftliche Zigarrenraucher feierte 1949 mit dem VfR Mannheim sogar noch einen vierten Meistertitel als Chefcoach. 1951 heuerte „Bumbas“ abermals im Ruhrgebiet an: Beim BVB baute er bis 1955 ein Team auf, das 1956 und 1957 unter seinem Nachfolger Helmut Schneider jeweils Meister werden sollte. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.