Gelsenkirchen. Schalkes Ziel heißt: Zurück nach Europa. Doch es wird nicht für die nächste Saison ausgerufen. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies wird wiedergewählt.

Es gab schon Mitgliederversammlungen des FC Schalke 04, bei denen es passend gewesen wäre, wenn die Worte der Verantwortlichen von Pauken und Trompeten begleitet worden wären. Am Sonntag, als fast 10.000 Schalker in die Arena gekommen waren, kam keiner auf die Idee, den Mund zu voll zu nehmen. Es war der Tag der leisen Töne. Die vergangene Saison, die fast mit dem Abstieg geendet wäre, hat Nachwirkungen hinterlassen.

So sagte Finanzvorstand Peter Peters: „Wir stellen auch in dieser Saison ein Budget zur Verfügung, mit dem unser Klub mittelfristig wieder nach Europa kommen kann.“ Und so sagte auch Sportvorstand Jochen Schneider: „Unser Ziel muss mittelfristig sein, dass wir wieder regelmäßig in europäischen Wettbewerben vertreten sind. Ganz bewusst möchte ich dieses Ziel aber nicht für die kommende Saison ausrufen.“ Mittelfristig – das hieß: Schalkes Anhängerschaft soll sich darauf einstellen, sich gedulden zu müssen.

5599 Stimmen für Tönnies

Der Absturz des Vizemeisters auf Rang 14 gab natürlich Anlass zu Kritik. Doch der ganz große Zoff blieb aus. Nach der fünfstündigen Veranstaltung sangen Vorstand, Aufsichtsrat und Mitglieder gemeinsam das Vereinslied: „Blau und Weiß, wie lieb ich dich.“

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Besonders Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies wirkte dabei gelöst. Er hatte sich auf Gegenwind eingerichtet, hatte aber auch schon vor der Versammlung „gespürt, dass unsere Fans die neue Ausrichtung mit Jochen Schneider als Sportvorstand und Michael Reschke als Technischem Direktor akzeptieren“. 9568 Mitglieder waren anwesend, mit 5599 Stimmen wurde Tönnies wiedergewählt. Auch Peter Lange schaffte es mit 4043 Stimmen erneut in das Kontrollgremium, die Herausforderer Matthias Rüter (3647) und Ingolf Müller (1341) scheiterten.

Tönnies sammelte bei seiner Wahlrede Punkte durch Offenheit: „Die letzte Saison war scheiße“, sagte er drastisch, bevor er versicherte: „Ich bin nicht derjenige, der abhaut, sondern der, der anpackt.“ Damit verpasste er dem Mann einen Seitenhieb, für dessen Verpflichtung er sich vor drei Jahren hatte feiern lassen: Sportvorstand Christian Heidel war im Februar zurückgetreten. Tönnies wusste natürlich auch, dass man ihm vorwerfen konnte, Heidel zu lange gewähren lassen zu haben. Deshalb stellte er klar: „Ich übernehme die Verantwortung dafür, die eine oder andere falsche Personal-Entscheidung getroffen zu haben.“ Auch Tönnies wählte den Weg der Bescheidenheit: „Niemand geht davon aus, dass wir nächstes Jahr wieder international spielen.“ Von Horror-Szenarien aber hält er nichts: „Wir stehen nicht am Abgrund. Solche Plattitüden hasse ich.“

McKennie verlängert Vertrag

Schalkes Vorstandsmitglieder aber klangen durchaus besorgt. Marketingvorstand Alexander Jobst berichtete: „Wir werden unsere Vermarktungserlöse in diesem Jahr erstmals nicht steigern können. Wir stecken fest, wir kommen nicht weiter.“

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Vieles wird davon abhängen, ob Trainer David Wagner eine Aufbruchstimmung in der Mannschaft erzeugen kann, und auch davon, ob neue Spieler sofort einschlagen. Für die Verpflichtung von Ozan Kabak und die Verlängerung des Vertrags von Weston McKennie bis 2024 ist die Schalker Führung am Sonntag gefeiert worden. Mit Angreifer Benito Raman von Fortuna Düsseldorf ist sich Schalke einig, weitere Transfers sollen folgen.

„Wir hatten ein schlechtes Jahr, das gilt es nun zu reparieren“, sagte Clemens Tönnies. So klingt Realismus, Euphorie klingt anders.