Gelsenkirchen. . Ailton spielte für Werder und Schalke. Vor dem Spiel des FC Schalke 04 in Bremen spricht er über seine Ex-Klubs, Dirk Nowitzki und Hausaufgaben.

Sein Wechsel von Bremen nach Gelsenkirchen im Sommer 2004 zählte zu den spektakulärsten Transfers der Schalker Vereinsgeschichte: Heute ist Ex-Torjäger Ailton (45) Privatier und verfolgt das Schicksal seiner ehemaligen Klubs meist aus der Ferne.

Ailton, werden Sie am Freitag in Bremen sein und das Duell Ihrer Ex-Klubs Werder und Schalke im Stadion verfolgen?

Ailton: Ich werde es versuchen. Derzeit bin ich für einen Monat in Deutschland, allerdings habe ich viel zu erledigen: Ich bin zu einer Hochzeit eingeladen, habe außerdem Termine in Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt. Und natürlich in Bremen! Wenn es sich also irgendwie einrichten lässt, werde ich auf der Tribüne sitzen.

Für wen schlägt dann Ihr Herz, für Grün-Weiß oder Königsblau?

Ailton: In Bremen habe ich deutlich mehr Zeit verbracht. Dort bin ich 2004 Meister, Pokalsieger und Bundesliga-Torschützenkönig geworden. Deshalb ist Werder der Verein meines Herzens und wird es immer sein. Aber auch für Schalke habe ich Sympathien, das ist doch klar.

Für beide Klubs geht es um einiges: Die Bremer hoffen noch auf den Europacup, Schalke kämpft gegen den Abstieg.

Ailton: Ja, deshalb rechne ich mit einer hochinteressanten Partie, in der beide Mannschaften ans Limit gehen werden. Bei S04 hat sich ja zuletzt einiges getan – mal abwarten, wie sich das auf die Motivation und die Leistung auswirkt. Allerdings haben die Schalker vier Tage später das Champions-League-Rückspiel bei ManCity vor der Brust. Das könnte ein Vorteil für Werder sein.

Zumal Schalke in der Liga zuletzt komplett von der Rolle schien.

Ailton: Der Verein hat nach der Vizemeisterschaft wirklich einen dramatischen Einbruch erlebt. So etwas gibt es im Fußball – manchmal, wie aktuell bei Schalke, ist es einfach unerklärlich. Vom Potenzial her müsste die Mannschaft viel weiter vorne mitmischen. Ich habe mir das Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (2:1; d. Red.) angesehen, da haben sie nicht schlecht gespielt. Auch was ich in der Champions League gesehen habe, war okay. Aber insgesamt ist Schalke die Negativ-Überraschung der Saison, während Werder zu den positiven Erscheinungen zählt.

Am 3. April treffen Schalke und Bremen erneut aufeinander, im Pokal-Viertelfinale in der Veltins-Arena.

Ailton: Ja, da werden in mir alte Erinnerungen an die Saison 2004/05 wach. Damals hatten wir mit Schalke ebenfalls ein Pokal-Heimspiel gegen Werder, im Halbfinale. Das war eine großartige Partie mit fantastischen Spielern wie Krstajic und Lincoln auf der einen Seite, Ernst und Micoud auf der anderen. Man muss sagen: Sowohl Schalke als auch Bremen hatten 2005 viel mehr Qualität auf dem Platz als heute.

Sie retteten S04 mit Ihrem Treffer zum 2:2 ins Elfmeterschießen, wo Königsblau mit 5:4 die Oberhand behielt.

Ailton: Ja, ausgerechnet ich als Ex-Bremer. Aber dann habe ich im Elferschießen nur die Latte getroffen. Am Ende entschied Frank Rost mit seinem selbst verwandelten Schuss das Spiel für uns – auch ein Ex-Bremer. Die Arena kochte an diesem Abend über, das hat sich für immer in meine Erinnerung gebrannt. Noch heute denke ich oft an diesen emotionalen Abend.

Wo leben Sie eigentlich derzeit – in Ihrem Geburtsland Brasilien oder in Mexiko, der Heimat Ihrer Frau Rosalie?

Ailton: Weder noch. Ich wohne in Dallas, in den USA.

Dallas?

Ailton: Ja, Dallas ist bekanntlich nicht allzu weit von Mexiko entfernt. Außerdem geht Rosalies älteste Tochter dort zur Uni, und sie wollte gern ihre Mama in der Nähe haben. Also sind wir als Familie nach Texas gezogen und haben unsere Kinder dort in der Schule angemeldet. Das war eine gute Entscheidung, denn Dallas ist eine aufregende Stadt, und dort scheint fast immer die Sonne. Ailton-Wetter!

Trainingslager im April 2005 in Lutte (Niederlande): Ailton reitet früh morgens mit einem Pferd zum Training, während seine Kollegen mit dem Fahrrad fahren.
Trainingslager im April 2005 in Lutte (Niederlande): Ailton reitet früh morgens mit einem Pferd zum Training, während seine Kollegen mit dem Fahrrad fahren. © firo

Bei Dallas denkt man auch an Rodeo, ein Freizeitvergnügen, mit dem Sie in Brasilien aufgewachsen sind. Haben Sie sich in den USA schon auf einen wilden Mustang getraut?

Ailton: (lacht) Bislang nicht, ich hatte noch keine Zeit. Nicht einmal zu den Dallas Mavericks mit Dirk Nowitzki habe ich es bislang geschafft, weil ich einfach viel für meine Familie da bin. Wenn man Schulkinder hat, gibt es immer etwas zu tun. Ich sage nur: Hausaufgabenbetreuung. Außerdem spiele ich noch Fußbal­l, in einer Ü 40-Liga mit diversen Größen von einst. Wir haben fast jedes Wochenende ein Match.

Ab und zu sind Sie auch für das Traditionsteam von Werder am Ball.

Ailton: Ja, das ist jedes Mal ein tolles Erlebnis, wenn man die Jungs wiedertrifft. Im Januar habe ich zwei Hallenturniere für Werder bestritten, in Oldenburg und in Hannover, wo wir jeweils gegen Schalke gewonnen haben.

Wie intensiv ist Ihr Kontakt zu den Knappen, mit denen Sie vor 14 Jahren, also 2005, immerhin Vizemeister und Vize-Pokalsieger geworden sind?

Ailton: Vor allem zu Gerald Asamoah habe ich noch einen guten Draht – und zu Kevin Kuranyi, aber der kam ja erst nach meiner Zeit zu den Königsblauen.

Und auf wen freuen Sie sich besonders, wenn Sie bei Werder zu Besuch sind?

Ailton: Auf meinen alten „Amigo“ Claudio Pizarro natürlich! Auch meinen Ex-Teamkollegen Frank Baumann, der heute Sportdirektor in Bremen ist, treffe ich mich jedes Mal auf eine Tasse Kaffee in seinem Büro. Zu Dieter Burdenski, der vieles rund um Werders Traditionsteam organisiert, halte ich ebenfalls Kontakt. Ansonsten freue ich mich über jedes bekannte Gesicht, vor allem natürlich aus unserer Meistermannschaft von 2004.

Aktuell scheint in Bremen wieder ein richtig gutes Gebilde zusammenzuwachsen.

Ailton: Ja, auch wenn den jungen Spielern vielleicht noch die absolute Konstanz fehlt. Aber: Ich habe das Pokalspiel beim BVB gesehen, und da hat Bremen sehr stark gespielt. Die Tür zum Europapokal ist noch offen – wenn nicht über die Lig­a, dann vielleicht über den Pokal. Letzteres gilt aber auch für Schalke.