Gelsenkirchen. “Schalke 04 für Klugscheißer“ ist der Titel des neuen Buchs von Ulrich Homann. Im Interview spricht der Autor über einige Anekdoten.

"Schalke 04 für Klugscheißer“ ist der Titel des neuen Buchs von Ulrich Homann, das Anfang des Monats im Klartext-Verlag erschienen ist. Auf genau 104 Seiten geht es um „populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“, die natürlich alle im Zusammenhang mit den Königsblauen stehen. Im Interview spricht Homann über den außergewöhnlichen Titel, besondere Spiele und über einige Anekdoten, die im Buch ausführlich behandelt werden.

In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie mit Ihrem Vater am 24. August 1963 am allerersten Spieltag der Bundesliga im Stadion waren. Schalke gegen den VfB Stuttgart in der Glückauf-Kampfbahn. Endstand und Torschützen?

Ulrich Homann: 2:0. Koslowski und Gerhardt. Willi Koslowskis Tor war das erste in der Bundesliga-Geschichte des FC Schalke 04.

Stimmt! Sind Sie jetzt ein Klugscheißer?

Homann: Vermutlich. Aber ein harmloser und auch zufälliger. In jeder Kneipen-Diskussion über Fußball finden sich ja Klugscheißer. Nicht zu verwechseln mit Besserwisserei. Aber die Grenze ist da fließend. Schalke war in meiner Kindheit und Jugend ein wichtiger Lebensinhalt. Da muss mein Gedächtnis schon ganz böse nachlassen, um all dieses angehäufte Wissen mal nicht mehr parat zu haben.

Eine Rubrik Ihres Buchs heißt: Populärer Irrtum. Darin geht’s auch um den Schalker (Getränke)-Markt.

Homann: Spätestens seit diesem Mammut-Buch zum hundertjährigen Vereinsjubiläum, an dem ich auch ein bisschen mitwirken durfte, ist über die Historie alles gesagt. Da ist wenig Platz für Richtigstellungen. In dem Fall lag der „Irrtum“ bei den Fans. Die wollten die Kneipe von Willi Schulz am Schalker Markt boykottieren, weil der zum HSV gewechselt war. Demonstrativ tranken sie ihr Bier am gegenüberliegenden Kiosk. Der aber auch Willi Schulz gehörte. Dumm gelaufen.

Über welche Anekdote können Sie am lautesten lachen? Etwa über die mit Francisco Marinho?

Homann: Da gab es schon einige Verrücktheiten. Eichberg ist ja eigentlich die totale Posse. Aber die Abstimmung, ob Marinho gekauft werden sollte, ist vielleicht wirklich nur auf Schalke möglich. Diese schlichten Wahlscheine, die im Stadion verteilt wurden und die man dann in irgendwelche Papp-Kartons werfen sollte. Am Ende hat die Müllabfuhr die entsorgt. Charly Neumann und Günther Siebert sind dann auf die Deponie gefahren und haben nach ihnen gesucht. Sie hätten nicht mehr viele gefunden, aber von denen hatten die meisten mit „Kaufen“ votiert. Das ist natürlich ganz wunderbar.

Welcher Schalker hat Ihnen eigentlich bis heute eigentlich am meisten imponiert?

Homann: Da gibt es mehrere über die vielen Jahre. Mir haben es nie die ganz großen Stars angetan. Gerd Neuser in den sechziger, Aki Lütkebohmert in den siebziger Jahren. Und Jiri Nemec, der war wirklich ganz wunderbar. Weil er nie was gesagt hat. Einmal habe ich ihn nach einem Spiel auf der Treppe zu den Kabinen getroffen und er machte ungefragt den Mund auf: ‘Ich habe gerade alles gesagt.’ Das gibt es doch nicht, habe ich gedacht und die Kollegen gefragt, die vor der Kabinentür standen. Kein Wort hat der gesagt, meinten die nur. Da habe ich nur gedacht: Ach, der Jiri.

Und was war für Sie das Spiel der Spiele?

Homann: Für mich bleibt es das 2:0 gegen Borussia Neunkirchen, wodurch sich Schalke 1966 vor dem Abstieg rettete. Vielleicht verkläre ich das auch nur, weil ich so ein kleiner Junge war und strenge Männer neben mir weinten und mit Inbrunst das Vereinslied sangen. Ich hatte schon gedacht, dass wird für andere schon nicht so ergreifend gewesen sein. Und dann habe ich Klaus Fichtel mal genau diese Frage gestellt. Und da nennt der mir genau dieses Spiel. Der hatte das genauso auf dem Rasen erlebt wie ich auf den Rängen.

So sieht’s aus: Das Buch „Schalke 04 für Klugscheißer“.
So sieht’s aus: Das Buch „Schalke 04 für Klugscheißer“.

Aber auch der Nachmittag des 19. Mai 2001 fehlt nicht...

Homann: Man kennt ja diesen ganzen Mist. Ich habe mal aufgeschrieben, wie es mir ganz persönlich gegangen ist. Ich war in der Redaktion. Es liefen Radio und TV zugleich. Auf der Mattscheibe lief Andersson an, im Radio schrie die Stimme „Tor“. Furchtbar.

Auf Seite 90 geht’s unter der Überschrift „Ich werde nie zum FC Bayern München gehen“ um Manuel Neuer und seinen Wechsel zum FC Bayern. Ihr Text endet wie folgt: Neuer spielt bei Bayern, wird dort jedes Jahr Deutscher Meister. Ist Weltmeister und Multi-Millionär. Er hat alles richtig gemacht. Hat er das?

Homann: Die letzten Reste an den Glauben an besondere Werte sind bei mir dabei verloren gegangen. Neuer war ja auch auf Schalke Nationalspieler geworden, er war ja wirklich ein Fan des Vereins. Und er ist ein intelligenter Junge, der weiß, dass Spieler einfach auch den Fans was schuldig sind und nicht alle Guten zu den Bayern gehen können. Und dann geht der doch. Was kann er von der achten Deutschen Meisterschaft haben? Ich verstehe es bis heute nicht.

Übrigens behaupten Sie, dass Sie in Ihrer Jugend von jedem Spieler das Geburtsdatum kannten, Wer ist denn am 10.10.1943 geboren?

Homann: Reinhard Libuda. Praktisch war beim Auswendiglernen ein Trio: Die Kremers Zwillinge und Herbert Lütkebohmert sind am 24. März geboren. „Aki“ nur ein Jahr früher.

Stimmt auch! Welche Geschichte soll in Ihrem nächsten Buch auf keinen Fall fehlen?

Homann: Rudi Assauer fehlt. Das ist mir ein bisschen unangenehm. Ich dachte, über Assauer ist alles bekannt. Um den Spruch „Entweder schafft Schalke mich oder ich Schalke“ zu kennen, musst du wirklich kein Klugscheißer sein. Und was man allgemein nicht so über Assauer wusste, ist vielleicht besser, wenn es nicht jeder weiß.

  • Das Buch „Schalke 04 für Klugscheißer“ kostet 12,95 Euro und ist auch in den Leserläden der WAZ erhältlich. Online unter waz.de/shop.