Gelsenkirchen/ Hannover. . Dieter Schatzschneider hat auf Schalke turbulente Zeiten und nicht immer einfache Dialoge erlebt. Heute arbeitet er für S04-Gegner Hannover 96.
Bei Schalkes Gegner Hannover 96 ist Dieter Schatzschneider (60) eine lebende Legende. In seinen zwei Jahren auf Schalke dagegen lief fast alles schief. Dennoch erinnert sich „Schatz“ gerne zurück.
Wenn Hannover 96 an diesem Samstag (15.30 Uhr/ Sky) in die Veltins-Arena einläuft, wird Dieter Schatzschneider einmal mehr mit Stolz auf das Aufgebot der 96er blicken. Aktuell stehen fünf Spieler im Kader, an deren Karriere der Nachwuchs-Scout der Niedersachsen mitgedreht hat – darunter Abwehrtalent Waldemar Anton (22) und Stürmer Hendrik Weydandt (23). „Das ist echte Wertschöpfung für den Verein“, sagt Schatzschneider, dessen eigene Profikarriere einst bei 96 begann. In seinem Job als Talent-Späher kurvt der gebürtige Hannoveraner heute durch ganz Deutschland und trifft dabei auch alte Bekannte aus seiner Zeit beim FC Schalke 04 (1984 bis 1986).
„Zu Olaf Thon zum Beispiel habe ich noch Kontakt, mit ihm habe ich ja noch zusammengespielt. Ich komme auch regelmäßig zu den Ehemaligen-Treffen auf Schalke, wo ich alte Bekannte wie Diethelm Ferner oder Klaus Fichtel treffe.“
Coach Ferner war es auch, der Schatzschneider nach Schalkes zweitem Wiederaufstieg zu den Knappen lotste. „Er hatte gehört, dass es da beim HSV so einen verrückten Mittelstürmer gibt und wollte mich haben“, erzählt „Schatz“, der 1983/84 immerhin 15 Saisontore für die Hamburger erzielt hatte. Was weder Ferner, noch der Stürmer selbst damals wussten: Die Ablöse für Schatzschneider (eine Million Mark) konnte Schalke nicht aus eigener Tasche zahlen. Also besorgte Manager Rudi Assauer das Geld über Investoren, die an einem lukrativen Weiterverkauf Schatzschneiders beteiligt werden wollten. Doch daraus wurde nichts …
Nach einem guten Start mit neun Toren in den ersten 24 Bundesliga-Spielen erlitt Schatzschneider einen Knorpelschaden im Knie und fiel monatelang aus. „Ich war eigentlich nie verletzt“, sagt er rückblickend. „Aber auf Schalke hatte ich alles.“ In der folgenden Saison plagte den 1,87-Meter-Mann ein Haarriss im Fuß: „Nach drei Monaten dachten alle, ich simuliere. Dann fanden sie zum Glück heraus, warum ich ständig diese Schmerzen hatte. Sie verpassten mir für drei Monate einen Gips von unten bis oben.“ Letztlich bekam Schatzschneider bei Schalke kein Bein mehr auf die Erde. „Der damalige S04-Präsident, dieser Doktor Fenne, hat immer gesagt: ,Hätten wir mal lieber den Manni Burgsmüller geholt.’ Das war natürlich toll für mein Selbstvertrauen“, erzählt er mit sarkastischem Unterton.
So würde Dieter Schatzschneider mit Naldo und Sané verfahren
Nach zwei Jahren und insgesamt zehn Liga-Toren war für „Schatz“ endgültig Schicht auf Schalke. „Ich bat Rudi Assauer, der ein absoluter Top-Manager war: ,Bitte lass uns keinen neuen Vertrag machen.’“ Schatzschneider zog weiter zum Zweitligisten Fortuna Köln – und die Investoren hatten einen Großteil ihres Geldes verloren. „Noch heute treffe ich bei meinen Besuchen in der Veltins-Arena regelmäßig einen, der sagt: ,Herr Schatzschneider, Sie haben mich damals 100.000 Mark gekostet. Wann kriege ich die wieder?’“, erzählt der 96-malige Bundesliga-Stürmer (28 Treffer). „Ich antworte ihm jedes Mal: ,Bin gerade knapp bei Kasse.’“
Bereut hat Schatzschneider seinen Wechsel nach Schalke dennoch nie: „Noch heute habe ich Freunde aus dieser Zeit, die mich regelmäßig einladen – das sind echte Ruhrpottler, die das Herz auf der Zunge tragen. Überhaupt waren die Leute dort immer erfrischend ehrlich: Wenn man im Spiel eine Chance vergeben hatte, rief beim nächsten Training schon mal einer was rein. Ich hab dann zurück geschnauzt: ,Halt den Schnabel, du Klapp-Spaten!’ Dann war meistens Ruhe.“
Dass sowohl Schalke als auch sein Arbeitgeber Hannover 96 den diesjährigen Saisonstart ziemlich verpatzt haben, hat Dieter Schatzschneider nur zum Teil überrascht: „Zumindest bei Hannover hatte ich damit gerechnet, das habe ich auch unserem Präsidenten Martin Kind vor Saisonbeginn so gesagt. Schließlich haben wir mit Salif Sané einen für 96-Verhältnisse fantastischen Abwehrspieler verloren. Ich finde, nach vorne spielt die Mannschaft diese Saison sogar besser als in der vergangenen Spielzeit – aber es fehlte zuletzt ein bisschen die Balance.“
Auch dafür, dass Sané bei Schalke lange Zeit auf der Formsuche war, hat Schatzschneider eine einfache Erklärung: „Er war immer der absolute Häuptling, aber jetzt hat er mit Naldo einen neben sich, der älter ist und diese Rolle ebenfalls beansprucht. Vielleicht sollte sich auf Schalke mal einer mit den beiden zusammensetzen und sagen: ,Passt auf, Jungs: Er hier ist unser uneingeschränkter Abwehrchef und du da drüben tust gefälligst, was dir gesagt wird.’ Letztlich können natürlich beide die Chefrolle ausfüllen – aber nicht gleichzeitig.“
Auch vorne sieht Schatzschneider bei Schalke noch einige Abstimmungsprobleme: „Man hat dort einen tollen Kader. Es sind einige Spieler gekommen, die das Team offensiv stärker machen sollten, nur: Das klappt bisher noch nicht. Trotzdem glaube ich, dass Schalke vielleicht noch den Sprung nach Europa packen kann.“ Im direkten Vergleich aber drückt er seiner Kindheits-Liebe Hannover 96 die Daumen: „Wir dürfen nicht immer mit jedem Pünktchen zufrieden sein, wir brauchen Siege“, predigt Dieter Schatzschneider (178 Liga-Spiele, 134 Tore für die „Roten“). „Wenn Schalke nicht in der Spur ist und das Publikum unruhig wird, dann ist dort vielleicht was drin.“