Innsbruck/Gelsenkirchen. . In Österreich gibt es einen S04-Fanklub, dem die Nähe zu München egal ist – sie fiebern mit Schalke und drücken Alessandro Schöpf die Daumen.
Andreas Matzka kann es selbst kaum glauben. Als der heute 35-jährige Innsbrucker am 04. 04. 2010 gemeinsam mit einem Arbeitskollegen die „Tiroler Knappen“ ins Leben rief, bestand der Schalke-Fanclub aus genau zwei Mitgliedern. Heute sind es schon weit über 40 und Matzka sagt: „Wir wollen eigentlich gar nicht mehr wachsen. In seiner jetzigen Größe ist der Fanclub wunderbar familiär und die organisatorischen Dinge sind noch einigermaßen zu managen.“
Doch Schalke boomt – auch in Österreich und ganz besonders im Bundesland Tirol. Das hat gute Gründe: „Natürlich wird es bei uns registriert, dass der Verein seit einigen Jahren sein Sommer-Trainingslager in Mittersill aufschlägt“, sagt Matzka. Mittersill liegt zwar im benachbarten Bundesland Salzburg, ist jedoch nur einen Steinwurf von der Grenze zu Tirol entfernt.
„Im Öztal sieht man mehr Leute in Schalke-Trikots“
Und dann ist da noch ein gewisser Alessandro Schöpf. Als der waschechte Tiroler aus Umhausen im Ötztal Anfang 2016 vom 1. FC Nürnberg zu den Knappen wechselte, war Schalke in der Bergregion plötzlich in aller Munde. „Durch diesen Transfer hat man in ganz Tirol einen gewaltigen Sympathieschub für Königsblau gespürt“, erzählt Matzka. „Speziell im Ötztal sieht man doch immer mehr Leute in Schalke-Trikots, gerade Kids. Vorher sah man dort fast nur Bayern-Shirts.“ Die räumliche Nähe nach München ist den Schalkern egal.
Sieben offizielle S04-Fanclubs in Österreich
Matzkas „Tiroler Knappen“ sind einer von derzeit sieben offiziellen S04-Fanclubs aus Österreich, die beim Schalker Fanclub-Verband SFCV registriert sind. Außerdem gelistet sind die „Schalker Juhnkens ‘05“, „Wien-Ingolstadt“, „Königsblaues Nordtirol“, „Blaue Knappen Vorarlberg“, „OÖ-Knappen“ und „Königsblaue Steyrer“. Hinzu kommt eine Reihe inoffizieller Fanclubs wie die „Knappen Graz“ aus der Steiermark oder „Blau-weisse Liebe Fieberbrunn“ aus Tirol sowie unzählige lose Zusammenschlüsse von S04-Anhängern zwischen Wien und Bodensee.
Wenn die „Tiroler Knappen“ einmal im Jahr zu ihrem so genannten „Hauptausflug“ aufbrechen und in fast voller Mannstärke ein Heimspiel in der Veltins-Arena besuchen, berichtet sogar die regionale Presse darüber. „Unsere Mitglieder kommen schließlich aus dem gesamten Bundesland Tirol und teilweise sogar aus Südtirol“, erzählt Andreas Matzka nicht ohne Stolz. In der vergangenen Saison reiste sein Fanclub übrigens geschlossen zu Schalkes Heimspiel gegen Hertha BSC (1:0). „Es war nicht die allerbeste Partie der Saison, aber Hauptsache gewonnen“, bilanziert Matzka und grinst. In der Spielzeit zuvor hatte es beim „Hauptausflug“ der „Tiroler Knappen“ nur ein frustrierendes 1:1 gegen den SC Freiburg gegeben.
Doch die Schalke-Anhänger aus den Alpen, das ist Matzka wichtig, sind keine Erfolgs- oder Event-Fans. „Über die gesamte Saison gesehen, fahren immer wieder welche von uns zu den Spielen – vor allem natürlich, um die Mannschaft zu unterstützen.“ Die Stimmung auf Schalke sei ligaweit überragend. „Allerdings fahren wir aus geografischen Gründen eher zu den Auswärtsspielen: München, Augsburg oder Nürnberg liegen für uns recht günstig“, erklärt Matzka in breitestem Tirolerisch. Auf die Frage, ob es für seine Jungs im Fanblock mitunter sprachliche Probleme gebe, lacht er laut auf: „Na ja, wenn wir mit Schalke unterwegs sind, geben wir uns schon etwas Mühe, Hochdeutsch zu sprechen.“
Der „Knappenkeller“ ist legendär
Manchmal aber bleiben die „Tiroler Knappen“ einfach zu Hause, unter sich. „Unser Obmann (Vorsitzender; die Redaktion) Helmut Zangerl hat in seinem Haus einen wunderschönen Keller, den er mit Schalke-Utensilien blau-weiß hergerichtet hat“, erzählt Matzka. „Bei uns im Volksmund heißt dieser Raum nur ,Der Knappenkeller’.“ Dort treffen sich die Tiroler Bergburschen, um die Spiele der Tedesco-Elf im Fernsehen anzuschauen und in ihrem Heimatdialekt über die neuste Entwicklung beim Kumpel- und Malocherklub zu debattieren. Kritik wurde zuletzt immer seltener laut. „Vizemeister und acht Punkte Vorsprung auf Dortmund – das konnte sich schon sehen lassen“, strahlt Matzka. „Heuer wird’s sicher etwas schwieriger.“
Schalke-Fan mit Tirolerhut
Vor einigen Jahren, bei einem ihrer Ausflüge in Sachen S04, kam eine Abordnung der „Tiroler Knappen“ mit Schalkes Ehrenpräsident Gerd Rehberg ins Gespräch. Der frühere Bergmann ließ sich sogar zu einem gemeinsamen Erinnerungsfoto mit Tirolerhut überreden. Im jüngsten Trainingslager in Mittersill unterhielten sich Matzka & Co. auch kurz mit ihren Landsleuten Schöpf und Guido Burgstaller (stammt aus dem Bundesland Kärnten). „Der ,Schöpfi’ spricht ja in Fernseh-Interviews fast schon lupenreines Hochdeutsch“, grinst Matzka. „Doch wenn er unter Tirolern ist, verfällt er ganz schnell zurück in seinen Heimatdialekt.“
Schalke, lobt der Fanclub-Mitbegründer, sei trotz seiner beeindruckenden Größe mit über 155 000 Mitgliedern, davon rund 600 aus Österreich, „noch immer ein Verein zum Anfassen. Das ist schon fantastisch, wie hier die Nähe zu den Fans gelebt wird.“ Trotzdem hegen Matzka & Co. noch einen ganz, ganz großen Wunsch: „Es wär scho’ a Wahnsinn, wenn der ,Schöpfi’ im Rahmen der alljährlichen Fanclub-Besuche amoi zu uns nach Innsbruck kommen könnt’.“ Dann würde Matzka dem österreichischen Nationalspieler erzählen, dass einige Mitglieder seines Fanclubs früher in diversen Tiroler Amateurligen gegen Schöpfs Papa Bertram, genannt „Beggi“, spielten. „Der war auch ein guter Kicker“, lobt Matzka.
Doch Schöpf hin, „Schöpfi“ her: Die „Tiroler Knappen“, da ist sich der Mitbegründer sicher, werden auch noch bestehen, wenn der Junge aus dem Ötztal mal nicht mehr auf Schalke spielt. „Schließlich gab es uns ja auch schon vorher“, betont Matzka. „Letztlich ist es vor allem der Mythos FC Schalke 04, dieser kollektive Wahnsinn, der die Menschen in seinen Bann zieht.“ Der nächste „Hauptausflug“ der Tiroler ist übrigens auch schon geplant: Im Dezember geht es zum Heim-Derby.