Moskau/Essen. Beim FC Schalke 04 weggeschickt, in Barcelona ein Welt-Star: Am Mittwoch soll Ivan Rakitic Kroatien gegen England ins Finale der WM führen.
Die Nachricht auf dem Handy kam von einem alten Bekannten. Sie erreichte Ivan Rakitic nach einem seiner größten Triumphe. Mit der kroatischen Nationalmannschaft war der 30-Jährige ins Halbfinale der Weltmeisterschaft eingezogen, in dem es am Mittwoch (20 Uhr/ZDF live) zum Duell mit England kommt. Rakitic hatte bei diesem historischen Erfolg mal wieder eine entscheidende Rolle gespielt. Da verfasste Gerald Asamoah seine Text-Botschaft. „Das hast Du dir ja gut von mir abgeguckt“, schrieb er seinem einstigen Vereinskollegen beim FC Schalke 04. Das erinnert daran, Gerald Asamoah tatsächlich mal der größere Spieler von beiden war.
Rakitic und Asamoah spielten von 2007 bis 2010 gemeinsam für Schalke
Drei von vier Jahren (2007 bis 2010) beim FC Schalke verbrachte Rakitic an der Seite von Asamoah. Eine freundschaftliche Verbindung erwuchs, die bis heute Bestand hat. Der Mensch Rakitic hat sich nicht gravierend verändert, der Spieler indes schon. Denn als er Schalke verließ, nein, als er fast schon weggeschickt wurde von Trainer Felix Magath, da hatte er den Nachweis nicht erbringen können, höchsten Anforderungen gerecht zu werden. Für 2,5 Millionen Euro ließ man ihn in Richtung des FC Sevilla ziehen. Talentiert, aber phlegmatisch. Kann man nichts machen. Der nächste, bitte!
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Seit 2014 spielt er für den FC Barcelona. Sein Marktwert liegt mittlerweile bei 50 Millionen Euro. Er dirigiert das katalanische Spiel, schoss im Champions-League-Finale 2015 gegen Juventus Turin (3:1) die wichtige Führung. Und in und um Schalke fragt man sich: War das absehbar? Was ist mit diesem Kerl passiert, der wie ein Mitläufer wirkte, aber nun unzweifelhaft zu einer der Ikonen des internationalen Fußballs gehört?
„Bei uns hat man seine Fähigkeiten schon gesehen: super Pass-Sicherheit, super Schusstechnik, dazu kommt seine Laufstärke. Er läuft und läuft und läuft“, schwärmt Asamoah gegenüber dieser Zeitung heute noch von damals.
Asamoah, mittlerweile 39 Jahre alt und nicht weniger als eine Schalker Legende, war ebenfalls Nationalspieler, wurde Vize-Weltmeister 2002. Das könnte sich Rakitic wirklich noch abschauen. Und es sogar noch besser machen. „Ich traue den Kroaten zu, dass sie sogar den Titel holen. Wenn man ihr Spiel sieht, erkennt man: Da steht eine Mannschaft auf dem Platz.“
Eine Mannschaft, die mit dem Kapitän Luka Modric einen Anführer hat, von dem Rakitic sagt, er sei „gekommen von einem anderen Planeten, um Fußball mit uns Sterblichen zu spielen“. Eine Mannschaft, die aber auch über Anführer verfügt, die sich selbst nicht zu wichtig nehmen. So wie Rakitic. „Ivan ist trotz seines Erfolgs in Sevilla und Barcelona nicht abgehoben. Genau deswegen werden solche Leute auch große Fußballer“, sagt Asamoah: „Weil sie einfach down to earth bleiben.“ Bescheiden heißt das, die Bodenhaftung nicht verlierend. Nach dem 3:0 gegen Argentinien sagte Rakitic: „Für meine Mannschaft und meine Leute würde ich noch tausende Kilometer rennen“.
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In Sevilla verehren die Fans den Mann, der als einziger Ausländer außer Diego Armando Maradona die Kapitänsbinde tragen durfte und den Klub 2014 zum Europa-League-Titel führte. In Schalke erinnert man sich an einen Kerl, der hinreißend schöne Tore schießen und feine Pässe spielen konnte, aber eine Woche später auch fast jede Flanke hinter das Tor zu setzen vermochte. Er spielte damals oft auf der Seite, im Zentrum des Spiels liegen aber seine Stärken.
Ivan Rakitic: Anführer aus der Mitte der Gruppe
Vielleicht kam das auch alles zu früh für ihn. Dieses aufgeregte Schalke mit seinem zuverlässig rumorenden Chaos. 19 Jahre alt war er bei seinem Wechsel vom FC Basel. „Ivan war bei uns 2007 noch ein schüchterner Junge“, sagt Gerald Asamoah, hält die Zeit aber dennoch für wertvoll. „Ich glaube, dass ihm Schalke in seiner Entwicklung etwas gebracht hat.“
Es steckt also auch eine Portion Königsblau in dem in der Schweiz geborenen Edeltechniker, der gelernt hat, voran zu gehen, ohne die Mitte der Gruppe zu verlassen. Er verwandelte im Elfmeterschießen des Achtelfinals den entscheidenden Schuss gegen Dänemark, er verwandelte im Elfmeterschießen des Viertelfinales den entscheidenden Schuss gegen Russland. Was passiert nun gegen England? Für Rakitic und Co. ist es die Chance ihres Lebens.
Als er noch Kind war, sah er die Stars Davor Suker und Robert Prosinecki ins Halbfinale der WM 1998 einziehen. „Sie haben uns den Weg gezeigt“, sagt Rakitic. „Aber jetzt müssen wir sie vergessen. Wir müssen unsere eigene Geschichte schreiben.“