Gelsenkirchen. . Klaus Fischer glaubt weiter an die deutsche Mannschaft: „Wir packen das noch.“ Aber er kritisiert: „Irgendetwas stimmt nicht.“
Schalkes Torjäger-Legende Klaus Fischer (68) ging es am Sonntag so, wie allen Fußball-Fans: Er war entsetzt über den ersten WM-Auftritt der deutschen Nationalmannschaft gegen Mexiko (0:1). Den Glauben an das Team von Joachim Löw hat der frühere Nationalspieler und zweimalige WM-Teilnehmer aber noch nicht verloren: „Wir packen das“, sagt Fischer im WAZ-Interview.
Herr Fischer, was sagen Sie zum Fehlstart der deutschen Elf?
Klaus Fischer: Beim Confed-Cup haben wir vor einem Jahr noch mit 4:1 gegen denselben Gegner gewonnen – Entschuldigung, so stark ist Mexiko also wirklich nicht. Aber man konnte es ja schon in der Vorbereitung befürchten: Bis auf das 2:1 gegen Saudi-Arabien haben wir seit einem halben Jahr kein Spiel mehr gewonnen – an eine solche Serie kann ich mich gar nicht erinnern. Es stimmt etwas nicht, aber ich weiß nicht, was es ist.
Was vermuten Sie?
Klaus Fischer: Ich frage mich: Wo spielt ein Thomas Müller? Auf der rechten Seite, aber das ist doch nicht seine Welt. Das muss man erkennen, dass er im Zentrum hinter der Spitze seine Qualitäten hat. Ein Thomas Müller muss natürlich immer spielen. Vorne spielt Timo Werner, der macht seine erste WM, und das sieht man. Auch Werner ist kein Mittelstürmer wie Miro Klose, den wir gebraucht haben. Klose fehlt, wie auch andere, die nach der WM vor vier Jahren aufgehört haben.
Einige Kritiker bemängeln dagegen: In der Mannschaft gebe es zu viele Spieler, die nach dem WM-Triumph 2014 nun satt seien.
Klaus Fischer: Das kann ich mir nicht vorstellen, dass die satt sind, das sind Profis. Die Münchner Spieler werden auch jedes Jahr Meister, und wollen trotzdem immer wieder neue Titel gewinnen. An so etwas glaube ich nicht.
Besonders in der Kritik steht der Ex-Schalker Mesut Özil – nicht nur durch die Geschichte mit dem Foto mit Erdogan...
Klaus Fischer: Diese Geschichte sollte man jetzt mal gut sein lassen. Özil ist ein guter Fußballer, ich weiß nicht, ob ihn diese Sache nachdenklich gemacht hat. Aber ich würde ihn auf keinen Fall verdammen, dafür ist er ein viel zu guter Fußballer.
Was würden Sie jetzt ändern, wenn Sie Bundestrainer wären?
Klaus Fischer: Ich glaube gar nicht, dass man personell so viel ändern muss. Aber man muss dafür sorgen, dass nach hinten nicht mehr so viel passiert wie zuletzt. Das ist eine Sache der Abstimmung, wir waren ja überhaupt nicht kompakt in der Rückwärtsbewegung. Dass Özil beim Gegentor der letzte Verteidiger ist, kann ja nicht sein. Im eigenen Strafraum geht er in den Zweikampf wie ein typischer Offensivspieler. Das kann nicht funktionieren.
Haben Sie Angst, dass Deutschland nach der Vorrunde nach Hause fahren muss?
Klaus Fischer: Wenn das so weiter geht... Aber das glaube ich nicht. Es müsste mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht in die K.o.-Runde kommen. Ich habe keine Angst vor dem Ausscheiden, aber das erste Spiel und die Vorbereitung geben mir ein bisschen zu denken. Jeder muss sich jetzt hinterfragen, und dann packen wir das auch – da bin ich optimistisch, weil wir immer noch eine gute Mannschaft haben. Die anderen Favoriten haben sich ja in ihrem ersten Spiel auch nicht mit Ruhm bekleckert – vielleicht bis auf die Spanier beim 3:3 gegen Portugal.
Sie selbst haben es bei der WM 1982 ja selbst erlebt, wie man nach einer Auftaktniederlage wieder in die Spur kommt: Damals verlor Deutschland das erste Spiel gegen Algerien mit 1:2...
Klaus Fischer: ... weil ich auf der Bank saß (lacht). Jupp Derwall (damals Bundestrainer, die Red.) war selbst schuld an der Niederlage, wenn er mich draußen lässt. Ich war damals richtig sauer, denn ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich spiele. Im zweiten Spiel gegen Chile saß ich auch noch draußen.
Trotzdem ist Deutschland dann sogar noch bis ins Finale gekommen. Kann man die Situation von 1982 mit heute vergleichen?
Klaus Fischer: Gegen Chile hat die Mannschaft im nächsten Spiel auf jeden Fall das Tempo erhöht, um gar keine Diskussion aufkommen zu lassen. Aber ich weiß nicht, ob Chile damals so stark war wie heute die Schweden als nächster Gegner.