Gelsenkirchen. . Schalkes Talentschmied stellt sich auf einen verschärften Wettbewerb im Nachwuchsbereich ein. Seine Aufgabe: „Wie können wir spitze bleiben?“

Nach der Saison ist vor der Saison – das gilt auch für Nobert Elgert. Der Trainer der erfolgreichen Schalker U19 denkt auch im Urlaub an die Planungen für die Zukunft. Der Wettbewerb im Nachwuchsfußball hat sich verschärft, Elgert will aber auch künftig „so viele Spieler wie möglich in den Profikader bringen“. Das erfordert große Anstrengungen. Einige Talente aus der U19 des FC Schalke 04, die zuletzt Deutscher Vize-Meister geworden ist, können sich im Juni auf der China-Reise bei den Profis vorstellen und aufdrängen, erklärt Elgert im WAZ-Interview.

Herr Elgert, mit welchen Worten haben Sie sich von Ihrer bisherigen Mannschaft verabschiedet?

Norbert Elgert: Es war schon ein emotionaler Abschied von dieser Mannschaft, die einfach ein extremer Zusammenhalt ausgezeichnet hat. Jeder einzelne Spieler hat von mir noch ein kurzes Feedback und ein paar liebe Worte mit auf den Weg bekommen. Es war schön. Den Rest haben wir den Jungs überlassen, die eine Riesen-Saison gespielt haben. Immer, wenn sich im Leben eine Tür schließt, öffnet sich woanders eine neue Tür. Jedes Ende bedeutet eben auch einen neuen Anfang. Auf alle Spieler warten neue Aufgaben. Die Jungs, die uns verlassen, müssen jetzt ihren Weg gehen. Das heißt aber nicht, dass wir uns verlieren. Wenn sie uns brauchen, sind wir gerne für sie da.

Es wird vermutlich nie zum Tagesgeschäft gehören, sich nach einem oder sogar nach zwei Jahren von Spielern zu trennen?

Norbert Elgert: Wenn mir das leicht fallen würde, wäre ich wahrscheinlich fehl am Platz. Loslassen zu können gehört aber auch in der Fußballfamilie dazu. Die Verbindungen, die über ein Jahr, bei vielen über zwei Jahre entstanden sind, bleiben aber häufig.

In dieser Woche beginnt Ihr Urlaub. Gelingt es Ihnen, abzuschalten?

Norbert Elgert: Das wird schon ein paar Tage dauern. Nach der Saison ist schließlich vor der Saison. Wenn man wie wir an einer Endrunde um die Deutsche Meisterschaft teilgenommen hat, sind anschließend noch viele Dinge aufzuarbeiten. Das bezieht sich auch auf die Planung für die nächste Spielzeit. Vollständig abzuschalten, sich gar nicht mit Schalke zu beschäftigen, wird mir in meiner Funktion wohl nie gelingen. Das Handy komplett auszuschalten, nicht erreichbar zu sein, macht erfahrungsgemäß auch keinen Sinn. Ich habe aber das Gefühl, dass ich in diesem Jahr etwas mehr Ruhe im Urlaub als in den Jahren zuvor haben werde.

Sind Sie eher der Strandurlauber oder der Aktivurlauber?

Norbert Elgert: Ich bevorzuge eine Mischung aus sich bewegen, sich aber nicht zu verausgaben. Aktiv insoweit, dass ich viel laufen und auch ins Fitnessstudio gehen werde. Aber ich werde mich nicht überanstrengen, denn das ist im Urlaub gefährlich. Außerdem bin ich Vielleser und habe immer einen ganzen Stapel Bücher dabei – darunter viel Fachliteratur.

Werden Sie im Urlaub an das verlorene Finale um die Deutsche Meisterschaft gegen Hertha denken?

Norbert Elgert: Das kann vorkommen, dann aber positiv. Natürlich waren wir nach der Niederlage nicht glücklich, aber es geht doch darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen und zu lernen. Wir haben das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft erreicht, viel mehr geht als U19-Mannschaft nicht. In Deutschland gibt es nur ein Team, das Vizemeister geworden ist – und das sind wir. Ganz viele Klubs würden gerne mit uns tauschen. Es war ein tolles Endspiel auf Augenhöhe, Hertha war einen Ticken effektiver und hat deshalb verdient gewonnen.

Betreuer Lothar Engel hat seinen Bart drei Jahre lang wachsen lassen und ist ihn seit dem Westfalenpokal-Sieg los.

Norbert Elgert: Maik Helsper, ebenfalls Betreuer von uns, sollte sich schon mal was überlegen (lacht). Eigentlich wollte Lothar seinen Bart nur nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft hergeben. Die Reaktion der Mannschaft im Endspiel des Westfalenpokals, nur vier Tage nach dem Spiel gegen Berlin, war durchaus angemessen, um den Bart herzugeben. Die Jungs haben Lothar gefragt, und er hat sofort zugestimmt. Er wollte das vermutlich auch nicht ganz ungern.

Am 7. Juli beginnt die Vorbereitung auf die nächste Saison. Werden die Erfolge der abgelaufenen Saison zu wiederholen sein?

Norbert Elgert: Das ist schwer zu sagen. Wir werden einen guten Kader haben. Ob er sehr gut ist, wird erst die Saison zeigen. Wir sind definitiv von den Jungs überzeugt und gespannt, wie gut die beiden Jahrgänge miteinander harmonieren. Wenn wir die Trainingsarbeit aufgenommen haben, gibt es aber sowieso keine Trennung mehr zwischen Jung- und Altjahrgang. Dann gibt es nur noch das neue Schalker U19-Team.

Während andere Klubs Millionen-Beträge für junge Spieler ausgeben, scheint die Knappenschmiede deutlich sparsamer zu sein.

Norbert Elgert: Ich war in der vergangenen Woche zwei Tage in München, habe mir auch das U17-Spiel zwischen Bayern München und RB Leipzig angesehen. Was bei den Bayern auf dem neuen Campus, aber nicht nur bei ihnen, passiert, ist schon Wahnsinn. Wir auf Schalke schlafen aber auch nicht. Wir werden uns positionieren und weiterhin auf unsere Philosophie setzen. Auf die Ausbildung, auf die Anbindung und auch auf die Durchlässigkeit nach oben. Wir werden sehr genau analysieren, wo wir stehen und gute Antworten auf die Frage finden, wo wir hinwollen und wie wir das erreichen. Wie können wir auch in Zukunft so viele Spieler wie möglich in den Profikader bringen, aber auch unseren Ansprüchen im Wettbewerb gerecht werden? Wie können wir spitze bleiben?

Es wird immer von den Erfolgen der Knappenschmiede gesprochen. Dabei fällt der Rückblick auf die Saison, mit Ausnahme der U19, nicht gerade rosig aus. Die U23 bleibt Oberligist, die U17 hat zwölf Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund. Auch die U16 und die U15 sind hinter dem BVB geblieben.

Norbert Elgert: Das kann sich auch wieder ändern. Wir sollten unsere Motivation nicht aus dem BVB ziehen, der seine eigene Philosophie hat und seinen eigenen Weg geht. Natürlich möchten wir aber viel lieber vor Dortmund stehen als dahinter.

Welcher Spieler aus Ihrer U19 kann es denn auf Schalke schaffen?

Norbert Elgert: Wir haben von unserer Intensität, Mentalität und von unserer großen Geschlossenheit gelebt. Wir hatten viele richtig gute Jungs, die aber diesen einen entscheidenden Schritt, wie im vergangenen Jahr etwa Weston McKennie, noch nicht ganz gegangen sind. Was nicht ist, kann aber noch werden. Einige werden die Chance bekommen, sich während der China-Reise der Profis zu präsentieren und aufzudrängen.

Auf Schalke wird für 95 Millionen Euro ein neues Vereinsgelände gebaut, das auch die Knappenschmiede auf ein neues Level heben wird. Inwieweit werden die Jugendmannschaften davon profitieren?

Norbert Elgert: Die Baupläne, gibt es ja schon lange, jetzt werden sie realisiert. Daran hat Christian Heidel definitiv den größten Anteil. Die Neugestaltung des Vereinsgeländes beeinflusst allein das Training enorm. Auf einem schlechten Rasen kannst du keinen Spitzenfußball lehren. Das „Tor auf Schalke“ kann uns auch behilflich sein, Spieler zu überzeugen, zu uns zu kommen. Denn sie werden von der neuen Anlage sicherlich genauso begeistert sein wie wir. Das ist wie im Restaurant: Das Auge isst mit.

Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies nannte Sie während der Jahreshauptversammlung seinen Freund und bedankte sich für Ihre hervorragende Arbeit. Berührt Sie das?

Norbert Elgert: Ich habe mir an diesem Tag das Spiel unserer U17 gegen Bielefeld angeschaut und war deshalb nicht in der Arena. Aber natürlich freut und berührt mich diese Wertschätzung. Ich beziehe diese lieben Worte und den Applaus aber auf alle Mitarbeiter der Knappenschmiede. Dass zwischen Clemens und mir eine Freundschaft entstanden ist, bestätige ich gerne. Ich schätze ihn sehr. Er hatte auch einen ganz entscheidenden Anteil daran, dass ich meinen Vertrag auf Schalke vor zwei Jahren verlängert habe.