Gelsenkirchen. Bisher war die Rede von einem möglichen Fehlen bis zur Winterpause. Doch der Comeback-Termin für Schalkes Leon Goretzka ist völlig ungewiss.
Ein Fußballkollektiv funktioniert im Idealfall so: Die Spieler sind ehrgeizig, nehmen den internen Konkurrenzkampf an und bleiben doch ein harmonisches Gefüge, weil sie das System verinnerlicht haben und sich menschlich verstehen. Auf diese Weise lassen sich Ausfälle und Formschwächen kompensieren. Dann spielt eben mal ein anderer.
Schalke 04 hat in dieser Saison wegen der fehlenden Europapokal-Spiele nur einen kleinen Kader, und tatsächlich haben die meisten Spieler bisher bewiesen, dass auf sie Verlass ist, wenn man sie braucht. Egal, wer fehlt. Mit einer Ausnahme. Leon Goretzka sollte nicht fehlen, denn der wird immer gebraucht. Weil er der Ausnahmefußballer in diesem Aufgebot der Ausgeglichenen ist.
Schalke trifft es in diesen Tagen hart
Deshalb trifft es die Schalker in diesen Tagen hart, dass sie den Nationalspieler nicht nur am Samstag im wichtigen Auswärtsspiel bei Borussia Mönchengladbach (18.30 Uhr/Sky) ersetzen müssen, sondern auch darüber hinaus - und zwar auf unbestimmte Zeit. Bisher hieß es, dem 22-Jährigen drohe ein Ausfall bis zur Winterpause. Schlimmstenfalls aber kann sich die Wartezeit noch erheblich verlängern.
Auch interessant
Goretzka leidet seit Wochen unter einer knöchernen Stressreaktion im linken Unterschenkel. Diese Verletzung, die sich zu einem Ermüdungsbruch ausweiten kann, schien nach vier Wochen Pause vor dem Revierderby vor knapp zwei Wochen auskuriert gewesen zu sein. Trainer Domenico Tedesco schickte Leon Goretzka wegen dessen Trainingsrückstandes in Dortmund erst nach einer halben Stunde aufs Feld, als das Team mit 0:4 zurücklag und unbedingt einen Stabilisator brauchte. Goretzka erfüllte diese Rolle vorbildlich, er hatte großen Anteil an der Aufholjagd, die zum 4:4 führte. “Er hatte in diesem Spiel noch keine Probleme”, berichtet Axel Schuster, Schalkes Direktor Sport. “Danach aber doch wieder.”
Vor dem 2:2 gegen Köln am vergangenen Samstag setzten sich Goretzka und Trainer Domenico Tedesco noch einmal zusammen. Goretzka sagte, dass er sich noch keine volle Partie zutraue. Er wurde dann in der zweiten Halbzeit eingewechselt. Doch trotz der reduzierten Einsatzzeit blieben die Beschwerden.
Schalke zieht daraus nun neue Konsequenzen: Dem Bein wird nun Ruhe verordnet. “Wir testen und schauen nun alles Mögliche, da er ja ohnehin nicht am Trainingsbetrieb teilnehmen kann”, berichtet Axel Schuster. “Wir werden ihm alle Zeit geben, damit alles verheilt und alle Schmerzen abklingen. Und zwar mehr Zeit als beim letzten Mal. Mit den weiteren Tests wollen wir ausschließen, dass so etwas in der Zukunft zurückkommt.”
Die Diagnose, sagt Schuster, sei unverändert. “Nur, dass es jetzt länger dauert als erhofft.”
Woher diese Verletzung kommt, ist nicht bekannt. Es kann eine Reaktion auf eine Fehlbelastung sein. Schuster: “Es kann aber auch sein, dass er mal einen Schlag bekommen hat, einen schweren Tritt, den er anfangs gar nicht so eingeschätzt hat. Das ist leider nicht genau festzustellen.”
Bekanntlich ist die Personalie Goretzka auf Schalke eine besonders heikle, es handelt sich schließlich um den besten und begehrtesten Spieler. Der Vertrag des gebürtigen Bochumers läuft am Saisonende aus, europäische Top-Klubs buhlen um ihn. Und Schalke will natürlich mit ihm verlängern, ihn zur Führungsfigur der nächsten Jahre machen. Könnte die aktuelle Verletzung Auswirkungen auf die Zukunftspläne haben? “Das spielt überhaupt keine Rolle”, sagt Schalkes Sportvorstand Christian Heidel. “Wir reden hier ja nicht über eine Verletzung, bei der jemand Zweifel haben könnte, ob Leon nicht mehr richtig Fußball spielen könnte.”