Gelsenkirchen. Schalke bestreitet mit einem kleinen Aufgebot die Bundesliga-Hinrunde . Damit geht Sportvorstand Christian Heidel ein Risiko ein. Eine Analyse.

  • Schalke bestreitet mit einem kleinen Aufgebot die Bundesliga-Hinrunde
  • Damit geht Sportvorstand Christian Heidel ein Risiko ein
  • Eine Analyse

Christian Heidel räumt beim FC Schalke 04 auf: In der Sommer-Transferperiode stießen sechs Spieler zum Profikader hinzu - aber gleich 17 Profis gab Heidel ab, zuletzt Vereinsidol Benedikt Höwedes und Johannes Geis. Nun besteht Schalkes Profikader nur noch aus 20 Feldspielern. Trotzdem hält Schalke am Ziel fest, einen internationalen Wettbewerb erreichen zu wollen. Mit seiner Transferpolitik geht Heidel ein großes Risiko ein. Die fünf Gründe:

  • Das Aufgebot ist klein: Sollten die Königsblauen in der zweiten Pokalrunde beim SV Wehen Wiesbaden gewinnen, bestreiten sie noch 17 Pflichtspiele, bis am 1. Januar 2018 das Winter-Transferfenster öffnet. Für diese 16 oder 17 Spiele stehen Trainer Domenico Tedesco lediglich 20 Feldspieler zur Verfügung, 16 darf er immer für sein Aufgebot nominieren.
  • Sieben Fragezeichen: Zu den 20 Feldspielern gehören viele Spieler, die zuletzt nicht erste Wahl oder fit waren. Zum Beispiel Franco Di Santo: In der vergangenen Saison war er ständig angeschlagen, nun fehlt er wieder mit einer Schulterprellung. Sein letztes Tor für Schalke erzielte der hochbezahlte Stürmer am 5. März 2016 beim 3:1 in Köln. Zum Beispiel Breel Embolo. Der Schweizer ist nach knapp einjähriger Verletzungspause noch lange nicht in Bestform. Zum Beispiel Coke, den Tedesco eigentlich aussortierte, der aber nun bei vielen Ausfällen aushelfen muss. Zum Beispiel Max Meyer, der Schalke am Saisonende ablösefrei verlassen will und zuletzt nicht den formstärksten Eindruck hinterließ. Zum Beispiel Fabian Reese, der erst sechs Bundesligaspiele bestritt. Zum Beispiel Weston McKennie, der sogar erst einmal in der Bundesliga zum Einsatz kam. Zum Beispiel Benjamin Stambouli, einer der Flops der Vorsaison, der nun in der Abwehr fest eingeplant ist.
  • Einige Positionen sind nicht mehr doppelt besetzt: Heidel gab Benedikt Höwedes und Johannes Geis ab - zwei Spieler, die in Tedescos 3-4-3-System für die Dreierreihe in der Abwehr eingeplant waren. Nun hat Tedesco lediglich fünf Spieler für drei Positionen: Naldo, Pablo Insua, Matija Nastasic, Benjamin Stambouli und Thilo Kehrer. Insua ist noch ohne Bundesliga-Einsatz, Kehrer geht erst in seine zweite Saison. Auch Bastian Oczipka könnte zur Not in der Dreierreihe aushelfen - dann fehlt auf Schalke allerdings ein Linksverteidiger. Denn Oczipka ist auf dieser Position der einzige Spezialist im Aufgebot. Auf ein System mit Viererkette könnte Tedesco nun fast gar nicht mehr umschwenken.
  • Unruhe durch den Höwedes-Wechsel: Die Entmachtung von Benedikt Höwedes und der folgende Wechsel des langjährigen Kapitäns zu Juventus Turin wurden für Schalke zum PR-Desaster. "Reisende soll man nicht aufhalten" - auch wenn Tedesco diesen Satz in einer Pressekonferenz formulierte, als es allgemein um wechselwillige Spieler ging: Er hätte ihn nie im Zusammenhang mit Höwedes sagen dürfen. Mit einem Plakat mahnten die Schalke-Fans vor der 0:1-Niederlage in Hannover schon: "Respektvoller Umgang mit einem verdienten Spieler." Sowohl sportlich als auch in der Außendarstellung ist Tedescos Start durchschnittlich.
  • Bedeutung der Knappenschmiede schwindet: 2014 gehörten im Champions-League-Spiel bei Real Madrid acht in der Knappenschmiede ausgebildete Spieler zur Schalke-Startelf. Heidel sortierte nun so viele Spieler aus, dass nur noch fünf selbst ausgebildete Talente im Kader stehen - Max Meyer und Thilo Kehrer haben bereits angekündigt, den Klub wechseln zu wollen. Schalke bildet momentan nur für andere Vereine aus, kaum noch für sich selbst.

Geht Schalke ohne Verletzungssorgen oder Sperren durch die Hinrunde, kann das Konzept dennoch aufgehen. Dann könnte sich die Mannschaft einspielen und im Winter gezielt verstärkt werden. Doch es ist auch möglich, dass schnell vier, fünf Spieler dauerhaft fehlen. Steht Schalke im Winter nur im Tabellen-Mittelfeld, muss auch Heidel um seinen Job fürchten. Denn schon in seiner ersten Saison auf Schalke bewies er nur selten ein glückliches Händchen.