Hannover. . André Breitenreiter spricht vor dem Spiel gegen Schalke über den Umbruch nach seinem Abschied. Er sagt, warum er Höwedes nie in Frage gestellt hat, und wo er Goretzka bald als Kapitän sieht.
- André Breitenreiter spricht vor dem Spiel gegen Schalke über den Umbruch nach seinem Abschied.
- Er sagt, warum er Höwedes nie in Frage gestellt hat
- Er sagt, wo er Goretzka bald als Kapitän sieht
Das Herz gehört mittlerweile wieder ganz seinen „96-ern“, aber das intensive Jahr auf Schalke hat er nicht vergessen: Am Sonntag trifft Trainer André Breitenreiter mit Hannover 96 in der Bundesliga auf Schalke 04. Vorher spricht er im WAZ-Interview zum ersten Mal ausführlich auch über seine Zeit auf Schalke – über ein Jahr, das er als „sehr erfolgreich, aber auch kräftezehrend“ in Erinnerung hat. Und Breitenreiter prognostiziert: Leon Goretzka wird der neue Kapitän – in der Nationalmannschaft!
Herr Breitenreiter, wie geht es Ihnen in Hannover?
André Breitenreiter: Danke, bestens. Es ist schön, so heimatnah arbeiten zu dürfen – das erhöht auch die Lebensqualität.
Hannover 96 hat in dieser Woche den Brasilianer Jonathas für angeblich neun Millionen Euro als neuen Torjäger verpflichtet. Spielt er schon gegen Schalke?
André Breitenreiter: Das müssen wir abwarten, aber im Training macht er es schon gut. Wir bewegen uns mit diesem Transfer bei einer Summe, die auf Schalke weniger als normal ist – für Hannover aber den größten Transfer der Vereinsgeschichte bedeutet. Dazu müssen wir aber definitiv für die offensiven Außen auch noch zwei neue Spieler verpflichten.
Sie sind mit einem 1:0-Sieg in Mainz sehr erfolgreich in die Saison gestartet – wie damals auf Schalke, als Sie das erste Spiel in Bremen 3:0 gewonnen haben...
André Breitenreiter: Aber die Situationen kann man nicht vergleichen. Auf Schalke war die Stimmung ganz am Anfang durch die vorhergehende Saison auf dem Gefrierpunkt – da galt es erst einmal, eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. Das brauchten wir hier in Hannover nach dem Aufstieg nicht, was man auch im ersten Spiel gesehen hat: Die Jungs freuen sich alle auf die erste Liga.
Wie sehr stört Sie da der Stimmungs-Boykott der eigenen Fans?
André Breitenreiter: Leider wird die Unruhe im Umfeld auf dem Rücken der Mannschaft ausgetragen – das hat die Mannschaft nicht verdient. Wir brauchen die Unterstützung über 34 Spieltage – ohne sie wird es für Hannover nicht reichen.
Fürchten Sie gegen Schalke ein Auswärtsspiel im eigenen Stadion?
André Breitenreiter: Unser Spieler Martin Harnik hat es gut gesagt: Ihm graut es vor Sonntag. In den ersten beiden Pflichtspielen hatten wir keine Unterstützung – wenn das am Sonntag auch so ist, werden wir wirklich ein Auswärtsspiel haben. Ich kenne ja die Unterstützung der Schalker Fans.
Sportlich dürfte es aber nicht leicht werden für Schalke: Sie sind auf allen Trainer-Stationen in der Bundesliga sehr erfolgreich gestartet – mit Paderborn waren sie nach vier Spielen sogar Tabellenführer...
André Breitenreiter: Aber da hat es am Ende leider nicht gereicht... Die Schalker haben sich mit sehr hohen Summen verstärkt, besonders vor der letzten Saison. Ihr Ziel, das wurde ja gesagt, ist die Champions League, das werden sie am Sonntag auch zeigen wollen, aber wir werden dagegen halten. Geschenkt wird Schalke garantiert nichts.
Wie gut kennen Sie die Schalker Mannschaft eigentlich noch? Am ersten Spieltag standen mit Fährmann, Kehrer, Nastasic und Goretzka nur noch vier Spieler aus Ihrer Zeit in der Start-Elf.
André Breitenreiter: Das ist sicher nicht mehr meine Mannschaft, in der letzten Saison ist die Spielidee ja grundlegend verändert worden – erst jetzt ähnelt es wieder unserem Ansatz aus der Saison vor zwei Jahren. Aber es ist für mich natürlich ein besonderes Spiel – ich kenne noch viele Leute aus dem Funktionsteam und treffe Spieler wieder, die wir gemeinsam weiterentwickelt haben. Max Meyer hatte in diesem Jahr die beste Quote seiner Karriere, auch Leon Goretzka hatte sich enorm entwickelt, Ralf Fährmann hat in dieser Zeit nochmal einen Riesensprung gemacht, Alessandro Schöpf wurde zum Nationalspieler. Ich freue mich auf alle, die ich lange nicht gesehen habe.
Hätten Sie sich in Ihrer Zeit auf Schalke eigentlich auch so einen großen Umbruch gewünscht wie im vergangenen Jahr? Das Geld kam ja aus den Verkäufen von Julian Draxler, den Sie Ende August noch abgeben mussten, und Leroy Sané, der sich unter Ihnen zum international gefragten Spieler entwickelt hat.
André Breitenreiter: Diese Dinge sind abgehakt. Ich habe damals oft darauf hingewiesen, wo die Probleme lagen, und das hat sich ja auch bestätigt. Eines kann ich allerdings sagen: 75 Millionen Euro für neue Spieler hätte ich mir auch gewünscht – das ist ja nicht verwerflich.
Benedikt Höwedes wurde als Kapitän abgesetzt. Zuletzt hieß es, auch die Vorgänger von Domenico Tedesco hätten mit diesem Gedanken gespielt. Zählten Sie auch dazu?
André Breitenreiter: Nein, dazu zähle ich ganz sicher nicht. Bene war der Leader bei mir, er ist immer vorneweg gegangen, war meine rechte Hand. Er war der Kapitän, und ich habe keinen Gedanken daran verschwendet, das zu verändern. Aber jeder Trainer hat natürlich seine eigenen Ideen, und Ralf Fährmann ist ebenfalls eine großartige Identifikationsfigur und Leon Goretzka wächst in diese Rolle sowieso hinein. Ich bin überzeugt: Leon wird der kommende Kapitän der deutschen Nationalmannschaft sein.
Sie haben schon erwähnt, dass es für Sie ein besonderes Spiel wird – aber das gilt sicher auch für Horst Heldt. Reden Sie darüber?
André Breitenreiter: Dafür hat Horst im Moment gar keine Zeit (lacht), er ist mit Transfers beschäftigt. Aber wir verstehen uns sehr gut und harmonieren total.
Auf Schalke haben Sie sich zum Schluss nicht so gut verstanden...
André Breitenreiter: Die Extremsituation um den Manager-Wechsel auf Schalke hat damals dazu geführt, dass wir beide sicher auch Fehler gemacht haben – das war auch dem geschuldet, dass es intern Kommunikationsprobleme gab. Aber das ist vorbei. Hier in Hannover haben wir in der Rückserie alle gemeinsam den Aufstieg realisiert. Und soll ich Ihnen etwas verraten?
Gerne.
André Breitenreiter: Nach der Saison sind wir zu Viert für drei, vier Tage in Urlaub gefahren und haben den Aufstieg gefeiert: Horst, Gery Zuber, Volkan Bulut und ich. Das macht man nicht, wenn man sich nicht gut versteht.