Gelsenkirchen. . Trainer Domenico Tedesco will in der neuen Saison ein anderes Spielsystem etablieren. Wir analysieren, ob er dafür das passende Personal hat.
- Trainer Domenico Tedesco will in der neuen Saison ein anderes Spielsystem etablieren
- Wir analysieren, ob er dafür das passende Personal hat
- Kehrer könnte die Umstellung nutzen
Der Trend im Fußball geht auch an Schalke nicht vorbei: Trainer Domenico Tedesco hat in der Vorbereitung ein neues Spielsystem mit einer Dreier-Abwehrkette einstudieren lassen – Schalke wird künftig in einer 3-4-3-Grundordnung antreten. Welche Möglichkeiten der Schalker Kader für eine Dreier-Abwehr bietet, beleuchtet WAZ-Gastautor Jakob Debelka.
Nach einer Periode, in der auf der gehobenen Fußballbühne eigentlich nur mit Viererkette verteidigt wurde, sahen die letzten Jahre eine Renaissance der Dreier- und Fünferketten. Auch auf Schalke ließen die letzten drei Trainer alle in mehreren Partien mit Fünferkette agieren. Richtig durchgesetzt hat sich das System bis jetzt noch nicht. Möglich aber, dass Neu-Trainer Tedesco dieses Jahr die Dreierkette als Standardvariante etablieren wird. Was er dafür braucht, sind flexible und vielseitige Innenverteidiger und offensivstarke Außenverteidiger.
So wird das Problem der offensiven Unterbesetzung gelöst
Mit beidem ist Schalke tatsächlich recht gut bestückt. Höwedes bringt zwar seine besten Leistungen in der Innenverteidigung, doch er wurde auch nicht grundlos als Linksverteidiger Weltmeister. Kehrer ist mit seiner guten Spielintelligenz und kompletten Physis und der Vielzahl seiner möglichen Positionen perfekt für eine Dreierkette geeignet, Nastasic ist zwar klar Innenverteidiger, aber wendig genug, auch auf Außen auszuhelfen.
Jugendspieler Hemmerich, Neuzugang Oczipka und der erfahrene Spanier Coke sind sehr offensivstarke Außenverteidiger und bringen viel Durchschlagskraft im letzten Drittel mit. Der momentan verletzte Alessandro Schöpf hat auf der Außenläuferposition in der letzten Saison offensiv gute Leistungen gezeigt, das Hauptproblem waren die ungewohnten Defensivaufgaben eines Außenverteidigers – da dürfte Erfahrung aber Besserung mit sich bringen. Personell spricht also auf den ersten Blick vieles für die Kette mit drei Innenverteidigern und zwei offensivstarken Außenverteidigern davor, doch es lassen sich auch einige Fragezeichen benennen.
Dass Insua und besonders Naldo eher etwas klassischere Innenverteidiger sind, kann Tedesco dadurch kompensieren, sie ins Zentrum zu stellen. Bei Uchida stellt sich die Frage, ob er wirklich genug Offensivgefahr im letzten Drittel für die Außenposition mitbringt. In Kombination mit Farfan war er klasse, doch eben eher als Zuarbeiter. Offensiv hat er in di Matteos Fünferkette damals keine Bäume ausgerissen. Auf links stellt sich die Frage, ob Oczipka wirklich die nötige Klasse hat, Kolasinac zu ersetzen. Vielleicht wäre Kehrer dafür der Richtige, doch er bringt nicht so viele Aktionen im letzten Drittel, sondern unterstützt eher durch kluges Passspiel den Spielaufbau. In der Dreierkette ein Traum, auch als Außenverteidiger in der Viererkette sehr gut denkbar, aber eventuell auf Dauer nicht passend für einen Flügelläufer.
Caliguri ist ein sehr vielseitiger Spieler
Doch vielleicht hat Tedesco bereits genau die richtige Lösung gefunden. In den bisherigen Testspielen spielte auf links alternativ zu Oczipka häufig ein offensiverer Akteur wie Tekpetey oder Caliguri und auf rechts Coke. Caliguri ist ein sehr vielseitiger Spieler, der auch sehr diszipliniert gegen den Ball arbeitet, der aber für einen Flügelstürmer offensiv nicht genug Aktionen bringt, sehr wohl allerdings für den Außenverteidiger in einer Fünferkette. Durch so einen offensiveren Akteur wird die ganze Schalker Formation etwas asymmetrisch und der rechte Flügelläufer etwas defensiver.
Das passt dann auch schon wieder besser zu Uchida und es ermöglicht Coke, seine starken Pässe aus der Tiefe einzubringen. Da Tedesco vor den fünf Abwehrspielern eine Doppelsechs und drei Offensivakteure zu bevorzugen scheint, lässt sich diese Saison vielleicht auch das chronische Problem der offensiven Unterbesetzung lösen. Häufig fehlten Schalke mit Fünferkette nämlich einfach vorne die Spieler.
Die Wahrheit liegt wie immer auf dem Platz: wie gut dieses Gebilde tatsächlich funktioniert, wird erst der Saisonauftakt zeigen, doch Tedesco scheint sich bei seiner Lösung viele Gedanken gemacht zu haben. Er hat nicht einfach seine Schablone durchgepresst, sondern sie an den Kader angepasst.