Gelsenkirchen. Klaas-Jan Huntelaar und Dennis Aogo gehen, Sead Kolasinac ist kaum zu halten, einige Fragen sind ungeklärt. Hier ist der aktuelle Schalke-Stand.
Mit dem Heimspiel gegen RB Leipzig (17.30 Uhr/sky) läutet Schalke 04 heute den Endspurt in der Fußball-Bundesliga ein. Nur mit einem Kraftakt können die Königsblauen ihre bisher enttäuschende Saison noch mit der Qualifikation für die Europa League retten. Dazu müsste allerdings gegen Leipzig, Leverkusen, Freiburg, Hamburg und Ingolstadt eine Siegesserie her.
Für Sportvorstand Christian Heidel würde der Sprung in den internationalen Wettbewerb die Planungen für die Saison 2017/2018 deutlich erleichtern. Potenzielle Neuzugänge, wie etwa der Wolfsburger Außenverteidiger Ricardo Rodriguez (24/rund 18 Millionen Euro Ablösesumme), wären schneller zu überzeugen, wenn Schalke in der Europa League mitmischen würde.
Der eingeleitete Umbruch unter Christian Heidel und Neu-Trainer Markus Weinzierl ist noch nicht vorbei. Rund 70 Millionen Euro wurden in den aktuellen Kader investiert. Aufwand und Ertrag stehen nicht im Einklang, wobei die Schalker auch Pech hatten. Die beiden Königstransfer Coke (für vier Millionen Euro aus Sevilla geholt) und Breel Embolo (für 21 Millionen Euro aus Basel verpflichtet) verletzten sich schwer und konnten kaum eingesetzt werden. Coke hat gerade nach seiner Kreuzbandverletzung Fahrt aufgenommen. Embolo will nach seinem Sprunggelenksbruch in der neuen Saison wieder angreifen.
Auf welche Teamkollegen Breel Embolo bei seinem Neustart auf Schalke trifft, ist noch offen. Gerade in der Offensive wird sich der Kader verändern. Altmeister Klaas-Jan Huntelaar (33), der beim unglücklichen K.o. im Europa League-Viertelfinale gegen Ajax Amsterdam (3:2 nach Verlängerung, 0:2 im Hinspiel) wieder über einen längeren Zeitraum mitmischen durfte, kann sich mit seiner Reservistenrolle überhaupt nicht anfreunden. Huntelaar wird zwar von allen Seiten gelobt (Trainer Weinzierl: „Wir wissen, was wir an ihm haben“), aber er passt schlichtweg nicht ins laufintensive Pressing-System. Beim „Hunter“ deutet sich eine Rückkehr zu seinem alten Verein Ajax Amsterdam an.
Fall Meyer: Schalke will keinen teuren Reservisten
Mit Max Meyer (21) wird Schalke wahrscheinlich ein Talent verlieren, das in dieser Saison keinen entscheidenden Schritt nach vorne machen konnte. Meyer lässt gelegentlich sein Können aufblitzen, taucht dann aber wieder ab. Da sein Vertrag noch bis Sommer 2018 Gültigkeit besitzt, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder vorzeitig verlängern oder gegen eine hohe Ablösesumme wechseln. Da eine Vertragsverlängerung mit einer deutlichen Gehaltsaufbesserung verbunden wäre, hält sich Schalke noch zurück. Meyer saß zwischenzeitlich ganz draußen. Das Risiko, sich einen teuren Reservisten auf die Bank zu setzen, ist den Schalker Verantwortlichen zu groß.
Eric Maxim Choupo-Moting (28) kann im Endspurt keine Eigenwerbung mehr betreiben. Eine Kreuzbandverletzung setzt den Offensivmann außer Gefecht. Seine Leistungskurve verlief in dieser Saison wie bei vielen Spielern im Zick-Zack-Kurs, zeigte aber zuletzt wieder nach oben. Die Tatsache, dass Choupo-Moting in seiner Karriere noch nie einen auslaufenden Vertrag beim gleichen Klub verlängert hat, spricht eher für ein Ende der Zusammenarbeit. Die Verletzungsanfälligkeit von Choupo-Moting, den öfter mal das Knie zwickt, dürfte bei der Bewertung auch für Schalkes Macher eine Rolle spielen.
Franco Di Santo (28) hat eine Seuchen-Saison hinter sich. Der Angreifer quälte sich monatelang mit Bauchmuskelproblemen herum, bevor eine Leistenoperation in Argentinien durchgeführt wurde. In der Rückrunde stehen nur vier Kurz-Einsätze für ihn zu Buche. Beim 1:2 in Darmstadt spielte Di Santo 35 Minuten, ohne Akzente zu setzen. Was für ihn spricht: Durch die große Laufstärke passt er grundsätzlich ins Konzept von Trainer Markus Weinzierl. Da sein Kontrakt noch bis 2019 läuft, stellt sich die Perspektivfrage: Kann Di Santo in der nächsten Saison Stammplatz-Ansprüche anmelden oder wäre ein Wechsel für beide Seiten besser?
Ein schwaches erstes Jahr erwischte auf Schalke Yevhen Konoplyanka (27). Der Außenstürmer aus Sevilla verlor seine Lieblingsposition aufgrund einer Systemänderung nach dem Schalker Fehlstart. In der Europa League in Krasnodar erzielte er das 1:0-Siegtor, im DFB-Pokal in Nürnberg (3:2) traf er doppelt, aber häufig blieb für den ukrainischen Nationalspieler nur der Bank- oder Tribünenplatz. Nach Saisonschluss soll Konoplyanka, für den Sevilla mit Schalke eine bindende Kaufoption vereinbarte, noch einmal bewertet werden.
Goretzkas Schalke-Vertrag läuft noch bis 2018
Strecken muss sich Schalke bei Mittelfeld-Antreiber Leon Goretzka (22), der gerade im Rückspiel gegen Amsterdam wieder eine überragende Partie zeigte und trotz ausgerenkten Kiefers wieder auf den Platz zurückkehrte. Der Vertrag des Nationalspielers läuft genau wie bei Max Meyer noch bis 2018. Goretzka ist ein Kind des Ruhrpotts, genießt auf Schalke Riesen-Anerkennung. Beides spricht für einen Verbleib. Trotzdem müsste Schalke kräftig draufpacken und ein überzeugendes Konzept präsentieren, um Goretzka für einen langfristigen Vertrag zu begeistern. Dass Vereine wie Bayern München oder Juventus Turin Goretzka auf dem Zettel haben sollen, kommt erschwerend hinzu.
Nur minimale Chancen bestehen, den von sechs europäischen Vereinen umworbenen Außenverteidiger Sead Kolasinac (23) auf Schalke zu halten. Die Tendenz geht offenbar Richtung AC Mailand, wobei auch dem FC Arsenal gute Chancen eingeräumt werden. „Es gibt zwischen Seads Berater, dem Spieler und uns kein Rumgezocke. Alles geht offen und ehrlich zu. Noch steht er bei uns unter Vertrag. Und noch hat kein anderer Verein etwas verkündet“, so Sportvorstand Christian Heidel.
Nicht abwegig hält Heidel die Möglichkeit, den von Bayern ausgeliehenen Holger Badstuber (28) längerfristig zu binden. In München hat Badstuber keine Perspektive. Bei den Schalkern pendelt er zwischen Bank und Startelf. Allrounder Dennis Aogo (30) zählt genau wie Torwart Timon Wellenreuther (21) zu den Profis, die allerhöchstens Ergänzungen sind. Beide Verträge laufen aus und sollen nicht verlängert werden.