Gelsenkirchen. Schalke setzte sich gegen Wolfsburg mit 4:1 durch - Trainer Markus Weinzierl hatte den VfL mit einer offensiven Taktik überrascht.

  • Schalke setzte sich gegen Wolfsburg mit 4:1 durch
  • Trainer Markus Weinzierl hatte den VfL mit einer offensiven Taktik überrascht
  • Mit dieser Taktik führte Weinzierl Schalke zum 4:1-Erfolg

Einen solchen Sturmlauf hatten die Fans des FC Schalke 04 schon lange nicht mehr gesehen: Von der ersten Sekunde überrannten die Königsblauen den VfL Wolfsburg, erarbeiteten sich viele erstklassige Chancen und führten bereits nach 23 Minuten mit 2:0. Am Ende deklassierten sie die überforderten Gäste mit 4:1. Viele Faktoren machten diesen Kantersieg möglich - einer davon: die Offensivtaktik von Trainer Markus Weinzierl.

Dabei hatte Weinzierl im Vergleich zur 0:3-Klatsche in Bremen am Dienstag nur zwei Spieler ausgetauscht. Für Benjamin Stambouli (angeschlagen) und Alessandro Schöpf (Bank) rückten Sead Kolasinac und Nabil Bentaleb in die Startelf. Doch die geringfügigen Änderungen in der Ausrichtung waren entscheidend:

  • "Doppel-8" mit Nabil Bentaleb und Leon Goretzka statt Doppel-6: Zwei defensive Mittelfeldspieler sind der Standard in den meisten Profiteams. Meist teilt sich das auf in einen defensiver orientierten (,Sechser') und einen offensiv orientierten Spieler (,Achter'). Gemeinsam wird dies Doppel-6 genannt. Auch Weinzierl praktizierte das häufig so. Benjamin Stambouli, Johannes Geis und Dennis Aogo übernahmen den defensiven Part und meist den Spielaufbau, Nabil Bentaleb oder Leon Goretzka den offensiven. Diesmal entschied sich Weinzierl für die beiden ,Achter' und attackierte mutiger. "Wir haben offensiv aufgestellt - und offensiv sehr gut gespielt", sagte Weinzierl. Bentaleb übernahm meist den Spielaufbau, häufig nicht ganz risikolos, spielerisch aber deutlich ansehnlicher als in den Monaten zuvor. "Wenn es gut geht, können so Supertore entstehen wie beim 1:0", schwärmte Weinzierl. Denn während vor allem Geis auf mögliche Lücken im gegnerischen Spielaufbau mit langen Pässen reagiert, gestaltet Bentaleb auch mal mit überraschenden Kurzpässen.

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Max Meyer komplettiert das offensive Zentrum: Trotz einer erneut enttäuschenden Leistung in Bremen blieb Max Meyer in der Startelf und bildete gemeinsam mit Bentaleb und Goretzka das offensive Zentrum. Meyer spielte auf seiner Lieblingsposition als ,Zehner'. Eine sehr gewagte Taktik! Zweimal hatte Weinzierl diese während eines Spiels schon probiert. Im Europa-League-Spiel bei Borussia Mönchengladbach stand das Offensiv-Trio zwischen der 46. und 79. Minute gemeinsam auf dem Platz, als Schalke aus einem 0:2-Rückstand das 2:2 machte. Im Derby gegen den BVB vor einer Woche komplettierte Meyer nach seiner Einwechslung in der 70. Minute beim Stand von 0:1 das Trio. Endstand: 1:1. Meyer wuchs gegen Wolfsburg vor allem in der Anfangsphase über sich hinaus. "Max hat mir sehr gut gefallen. In der Form, die er gegen Wolfsburg gezeigt hat, ist er für unsere Mannschaft ein absoluter Gewinn", lobte Weinzierl. Er erwähnte aber auch, dass Meyer von Bentaleb und Goretzka gut bedient wurde. Meyer legte ein Tor direkt vor, Goretzka erzielte das 2:0 und traf in der zweiten Hälfte einmal die Latte.
  • Die Außenspieler profitieren: Daniel Caligiuri, der in Bremen noch auf der rechten Abwehrseite verteidigen musste, rückte eine Position nach vorn. Caligiuri und Eric Maxim Choupo-Moting (links) wurden vom Offensiv-Trio mehrfach ideal eingesetzt. Caligiuri traf zum 3:0, Choupo-Moting legte zwei Tore vor.
  • Treffsicherer Torjäger: "Alpenbomber" taufte Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann den österreichischen Torjäger Guido Burgstaller. Der erzielte die Tore zum 1:0 und 4:0 - und hat in elf Bundesligaspielen bereits sechs Tore für Schalke erzielt. Das ist mannschaftsinterner Bestwert.
  • Sead Kolasinac auf der linken Abwehrseite: Der Bosnier kehrte trotz Adduktorenbeschwerden in die Startelf zurück. Er zeigte nicht die beste Saisonleistung und hielt sich zurück. Aber allein seine Anwesenheit stabilisiert das königsblaue Team, das viele Zweikämpfe für sich entschied. "In Bremen war unsere Zweikampfquote das Problem", sagte Weinzierl. In 21 von 28 Bundesliga-Saisonspielen kam Kolasinac zum Einsatz. Die Bilanz: 35 Punkte, nur 16 Gegentore. Eine starke Bilanz. Ohne Kolasinac gab es aus sieben Spielen nur zwei Punkte.

    Auch die Spieler waren mit Weinzierls Taktik sehr zufrieden. "Schon in Gladbach und gegen den BVB haben wir in dieser Formation Druck aufgebaut. Max Meyer hat ein hervorragendes Spiel gemacht und ihm seinen Stempel aufgedrückt", sagte Leon Goretzka. Das fand auch Sportvorstand Christian Heidel: "Das war sein bestes Spiel in diesem Jahr." Bei Bentalebs riskanten Spielaufbau-Varianten musste Heidel mehrfach den Atem anhalten: "Da kommen Genie und Wahnsinn zusammen."

    Ob Weinzierl allerdings auch im Europa-League-Viertelfinal-Hinspiel bei Ajax Amsterdam (Donnerstag, 21.05 Uhr, live in unserem Ticker) so mutig ist, verriet er noch nicht. Er verließ die Arena aber mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht: Sein Plan war diesmal komplett aufgegangen.