Sinsheim. Schalke-Manager Christian Heidel war nach der 1:2-Niederlage bei 1899 Hoffenheim bedient. Heidel benutzte sogar das Wort “bedenklich“.

Auf der Schalker Bank schüttelte Christian Heidel schon nach dem 1:2-Rückstand den Kopf. Der Schalker Sportvorstand war bedient. Aber das war noch nicht alles. Nach der 1:2 (1:2)-Niederlage bei der TSG Hoffenheim bekam der 53-Jährige den nächsten Tiefschlag beim Gang in die Mannschaftskabine. „Kurz nach Abpfiff waren einige Spieler schon beim Essen. Ich kann heute nichts mehr essen. Haben die es verstanden“, schimpfte Heidel. Dem Mann war der Appetit nicht nur wegen der fünften Saisonklatsche vergangen, sondern vor allem die Art und Weise des Auftritts lässt ihn vermutlich zu einer größeren Kanne Kamillentee greifen.

Statistik-Fan Heidel schaut grundsätzlich nach den Begegnungen auf die erfassten statistischen Daten. Die Teamlaufleistung aus der ersten Halbzeit betrug 53 Kilometer. „Jeder, der sich im Fußball auskennt, weiß, dass das ein schlechter Wert ist“, so der Funktionär. Heidel benutzte sogar das Wort „bedenklich“ und schob angesäuert nach: „Die erste Halbzeit hat mit Mentalität und Charakter zu tun. Entweder haben sie es nicht verstanden, dann werden wir es ihnen deutlich sagen.“ Heidel weiter: „Ich weiß, wie schwierig Abstiegskampf ist. Die Mannschaft nicht, weil sie es nicht kennt.“

Auch bei den Fans wächst der Frust. Nach Abpfiff hagelte es Pfiffe beim Gang in die Kurve. Dazu kam die Aufforderung „wir wollen euch kämpfen sehen.“ Selbst eine laute Halbzeitansprache von Markus Weinzierl löste nur leichte Verbesserung beim Tabellenletzten aus. Der Fußballlehrer legte die gleiche Platte auf wie zuletzt: „Wir waren individuell zu fehlerhaft. Das müssen wir dringend abstellen. Sonst werden wir ein Erfolgserlebnis nicht so schnell bekommen, wie wir es brauchen.“

Vor 29288 Zuschauern erwischten die Schalker zunächst einen Wunsch-Auftakt. Sascha Riether schickte Neuerwerbung Breel Embolo über die rechte Außenbahn steil. Der Schweizer Nationalspieler ließ zwei TSG-Defensivleute aussteigen, flankte genau auf den Kopf des mitgelaufenen Eric Maxim Choupo-Moting. Dessen Kopfball zischte vor Hoffenheims Verteidiger Niklas Süle zum 0:1 ins Netz (4.). Weinzierl: „Wir sind sehr gut ins Spiel gekommen, aber die Führung hat uns keine Sicherheit gegeben. Wir haben danach zwei Tore fast selbst geschossen.“ Mit der Führung im Rücken begann die Lethargie, die Heidel anprangerte.

Nach 17 Minuten besorgte Andrej Kamaric das 1:1. Sein Kopfball schlug im rechten unteren Eck ein. S04-Abräumer Matija Nastasic hätte energischer eingreifen müssen, was allerdings auch für die Verhinderung der Flanke von Pavel Kaderabek galt. Hier ließ Leon Goretzka dem Hoffenheimer Assistgeber zu viel Bewegungsfreiheit. Das 1:1 ist über sechs, sieben Stationen entstanden. Kamarics Kopfball war außerordentlich gut“, lobte TSG-Trainer Julian Nagelsmann, der sich noch vor dem Pausenpfiff über die zweite Einladung aus Gelsenkirchen freuen durfte. Nabil Bentaleb, unter dem Strich mit vielen Impulsen, schlauen Pässen und Vorwärtsdrang, leistete sich ein zu lässiges Abspiel an der Seitenlinie. Seine Wiedergutmachungs-Grätsche gegen Kerem Demirbay verpuffte wirkungslos. Demirbay passte den Ball genau in die Schnittstelle der unsortierten Viererkette. Schalke-Torwart Ralf Fährmann streckte sich vergeblich, so dass Lukas Rupp aus drei Metern mühelos zum 2:1 vollenden konnte (41.). Auffällig: Schalkes Außenverteidiger Sascha Riether hätte es Rupp mit etwas mehr Wachsamkeit zumindest schwerer machen können. Weinzierl sah das Kernproblem im Fehlpass, während sich das komplette Team in der Vorwärtsbewegung befand. „Das haben wir schon hundert Mal angesprochen, dass wir so etwas unbedingt vermeiden wollen. Wir haben tatkräftig mitgeholfen, dass aus der 1:0-Führung ein 1:2-Rückstand wurde.“

Nach dem Seitenwechsel versuchten die Schalker Druck aufzubauen, lösten die taktischen Fesseln und rannten in zig Hoffenheimer Konter. „Bei sechs, sieben Kontern haben wir oft die falsche Entscheidung getroffen, sind ins Tempodribbling gegangen, anstatt den Pass zu spielen“, bilanzierte TSG-Trainer Nagelsmann, der noch bange Momente zu überstehen hatte. Nach einem Handspiel von Demirbay (90.) hätte es Handelfmeter für Schalke geben müssen. „Das“, schäumte Christian Heidel, „interessiert mich gar nicht.“ Der Sportvorstand muss jetzt anderweitig Hand anlegen, um das Team ans Laufen zu bekommen.