Gelsenkirchen. . Schalke und Trainer Breitenreiter, im Sommer gefeiert, sacken ins Tief. Das Team gibt Rätsel auf, die „Erwartungshaltung“ sorgt für Missstimmung.
Eines wollte Mircea Lucescu (70), der Trainer-Fuchs von Schachtjor Donezk, noch loswerden: Das, was sich auf den Rängen der Arena abgespielt hatte, hatte ihm nicht gefallen. „Anscheinend waren die Schalker Fans nach dem 0:0 beim Hinspiel zu selbstsicher und haben das Potenzial von Schachtjor nicht erkannt”, sagte Lucescu zunächst beiläufig. Um dann eine Breitseite folgen zu lassen: „Ich war entsetzt, dass die Fans das Stadion so früh verlassen haben. Das haben die Spieler von Schalke nicht verdient.”
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Es herrschte mal wieder Weltuntergangsstimmung in der Arena rund um das 0:3 gegen Donezk. „Dass es am Ende höhnisch wurde, macht mich sehr nachdenklich”, sagte Trainer André Breitenreiter. Ralf Fährmann fand die Reaktionen „nicht angebracht”, Manager Horst Heldt brachte Verständnis für die Anhänger auf. Auf jeden Fall eine neue Baustelle, nachdem Spieler und Fans in dieser Saison ja bislang wieder zu einer Einheit geworden waren. Wie aber konnte es zu diesem Stimmungsumschwung kommen? Stationen einer Saison.
Der Neuanfang
Im Sommer hätte André Breitenreiter gute Chancen gehabt, zum beliebtesten Schalker gewählt zu werden. Er ging auf die Fans zu und strahlte das Bodenständige aus, wonach sich alle gesehnt hatten. Am Ende des Sommers stand der beste Saisonstart seit 44 Jahren.
Die ersten Unstimmigkeiten
Mitte Oktober sickerte durch, dass Schalke trotzdem einen Schnitt plant: Die Kontakte zu dem künftigen Manager Christian Heidel wurden publik. Fortan hatte Schalke wieder seine berühmten Nebenkriegsschauplätze. Der emotionale Last-Minute-Sieg gegen Hertha BSC wirkte wie ein Bekenntnis, dass sich Mannschaft und Fans davon nicht beeindrucken lassen.
Die sportliche Trendwende
Zwei Niederlagen binnen vier Tagen gegen Borussia Mönchengladbach, begleitet vom Foul von Johannes Geis, nahmen der Mannschaft Leichtigkeit und Euphorie. Breitenreiter zettelte eine Diskussion über die Qualität des Kaders und über „Bonusspiele” unter anderem auch gegen Borussia Dortmund an – das kam nicht gut an. Schalke schleppte sich auf der letzten Rille in die Winterpause.
Die Rückrunde
„Wir wollen mehr Punkte holen als in der Hinrunde”, sagte Breitenreiter, doch die unnötige Auftakt-Niederlage gegen Bremen war gleich ein Stimmungsdämpfer. Schalke hielt sich in der Liga über Wasser – mehr nicht. Trotzdem verkündete Horst Heldt am Tag, als die Verpflichtung von Heidel offiziell wurde, dass er sich gerne mit der Qualifikation für die Champions League (Platz drei) von Schalke verabschieden möchte. Breitenreiter versicherte, dass er damit kein Problem habe: „Platz drei ist doch auch mein Wunsch - ob es machbar ist, wird man sehen.”
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Der Tiefpunkt
Nach dem 0:3 gegen Donezk wirkt Schalke wie gefangen von den eigenen Problemen. Bei der Mannschaft steht der Trainer vor einem Rätsel, weil die sich nach seinem Empfinden selbst ausbremst. Auch gegen Donezk war die Anfangsphase vielversprechend, ehe die Spieler „einen Gang zurückschalten” würden: „Das entscheiden die Jungs für sich. Ob sie sich zu sicher sind in dem Glauben, dass sie das Spiel locker gewinnen werden – ich weiß es nicht.” Schon vor längerer Zeit hat Breitenreiter gesagt, dass ihn dieses Verhalten, dem er offenbar machtlos gegenüber steht, „wahnsinnig” machen würde.
Die Abkehr der Fans
Dass sich die Fans gegen Donezk abwendeten, kann Breitenreiter nachvollziehen – weil es aber in früheren Jahren schon häufiger passiert war, führt er das auf die „Erwartungshaltung” auf Schalke zurück: „Insgesamt träumt man hier ja immer von der Deutschen Meisterschaft und von der Champions League, die meiner Meinung nach nicht realistisch ist.“ Man könne nicht davon ausgehen, dass es klappen würde, doch wenn diese Ziele „permanent eingefordert” würden, habe dies Wirkung auf die Fans.
Offen blieb, ob Breitenreiter damit den Wunsch von Heldt meinte, sich mit der Champions League von Schalke zu verabschieden.
Schalke blamiert sich gegen Donezk