Mainz/Gelsenkirchen. Schalkes Manager-Kandidat Christian Heidel hat seine Situation beim FSV Mainz 05 geklärt. Wir erklären, warum er Mainz 05 verlassen will.

Der Mainzer Manager Christian Heidel hat offenbar entschieden, ob er am Saisonende als Vorstandsvorsitzender zum FC Schalke 04 wechseln will. "Meine Situation innerhalb des Klubs ist zu hundert Prozent geklärt. Jetzt muss man sehen, was aus dieser Situation heraus passiert", sagte Heidel vor seinem Weihnachtsurlaub dem "kicker".

Schalkes Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies hat Heidel offenbar einen Vierjahresvertrag angeboten - eine Zusage Heidels wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher. Tönnies kann Heidel aber nicht allein einstellen. Der Aufsichtsrat der Königsblauen muss mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. So sicher ist das nicht. Es gibt Personen auf Schalke, die ein Unbehagen bei dem Gedanken verspüren, sich von Heidel leiten zu lassen. Der stand in seinem bisherigen Leben zum Beispiel dem BVB deutlich näher als S04. Mit BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke verbindet Heidel eine Freundschaft. Zudem besteht der Aufsichtsrat nicht nur aus Tönnies-Freunden.

Heidel hat beim FSV Mainz 05 "alles geregelt"

Doch was hinterlässt Heidel beim FSV Mainz 05? Er hat stets betont, "seinen" Klub nur zu verlassen, "wenn hier alles geregelt ist." Genau das hat er in den vergangenen Monaten getan.

  • Das Aufgebot: Alle Leistungsträger sind über das Saisonende hinaus gebunden. Zuletzt verlängerte Niko Bungert am 18. Dezember bis 2019. Nur ein Stammspieler steht lediglich bis zum Saisonende unter Vertrag: Das ist ausgerechnet Christian Clemens, der nach dem Ablauf der Ausleihe nach Schalke zurückmuss - ein Problem, das Heidel mit sich selbst klären könnte...
  • Der Trainer: Martin Schmidt ist unumstritten, im Umfeld beliebt und steht bis 2018 unter Vertrag.
  • Die sportliche Situation: Mit 24 Punkten nach der Hinrunde stehen die Mainzer auf Platz acht. Der Klassenerhalt ist mehr als wahrscheinlich - sein Nachfolger könnte sich in Ruhe auf eine weitere Bundesliga-Saison vorbereiten und von Heidel einarbeiten lassen.
  • Marketing: Der Sportvermarkter "Infront Sports & Media" zahlt in den kommenden zehn Jahren insgesamt bis zu 260 Millionen Euro an Mainz 05. Der Festbetrag liegt offenbar bei 25 Millionen Euro pro Jahr. "Damit reduzieren wir unser zukünftiges Risiko bei Ausfall von Sponsoren", sagte Heidel.
  • Stadion: Die Mainzer müssen "nur" noch 22 Millionen Euro für die 2011 gebaute "Coface-Arena" abbezahlen. Die kostete ursprünglich 54 Millionen Euro. Der Vertrag mit dem Kreditversicherer "Coface" endet am Saisonende - ein neuer Namensgeber steht noch nicht fest. Das ist eine der letzten Heidel-Baustellen.
  • Finanzen: Rekordjahr! Im Geschäftsjahr 2015 wird Mainz die Umsatzmarke von 100 Millionen Euro erstmals knacken - allerdings beinhaltet diese Summe erhebliche Einnahmen durch Transfers - unter anderem verkaufte Heidel Johannes Geis an den FC Schalke 04. Künftig dürfte die Mainzer Umsatzgrenze bei 60 bis 70 Millionen Euro liegen.

Heidels Nachfolger kann mit einem erstklassigen Trainer und einer guten Mannschaft mit hohen Marketingeinnahmen in einem fast abbezahlten Stadion starten. Warum Heidel Mainz dann trotzdem verlassen will? Andeutungen machte er in einem Interview mit "SPONSORs".

  • Internationalisierung:  "Unsere Möglichkeiten", erklärte Heidel, "das muss man realistisch einschätzen, sind begrenzt. Wir können jetzt nicht einfach ein Büro in Tokio aufmachen und dann rennen uns die Japaner die Bude ein."
  • Medienpräsenz: Bei allen Erfolgen vermisste Heidel die öffentliche Wertschätzung. "Mainz 05 war in den vergangenen Jahren zweimal auf dem Titel der ,Sport Bild' und des ,Kicker'", sagte er.
  • Die Zukunft in der Bundesliga: Heidel fürchtet, dass mehr als das Tabellenmittelfeld der Bundesliga für Mainz auf lange Sicht nicht möglich ist:"Wir nehmen die Veränderung wahr, dass es für Klubs aus dem Mittelfeld der Bundesliga ohne die ganz große Tradition aus 50 Jahren immer schwieriger wird, an größere Sponsorenverträge zu kommen."

Der Traditionsklub Schalke mit knapp 140.000 Mitgliedern wäre für Heidel die große Herausforderung - zumal eine sehr gut dotierte:

  • Internationaler Fußball: Schalke garantiert eine regelmäßige Teilnahme am internationalen Geschäft. Mit Mainz 05 könnte sich Heidel nie für die Champions League qualifizieren.
  • Internationalisierung: Die Mainzer Möglichkeiten im Ausland sind begrenzt - Schalkes Möglichkeiten nicht. Zudem wäre Schalkes Marketing keine One-Man-Show - Marketingvorstand Alexander Jobst ist auf Schalke ein anerkannter Experte und sehr gut vernetzt.
  • Mediale Präsenz: Im SPONSORs-Interview sagte Heidel über die Titelseiten von ,Kicker' und ,Sport-Bild': "Wer ist sonst drauf? Zu 70 Prozent FC Bayern und Borussia Dortmund und dann kommen der FC Schalke 04 und der Hamburger SV. Das ist ja alles auch ganz logisch und nachvollziehbar. Wir müssen nur die richtigen Schlüsse daraus ziehen." Heidels Schluss ist offenbar: Er will auch einmal bei einem Big Player arbeiten.

In diesem Jahr wird die Entscheidung aber noch nicht verkündet. Heidel hat sich in den Winterurlaub verabschiedet. Schalkes Noch-Manager Horst Heldt geht gerade mit einem Budget von 15 Millionen Euro auf Einkaufstour. Und eine Aufsichtsratssitzung ist nicht terminiert.

Das Warten geht weiter.