Gelsenkirchen. . Die Schalke-Spieler lassen sich von der grandiosen Choreografie der Fans vor dem 3:1 gegen Hannover stimulieren. Jetzt müssen sie nachlegen.
Es ist noch keine Ewigkeit her, als die Profis des FC Schalke 04 mit gesenkten Köpfen der Fan-Ecke entgegenschlichen. Mit 0:2 hatten sie im Mai beim 1. FC Köln verloren. Keine Leidenschaft, kein Biss, kein Tempo: Alle Grundtugenden fehlten – der Tiefpunkt in der Amtszeit des Trainers Roberto Di Matteo. Ausgestreckte Arme und geballte Fäuste bekamen die Spieler zu sehen, als sie sich der mitgereisten Anhängerschaft näherten, und auf die Ohren gab es ein Trommelfeuer an Beschimpfungen und Beleidigungen. Große Kollision.
Benedikt Höwedes bündelte den blamablen Auftritt treffend: „Das war einer Schalker Mannschaft nicht würdig“, sagte der Kapitän.
Rund 30.000 Euro Kosten für die Choreo
Sieben Monate später hat sich der Wind komplett gedreht. Nichts ist mehr zu spüren von der scharfen Brise, die den Spielern damals ins Gesicht fegte. Das erste Saisonziel ist erreicht: Fans und Fußballer bilden wieder eine Einheit. Wie der Schulterschluss rund um das mit 3:1 gewonnene Heimspiel gegen Hannover 96 zelebriert wurde, das war schon beeindruckend.
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Ein halbes Jahr lang hatten die Schalker Ultras an einer Choreografie gebastelt, mit der sie neue Maßstäbe setzten: Sie zauberten eine Multi-Media-Show auf die Nordkurve der Arena, sie erzählten die Geschichte des Vereins mit Bewegtbildern auf einer Leinwand; Licht, Ton, Musik – alles stimmte.
Die Schalke-Spieler gingen in die Nordkurve hinein
Die Fans würdigen es, dass ihre Mannschaft in dieser Saison unter dem neuen Trainer André Breitenreiter trotz einiger erkennbarer Schwächen mit Herz und Hingabe spielt. Die Spieler wussten vorher von der gigantischen Aktion, die sechs Monate Arbeit und rund 30.000 Euro gekostet haben soll – Ultra-Ehre, dass sich der Verein nicht an den Kosten beteiligen durfte. „Wir haben die Ultras in dieser Woche gemeinsam besucht“, erzählte Manager Horst Heldt, und Mittelfeldspieler Johannes Geis berichtete, dass die gewünschte Wirkung nicht verfehlt wurde: „So etwas gibt es nirgendwo sonst in der Bundesliga, das hat uns gepusht. Deshalb wollten wir den Fans unbedingt auch etwas zurückgeben.“ Das Vorhaben gelang, mit 3:1 siegte die klar bessere und investitionsfreudigere Mannschaft. Was aber nach dem Abpfiff passierte, das gibt es wirklich nur auf Schalke.
Die Spieler gingen nicht nur zur Nordkurve, sondern in die Nordkurve hinein. Sie stiegen hoch zu den Fans, die mit ihnen so laut und leidenschaftlich feierten, als hätte Schalke gerade einen Titel gewonnen und nicht das erste Bundesligaspiel nach fünf Partien ohne Sieg.
Freude - nicht nur über die Rückkehr von Geis
Jeder, bei dem königsblaues Blut durch die Adern fließt, genoss den Anblick, genoss den Augenblick. Und anderen, denen eine solche Mega-Party aus diesem Anlass und zu diesem Zeitpunkt der Saison etwas unpassend vorgekommen sein mag, stellte sich Trainer André Breitenreiter entschlossen entgegen: „Der eine oder andere mag kritisieren, dass man sich nicht so feiern lassen darf. Ich sage: Das ist mir scheißegal! Diesen Fans gebührt das allergrößte Lob. Sie honorieren, dass die Jungs alles abrufen.“
Der Trainer durfte sich auch darüber freuen, dass mit Johannes Geis Stabilität und Standardgefahr zurückgekehrt war, dass Torjäger Klaas-Jan Huntelaar wieder getroffen hatte, und dass der eingewechselte Franco Di Santo endlich sein erstes Bundesligator für Schalke 04 bejubeln durfte. „Glücklicherweise hat er sich belohnt, er war einfach dran“, meinte Breitenreiter.
Er weiß: Wenn sein Team im vorderen Feld mitmischen will, muss es fokussiert bleiben. Am Sonntag geht es nach Augsburg, dann kommt Hoffenheim. Mit zwei weiteren Siegen könnte auch die Mannschaft neue Maßstäbe setzen...
Schalke feiert mit den Fans