Gelsenkirchen. . André Breitenreiter hat in der Vorbereitung ein erstes Ziel erreicht: Die Mannschaft ist wieder eine Einheit, auf Schalke herrscht „Aufbruchstimmung“.

Mauermännchen heißen diese Stahlfiguren mit den großen Köpfen, die beim Freistoßtraining auf Schalke die Mauer bilden. Und immer, wenn so ein Mauermännchen den Ball abwehrt, schwingt es vor und zurück. Bei den gewaltigen Vollspann-Freistößen von Johannes Geis sogar vor und zurück und gleich nochmal vor und zurück.

Die Schüsse von Junior Caicara muss hingegen keines der Männchen fürchten – beeindruckend, mit welcher Präzision, der Brasilianer bei der Einheit am Donnerstagvormittag zwei Freistöße hintereinander in den linken Torgiebel schlenzt. Torwart Michael Gspurning macht sich nicht mal lang, um den Ball abzuwehren, er ist chancenlos. Die Mitspieler jubeln Caicara zu, und der Rechtsverteidiger taucht gleich mal auf dem trockenen Rasen ab und rutscht, so weit er kommt.

Gekonnter Seitfallzieher von Schalkes Leon Goretzka

Über 100 Meter vom Geschehen entfernt, auf der anderen Seite des Haupttrainingsplatzes, schießt Linksverteidiger Sascha Riether zwar keine Freistöße über Mauermännchen, aber er schlägt Flanken. Abnehmer ist Leon Goretzka, der eine nach der anderen volley aufs Tor knallt – mal kontrolliert mit der Seite, mal mit dem Vollspann. Und einmal setzt er sogar zum Seitfallzieher an. Artistisch. Die Zuschauer jubeln ihm zu. Goretzka bedankt sich höflich und springt dann Max Meyer in die Arme.

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Zwei Tage vor dem ersten Pflichtspiel könnte die Stimmung auf Schalke wohl kaum besser sein. Die Wut der Fans, Parolen wie „Scheiß Millionäre“, „Versager“, oder „Außer Fährmann könnt ihr alle gehen“ – als hätte es das alles hier auf Schalke nie gegeben. Hat es aber: keine drei Monate sind seitdem vergangen.

Einer, der für diese Stimmung, für diese neue Euphorie verantwortlich ist, steht irgendwo zwischen Freistoßgenie Junior Caicara, dem grinsenden Leon Goretzka und den rund 800 zufriedenen Fans, die zum Training gekommen sind: André Breitenreiter.

Ein gute Stunde später sitzt Schalkes neuer Cheftrainer dann bei seiner ersten Pressekonferenz vor einem Pflichtspiel und spricht sogar selbst von „Aufbruchstimmung.“ Der 41 Jahre alte Fußballlehrer hatte bei seinem Amtsantritt Mitte Juni gesagt: „Das erste Ziel ist es, wieder eine Einheit zu werden und den Teamgedanken in den Vordergrund zu stellen.“ Ziel erreicht, kann man sagen.

Was Schalke-Trainer Breitenreiter beeindruckt

Breitenreiter weist außerdem darauf hin, dass diese „Aufbruchstimmung“, obwohl ja noch nicht passiert sei, nicht nur die Spieler, sondern den gesamten Stab erreicht habe. Also auch das Trainerteam, die Physiotherapeuten und sogar die Zeugwarte haben wieder richtig Lust auf ihren Job. „Jeder gibt sein Bestmögliches, die Mannschaft in die Spur zu bringen und positiv zu stimmen, damit wir erfolgreich spielen“, sagt Breitenreiter, das begeistere ihn ungemein.

„Ich bin es nicht gewohnt, dass hochqualifizierte Physiotherapeuten über den Platz sprinten, um verlorengegangene Bälle zu holen“, sagt er. Während seiner Zeit beim SC Paderborn sei es auch mal vorgekommen, dass der eine oder andere während des Trainings doch lieber auf der Ersatzbank saß und etwas in sein Handy getippt hat. Auf Schalke jagen sie lieber den Bällen hinterher.

Die Voraussetzungen stimmen also. Die Kunst ist es jetzt, diese „Aufbruchstimmung“ auf den Platz zu bringen. Am besten gleich am Samstag, der Gegner in der ersten Runde des DFB-Pokals ist der MSV Duisburg (15.30 Uhr, LIVE in unserem Ticker). Ein Aufsteiger in die 2. Bundesliga, nach zwei Spieltagen Tabellenletzter. Aber eben dennoch ein echter Gegner. Kein Mauermännchen.