Velden. Bevor Schalkes Ersatz-Torwart Michael Gspurning zur U23 der Königsblauen kam, stand der 34-jährige Österreicher mehrmals auf dem Abstellgleis.

Über Michael Gspurning kann man Dinge erzählen, die für Erstaunen sorgen. Zum Beispiel, dass Schalkes neuer Ersatztorwart bereits drei Länderspiele bestritten hat - das wusste in Gelsenkirchen bis vor einem halben Jahr nur, wer ausgewiesener Fan der österreichischen Nationalmannschaft ist. Oder, dass der baumlange Torwart bereits 34 Jahre alt ist - immerhin ist er aus der Schalker U23 in den Profikader aufgerückt. Aber auch dieser Schritt hängt mit seiner Vita zusammen, die mehr bietet, als die meisten Fußballer in ihrer ganzen Karriere erleben. So kann es kommen.

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Dass Michael Gspurning nun auf seine, pardon, alten Tage noch einmal bei einem Europapokalteilnehmer unter Vertrag steht und ausgerechnet hier in seiner österreichischen Heimat ein Trainingslager absolviert, hätte er sich vor ein paar Monaten wohl selbst nicht träumen lassen. Denn damals war er arbeitslos, nachdem er eine Odyssee durch die halbe Welt hinter sich hatte.

Gspurnings Odyssee: Über Seattle zurück nach Griechenland

Im Zeitraffer: Gspurning hatte bis 2013 bei den Seattle Sounders einen Vertrag in der US-amerikanischen Profiliga, den er nicht verlängerte, weil sein Gehalt aufgrund des dort herrschenden Salary Caps um 40 Prozent reduziert werden sollte. Er wartete auf neue Angebote und ging dann zurück nach Griechenland, wo er schon einmal gespielt hatte und PAOK Saloniki nun einen Ersatztorwart suchte - “ich wusste aber, dass ich da nicht spielen werde und nur Ersatz sein sollte.” Er zog dann weiter nach Kreta, weil sich dort der erste Torwart verletzt hatte, doch als der schneller als erwartet wieder fit war, wurde Gspurning auch hier wieder nicht gebraucht.

“Ein Jahr lang habe ich fast kein Spiel gemacht”, erzählt der Österreicher. Irgendwie saß er in der Sackgasse, bis sich im vergangenen Januar Schalke meldete: Die Königsblauen suchten einen erfahrenen Torwart für ihre U23, und für Gspurning war dieser Schritt zurück in die Regionalliga die persönliche Chance, der Karriere noch einmal einen Anschub zu geben. Die große Auswahl hatte er nicht mehr: “Sieben Jahre war ich bei meinen Vereinen die Nummer eins, und dann habe ich gemerkt, wie schnell man in Vergessenheit gerät.”

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Wer diese Ausgangsposition kennt, der kann verstehen, dass Michael Gspurning die Chance bei der Schalker U23 mit beiden Händen greifen wollte, obwohl der geliebte Profifußball doch so weit weg war. “Ich möchte diese Zeit nicht missen. Eine tolle Erfahrung”, sagt er über das halbe Jahr im Team von Trainer Jürgen Luginger, in dem er der große Rückhalt auf dem Weg zum Klassenerhalt war. Und doch hat er die U23 vor allem auch als Sprungbrett begriffen, um sich hier vielleicht doch noch einmal für einen Vertrag bei den Profis zu empfehlen: “Das war immer in meinem Kopf”, gibt er zu: “Ich bin froh, dass Schalke mir jetzt die Möglichkeit gegeben hat, wieder ins Profigeschäft zu kommen.” Hier, als Nummer zwei hinter Ralf Fährmann. Zumindest, bis Fabian Giefer wieder fit ist.

Gspuring stolz auf seine bewegte Fußballer-Vita

Was jetzt, nach dieser Geschichte, noch zusätzlich kommen könnte, ist in keinem Karriere-Plan mehr vorgesehen. Den Druck, vielleicht sogar noch einmal in der Bundesliga zu spielen, macht sich der 34-Jährige nicht: “Ich werde einfach das Jahr genießen, die anderen Torhüter unterstützen und dann schauen, was dabei herauskommt”, sagt Gspurning. Bei seiner Vita muss man mit allem rechnen, aber eines kann ihm keiner mehr nehmen: “Es ist nicht selbstverständlich, dass man sich mit 34 Jahren noch einmal zurückkämpft. Das habe ich geschafft, und da bin ich stolz drauf.”