Gelsenkirchen. Der Wirt der Schalker Traditionsgaststätte Görsmeier hat die Spareinlagen seiner Gäste einkassiert und seine Kneipe dicht gemacht. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.
„Ich bin fertig”, sagt der Gastwirt, „am Boden zerstört.” Im Gespräch mit der WAZ gibt der 51-Jährige zu, dass er die Spareinlagen seiner Kunden einkassierte. 36 000 Euro sind es, die der Wirt der Gaststätte Görsmeier offenbar dafür benutzt hat, um private und geschäftliche Schulden zu bezahlen. Es scheint die Verzweiflungstat eines Mannes zu sein, der sich nicht anders zu helfen wusste als durch den Griff in die fremde Kasse. Er ahnt die Konsequenzen: Durch sein Handeln, sagt der gebrochen wirkende Mann, habe er seinen „Namen, die Tradition des Hauses und sein Leben” zerstört. Freunde und Gäste bittet er vielmals um Entschuldigung.
Böses begannen die Kneipen-Besucher am Samstag zu ahnen. Da sollte am Abend das jährliche Sparfest stattfinden. Mit „großer Verlosung, Spiel, Musik”, wie ein blaues Plakat über dem Tresen ankündigte – und eben der Auszahlung des angesparten Geldes. Allein: Die Rolladen waren geschlossen, und die rund 80 Mitglieder des Sparclubs, die ein Jahr lang wöchentlich mindestens 5 Euro in einen Wandkasten steckten, standen an der Kurt-Schumacher-Straße vor geschlossener Tür. Da schalteten sie die Polizei ein.
Ihr Sprecher Konrad Kordts bestätigt, dass zwischenzeitlich eine Sammelklage wegen Unterschlagung eingegangen sei. Nun werde ermittelt.
Unterdessen bleibt das Restaurant – im Schild trägt es den Namen „Zum guten Tropfen” – dicht. Der Wirt hat nach eigenen Angaben Insolvenz angemeldet und sich bei der Polizei angezeigt. Der 51-jährige, seit 27 Jahren in Schalke am Zapfhahn, hofft nun, dass das Haus im Schatten der Berliner Brücke verkauft werden kann – und genug Geld übrig bleibt, um die Mitglieder des Sparclubs auszuzahlen.
Per SMS hat der Mann einige der Sparer, die mehrere hundert Euro eingezahlt hatten, um Verzeihung gebeten, „für alles, was ich euch angetan habe”, heißt es da. Ins Haus zurückgekehrt ist er nicht; er fürchtet ein Spießrutenlaufen.
Wer gestern Vormittag in die Gaststätte kam, in der noch die Krippe leuchtete und das Abendessen angepriesen wurde, das waren Mitglieder von Vereinen, die dort ihre Heimat hatten. Darunter ein Geselligkeitsverein, ein Gesangs-, ein Darts- und ein Frauenverein. Gedrückte Stimmung herrschte da rund um den Tresen, wo die Besucher damit beschäftigt waren, das Eigentum ihrer Vereine ins Auto zu verfrachten. Pokale etwa, Tafeln oder Spiele.
„Er war ein Kumpel, hatte immer ein offenes Ohr”, meint einer über den Wirt. Und fügt an: „Das hätte ich ihm nicht zugetraut.” Ein anderer sagt: „Ich bin enttäuscht, er hat uns ausgenutzt.” Eine Mitarbeiterin, über zehn Jahre angestellt, ist „menschlich enttäuscht” und den Tränen nahe. „Es tut so weh”, sagt sie.
Diskutieren Sie mit anderen Lesern im Forum: Wie beurteilen Sie den Fall Görsmeier?