Lissabon. Ganz abgesehen von den deutlich zusammen geschrumpften Erwartungen an den Einzug ins Achtelfinale der Champions League: Dieses 2:4 gegen Sporting Lissabon erschütterte den FC Schalke 04 bis ins Mark. Ein 0:1, damit hätte Königsblau am Mittwoch wohl leben können. Aber vier Gegentore?
Das schöne Bild der zuletzt so viel zitierten neuen Schalker Defensivqualität verlor erheblich an Farbe.
Wie ein Gemälde startete Schalke ins Spiel. Eine nahe der Mittellinie verteidigende Abwehrkette ließ Lissabon kaum Raum zur Entfaltung. Im Spielaufbau zog sich Dennis Aogo zwischen Benedikt Höwedes und Roman Neustädter auf eine Linie zurück. Eine Dreierformation, der sich Anspielstationen im Mittelfeld oder bei den weit aufgerückten Außenverteidigern Atsuto Uchida oder Christian Fuchs anboten. Das sah toll aus und das trug die Handschrift des neuen Trainers. Doch das von Roberto di Matteo wie am Reißbrett kreierte System hielt nicht einmal 20 Minuten.
Kurioserweise war es wohl ausgerechnet Schalkes Führungstreffer, der diesem Spiel ein abruptes Ende machte. Denn Schalkes neue Defensivordnung zerfiel zunehmend unter der Eigendynamik, die das Spiel nach dem 1:0 entwickelte. “Vielleicht war die Angst vor dem Verlieren größer, als der Wille zu gewinnen” mutmaßte Klaas-Jan Huntelaar nach Spielende. Schalkes Angreifer erklärte: “Sporting hat eine starke Mannschaft. Aber wenn der Gegner gut ist, hat das auch mit uns zu tun.” Trotz des Rückstandes stemmte sich alles im Lissaboner Dress mit Macht gegen eine erneute Niederlage. Sporting variierte das Tempo und setzte mit einer durchaus harten Gangart Nadelstiche. Spätestens nach dem Ausgleich in der 26. Minute herrschte da, wo vorher alles so ordentlich aufgereiht war, nur noch Chaos und Improvisation.
Keine Sicherheit
Nur mit viel Glück und dem Können von Keeper Ralf Fährmann rettete Schalke das Unentschieden bis in die Halbzeitpause. Lissabon hatte längst den Nachweis der besseren Tagesform erbracht, ließ aber gleich drei gute Torchancen durch Nani (37.), Joao Mario (38.) und Carlos Mane (44.) ungenutzt. Schalke fand nach dem Seitenwechsel nicht zur defensiven Sicherheit zurück. Den Gegentreffern in der 52. und 72. Minute durch Nani und Jefferson gingen ganze Fehlerketten voraus.
Das bemängelte auch Abwehrchef und Kapitän Benedikt Höwedes: “Wir hatten insgesamt zu viele Situationen, wo wir einfach nur zum Mann hintraben und nicht aggressiv in die Zweikämpfe gehen. So hat Sporting immer wieder ins Spiel gefunden.” Das vierte Gegentor durch Islam Slimani in der Nachspielzeit war dann nur die logische Folge von Schalkes Risikobereitschaft. Nach dem 2:3-Anschusstreffer durch Dennis Aogo (88.) hatten die Königsblauen alles auf eine Karte gesetzt. Und verloren. Die Schuld bei Einzelnen suchen wollte Roberto di Matteo nicht. Schalkes Trainer erklärte: “Für die defensive Organisation ist die ganze Mannschaft verantwortlich und nicht einzelne Spieler.”
Immerhin gelang dem FC Schalke 04 in der Offensive deutlich mehr als zuletzt. Vor allem durch Max Meyer, der den Freistoß zum 1:0 herausholte und darüber hinaus gleich zweimal in Szenen verwickelt war, in denen der Unparteiische Paolo Tagliavento aus Italien auf Strafstoß für Schalke hätte entscheiden können (36., 64.). “Wir hätten heute mehr als zwei Tore erzielen können und hatten insgesamt drei Situationen, in denen wir über Elfmeter diskutieren können”, erklärte dann auch Horst Heldt nach Spielende. Schalkes Manager sprach die 32. Minute an, in der Sportings Jefferson den Ball nach einem Eckball mit der Hand spielte. Chinedu Obasi (66.) und Klaas-Jan Huntelaar (7.) vergaben weitere Tormöglichkeiten.
Die vor dem Spiel noch so günstige Ausgangslage ist dahin. Nicht nur durch die 2:4-Niederlage, sondern auch durch das 1:1 zwischen NK Maribor und dem FC Chelsea. “Es ist alles enger zusammengerückt”, stellte auch Horst Heldt fest. Der Druck, nun im nächsten Spiel gegen Chelsea punkten zu müssen, ist gewachsen. Alle vier Mannschaften können noch das Achtelfinale erreichen. Schalke braucht Punkte. Nicht nur für den Einzug ins Achtelfinale der Champions League, sondern auch um nicht Gruppenletzter zu werden. Denn dann wäre selbst der Einstieg in die Europa League verspielt. Alles blickt nun Richtung 25. November und das kommende Heimspiel gegen den FC Chelasea. Di Matteo gibt sich vor dem Duell mit seinem ehemaligen Club kämpferisch: “Die Gruppe ist weiter offen. Es ist noch alles möglich für uns.”