Essen. Rot-Weiss Essen empfängt in der Regionalliga am Samstag um 14 Uhr Viktoria Köln. Die Kölner haben das Titelrennen bereits verloren. “Vor wenigen Wochen wäre die Partie gegen Essen ein Spitzenspiel gewesen und nicht eine Kampf um Rang drei oder fünf“, sagt der Kölner Trainer Ralf Aussem.
Viktoria ist die römische Siegesgöttin, doch dem Fußball-Regionalligisten Viktoria Köln hilft das auch nicht weiter. Der ganz große Erfolg ist in dieser Saison ausgeblieben, das Image mies. Gut möglich, dass man es auch an diesem Samstag in Essen auf den Rängen hört und spürt, wenn die ungeliebten Kölner bei den Rot-Weißen auflaufen (14 Uhr, Hafenstraße, live in unserem Ticker).
Wer in dieser 4.Liga über den neureichen Aufsteiger spricht, meint es oft nicht gut ihm. Und es ist eine Menge Häme dazu gekommen, weil der nominell so außerordentlich besetzte Top-Favorit sang- und klanglos gescheitert ist. Der Schaden macht die Konkurrenz froh. Auf Tabellenplatz fünf dümpeln die Kölner, satte 14 Punkte hinter Lotte, die auf Rang eins thronen. Dabei hatte die Saison für Köln mit acht Siegen in Folge optimal begonnen.
Während die Rot-Weißen inzwischen auf die Entwicklung junger Fußballer setzen und geduldig Schritt für Schritt nach oben kommen wollen, versuchen es die Gäste mit prominenten Oldies und Geld. Seit zwei Jahren investiert der Millionär Franz-Josef Wernze (64) in die Mannschaft. „Wir wollen eine Institution im Rechtsrheinischen werden, im Spannungsfeld zwischen Bayer Leverkusen und dem 1.FC Köln“, wird Wernze in der RP zitiert. „Was uns treibt“, so der Gründer eines Steuerberater-Imperiums, „ist der Gedanke, dass eine solche Millionenstadt Platz hat für einen zweiten Profiklub.“ Er hat offenbar nicht bedacht, das es auch noch die Fortuna gibt, die momentan auf Rang zwei (drei Punkte hinter Lotte) sogar die besseren Karten hat.
Zahlreiche ehemalige Bundesliga-Spieler hat Viktorias „Big Boss“ für den Höhenflug verpflichtet. Gebracht hat es gute Prognosen bei den Experten, die sich auch blenden ließen. Albert Streit und Savio Nsereko, 2009 noch elf Millionen Euro wert, kamen in der Winterpause. Giovanni Federico, Alexander Voigt und Mariusz Kukielka waren Erstliga-Profis, die ihren Zenit aber längst überschritten haben. Und das ist offenbar ein Problem. Vielleicht wollen diese Profis ja sogar noch, aber mental und physisch sind sie wohl nur sporadisch zu Leistungen fähig, mit denen sie sich einen Namen gemacht haben.
Misserfolg könnte auch auf Trainer Aussem zurückfallen
Keine leichte, eher eine undankbare Aufgabe für Trainer Ralf Aussem (52). Er hat seinen Job Ende Januar in Köln angetreten. „Viktoria ist ein dynamischer Verein mit Perspektive Profi-Fußball, sicherlich eine der aktuell spannendsten Adressen“, sagte er damals. „Schade“, sagt er heute, „vor wenigen Wochen wäre die Partie gegen Essen ein Spitzenspiel gewesen und nicht eine Kampf um Rang drei oder fünf.“
Der Misserfolg könnte auch auf ihn zurückfallen. Bei Alemannia Aachen war Aussem zuvor vorzeitig entlassen worden, nun ist die Viktoria im Titelkampf gescheitert. Das ist gar nicht gut für das Image. „Wir haben zuletzt nicht so gut gespielt, aber ich glaube, dass ich gute Arbeit mache und gemacht habe“, sagt Aussem dennoch selbstbewusst und äußerlich ungerührt. Ergebnisse allein seien halt nicht ausschlaggebend für die Qualität eines Trainers. Die Fans - und mancher Vereinsboss - sehen das natürlich ganz anders.