Essen. Stürmer Sascha Mölders vom FC Augsburg ist im Profifußball ein Spätzünder. Er wurde nicht in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet, sondern kickte in Essen überwiegend auf Asche. Dieser Zeit trauert er sogar hinterher, verriet er im Interview mit RevierSport.

Im Alter von dreieinhalb Jahren fing Sascha Mölders beim Vogelheimer SV mit dem Kicken an. Doch in Sachen Profifußball entpuppte sich der Frühstarter als Spätzünder. Seine nächsten Stationen hießen Atletico Essen, SG Essen-Schönebeck, Schwarz-Weiß Essen und Wacker Bergeborbeck und hatten mit dem großen Sport herzlich wenig zu tun.

Erst mit 21 Jahren schloss sich der Angreifer der Reserve des MSV Duisburg an. Somit ist er einer der ganz wenigen Profis, die nicht in einem Nachwuchsleistungszentrum ausgebildet worden sind. Doch Mölders glaubt nicht an das vermeintliche Ausbildungs-Defizit, genau genommen trauert er sogar der Zeit auf Asche hinterher. Und auch sonst entpuppt sich der vierfache Familienvater eher als ungewöhnlicher Profi. Ein Gespräch über ein Beinahe-Karriereende, das Glück in der Ferne und eine große Liebe in der vierten Liga.

Sascha Mölders, fühlen Sie sich als Exot?

Sascha Mölders: Jeder soll sein eigenes Ding machen, aber ich bin froh, in kleinen Klubs gespielt zu haben. Ich hatte einfach Spaß am Fußball und deswegen habe ich es auch geschafft. Zum Glück haben meine Eltern mich nie zu etwas gedrängt. Denn ich kenne viele, die ihre ganze Jugend bei Dortmund oder Schalke verbracht haben und am Ende gar keine Lust mehr auf den Sport hatten.

Haben Sie die Jahre auf Asche geprägt?

Mölders: Ja, absolut. Viele Fußballer kennen das gar nicht mehr. Wenn man auf so einem Boden groß wird, kann man mehr ab als andere. Es macht mich krank, dass auf meinem ersten Platz mittlerweile Kunstrasen liegt. Jedenfalls bin ich froh, dass ich auf Asche spielen konnte.

Warum haben Sie so lange bei kleinen Vereinen gespielt?

Mölders: Ich wollte immer mit meinen Kollegen zusammenspielen, daher kam für mich ein Wechsel zu einem großen Klub nie infrage. Ich habe immer gesagt: "Wenn ich Profi werden sollte, dann muss es so klappen oder gar nicht."

Haben Sie Ihren Spaß am Spiel jemals verloren?

Mölders: Bei Schwarz-Weiß Essen haben wir in der B-Jugend vier Mal pro Woche trainiert. Das war für mich der Punkt, an dem ich mich gefragt habe: "Ist das wirklich das, was du willst?" Schließlich war das ein großer Aufwand, auch, weil ich am anderen Ende der Stadt gewohnt habe. Irgendwann habe ich meine Konsequenzen daraus gezogen.

Was haben Sie getan?

Mölders: Nach dem ersten Jahr in der A-Jugend hatte ich keine Lust mehr auf Fußball. Daraufhin habe ich mich Wacker Bergeborbeck angeschlossen. Dort durfte ich schon bei den Senioren in der Bezirksliga mitspielen und habe ein paar Tore gemacht. Nach einer Saison bin ich zum ETB zurückgekehrt und habe in der Oberliga gespielt. Das war für mich schon eine hohe Spielklasse, deshalb habe ich es noch einmal versucht. Ein Jahr später hätte es weiter nach oben gehen können. Die Amateure von Borussia Dortmund wollten mich verpflichten, aber mein Vater sagte, dass ich erst meine Lehre als Anlagenmechaniker zu Ende machen sollte. Heute bin ich froh darüber. Denn nach einer weiteren Saison bei Schwarz-Weiß Essen bin ich zum MSV Duisburg gewechselt.

War das der Punkt, an dem Sie erstmals an eine Profikarriere geglaubt haben?

Mölders: Ich kam mehr oder weniger aus dem Nichts. Nach zwei Monaten hatte ich schon zehn Tore in der Reserve geschossen und durfte mit der ersten Mannschaft trainieren. Das war für mich eine riesige Erfahrung. Je länger ich trainiert habe, desto besser konnte ich mithalten. Und nach dem Aufstieg bin ich Profi geworden und habe elf Mal Bundesliga gespielt – ein super Erlebnis, der Traum eines jeden Kindes.

Warum sind Sie direkt danach zu Rot-Weiss Essen in die Regionalliga gewechselt?

Mölders: Ich hatte ein paar richtig gute Zweitliga-Angebote, aber RWE war mein Verein. Als ich fünf Jahre alt war, hat meine Tante mich zum ersten Mal an die Hafenstraße geschleppt. Danach war ich bei jedem Spiel, meine ganze Familie besteht aus RWE-Fans. Als Kind habe ich davon geträumt, für den Verein zu spielen. Und dann wirklich dort aufzulaufen, war eine sehr emotionale Sache für mich.

Wie hat es Ihnen gefallen, erstmals der Star und Publikumsliebling einer Mannschaft zu sein?

Mölders: Sportlich lief es nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Mir wurde teilweise nach Niederlagen gesagt, dass ich gut gespielt hätte. Aber so bin ich nicht. Wenn wir nicht gewinnen, kann ich nicht als Einziger gut gewesen sein. Dennoch wusste ich in Essen endlich wieder, wo das Tor steht. Und ich habe mich als Typ weiterentwickelt.

Inwiefern?

Mölders: Ich bin über die Jahre gereift und ruhiger geworden. Und mittlerweile gibt es keinen Zweikampf, dem ich aus dem Weg gehe. Wenn ich grätschen kann, dann tue ich das. Und ich renne bis zum Umfallen. Das sind Tugenden, die ich mir erst aneignen musste.

Warum erfolgte nach anderthalb Jahren der Wechsel zum FSV Frankfurt?

Mölders: In Essen ging alles drunter und drüber. Zunächst wurde der Sportliche Leiter Thomas Strunz entlassen und im Winter wurde mir gesagt, dass ich gehen muss, weil es finanziell schwer werden würde. Das tat mir weh, weil wir uns ein halbes Jahr vorher ein Haus in Voerde gekauft hatten. Ich wollte nicht gehen, aber es ging nicht anders.

War der Wechsel nach Frankfurt ein Karrierebeschleuniger für Sie?

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Mölders: Ich bin aus der vierten in die zweite Liga gekommen. Und dadurch hatte ich die Chance, noch einmal für die Bundesliga interessant zu werden. Als dann tatsächlich das Angebot aus Augsburg kam, habe ich nicht lange gezögert.

Ist der FCA die richtige Station, um in der Bundesliga Fuß zu fassen?

Mölders: Auf jeden Fall. Mir macht es riesig Spaß hier. Den Wechsel habe ich noch keine Sekunde bereut. Ich will es dem Trainer immer so schwer wie möglich machen, mich nicht aufzustellen. Das klappt bislang auch ganz gut.

Sascha Mölders über die Liebe zu RWE 

Werden Sie auch in der kommenden Saison mit Augsburg in der Bundesliga spielen?

Mölders: Natürlich. Wenn ich unsere Mannschaft mit anderen vergleiche, sehe ich uns auf gar keinen Fall schlechter. Wir können definitiv drei Teams hinter uns lassen.

Mit jedem sportlichen Aufstieg haben Sie sich weiter von Ihrer Heimat entfernt. Fällt Ihnen das schwer?

Mölders: Meine Familie geht überall mit mir hin, das ist großartig. Aber nach der Karriere werden wir wieder im Revier wohnen.

Wie ist Ihre Beziehung zu RWE heute?

Mölders: Es ist unfassbar, wie ich begrüßt werde, wenn ich mir die Spiele anschaue. Ich kenne fast alle, die ins Stadion gehen. Für das Match bei der Gladbacher Reserve bin ich extra aus Augsburg angereist. Eigentlich hat sich nur geändert, dass ich mittlerweile nur noch einen Sitzplatz habe. Meine kleinen Kinder sind dabei, die müssen auf den Schoß.

Ist irgendwann auch eine Rückkehr zu RWE denkbar?

Mölders: Ich hoffe es. Denn ich möchte ganz sicher noch einmal in dem neuen Stadion spielen. Und grundsätzlich wird im Ruhrgebiet ein ganz anderer Fußball gespielt. Es ist körperbetonter, das mag ich.